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Re: [ox] P/P und T. Veblen



Jac schrieb heute:
[StefanS:]
Oder besser: dass ein Modell, in dem Preds und Prods als Klassen
erscheinen, die Realit"at unzureichend beschreibt, d.h. dass zur Zuteilung
in Klassen die falschen Observablen herangezogen werden.

Richtig. Der soziologische Klassiker Veblen, auf welchen sich die P/P Theory
beruft, verfaßte seine Texte um 1914(!) und starb 1923 (!), als man noch
zwischen absentee owners (Bourgeoisie oder Preds) und Proletariat (Prods)
klar unterscheiden konnte, der New Deal und die Einbeziehung des Proletariats
in die Konsumentenschichten noch kein Massenphänomen aller industriali-
sierten Länder war.  In Europa wurden die Arbeiter erst in den fünfziger Jah-
ren zu umworbenen Konsumenten und bald darauf ab den Siebzigern selbst
im steigenden Umfang zu absentee owners.

Die von Veblen identifizierten Wertesysteme sind weiterhin gültig, auch
wenn die Preds seither versuchten, Pred-Verhalten zu "popularisieren"
und Prods in Abhängigkeiten vom verkehrten Pred-Finanzsystem zu bringen.
Aber ein Prod bleibt ein Prod, auch wenn seine Altersversorgung (für
die er _gearbeitet_ hat, im Gegensatz zu Preds!) aus irgendwelchen
Pred-Fonds gespiesen wird.  Wie "sehr" Prods dann am Schluss davon
"profitieren", hat man ja beim Enron-Crash gesehen.

Du willst eben immer noch nicht verstehen, was Prods ausmacht -- dass
sie selber etwas produktiv auf die Beine stellen können.  Dieser Wert
geht nicht verloren, indem man _auch_ Konsument oder Kleinaktionär ist.
Wer aber NUR konsumiert und spekuliert -- wie die Millionenbauern --,
der ist ein echter Pred.


Heute kreist die Konkurrenz der Firmen um die Frage, wie man dem Druck
der Rationalisierung widerstehen und massiven Arbeitsplatzabbau vermei-
den kann, da selbst den Industrieverbänden klar ist, daß dies zu massiven
Kaufkraftverlusten führt. Wenn der Gründer von Apple auf die Frage, wie
viele Leute er wirklich für seinen Betrieb bei voll durchgesetzter Rationali-
sierung bräuchte, die Zahl 5 nennt, gleichzeitig jedoch ca. 10 000 Men-
schen weltweit für Apple arbeiten, bekommt man einen Eindruck, wie
schwerwiegend das Problem ist.

Die Zahl 5 ist ein schlechter Witz eines grössenwahnsinnigen Pred, wie es
Steven Jobs nunmal ist.  Apple wurde vom Prod Steve Wozniac aufgebaut und
Jobs machte die Vermarktung (Pred).  Seitdem Jobs den Laden alleine führt,
wird da nurnoch seichte Unterhaltungselektronik und geldgieriger Schrott
produziert.  Aber selbst damit ist die Zahl 5 völlig unrealistisch.

Aber solche verbohrten Preds wie du glauben die Zahl 5 natürlich genau,
zumal sie in ihr weltfremdes Dogma vom vollautomatisierten Milch&Honig-
Schlaraffenland passt.  Auch dies ist letztlich eine Pred-Projektion:
Die Welt käme auch ohne Prods aus! (AndreasFH's berühmte Pferdenummer.)
Dabei käme sie genau nicht ohne Prods aus, sondern ohne Preds.
Aber als Pred möchte man das natürlich weder zugeben noch wahrhaben.


Hier ist es der Staat, der Arbeitsplätze
schafft, indem er in einigen Ländern schon über 50% aller Beschäftigten
überhaupt in seinen Verwaltungen einsetzt.

Welche Länder sind das denn?

---

Stefan Seefeld schrieb heute:
Die Klassenlose Gesellschaft
(im "okonomischen Sinne) wird man nicht erreichen indem man Arbeiter zu
(potentiellen) Aktienbesitzern macht. Die antagonistische Kluft wird erst
"uberwunden, wenn sich Arbeiter der Produktionsmittel erm"achtigen,
also etwa, wenn software-Entwickler freien Zugang zu software als Werkzeug
erhalten.

Es ist interessant, wie sich in diesem Sinne die "Okonomie wandelt, d.h.
wie immer neue 'business-models' erscheinen, um dem Druck der befreiten
software auszuweichen, und dennoch 'Privatbesitz an Produktionsmitteln'
als Struktur bewahrt. Wie z.B. Firmen wie IBM oder RedHat in der Lage
sind, Freie Software zu produzieren, ohne den kapitalistischen Prinzipien
abzusagen. Dies gelingt, weil das neue Produktionsmittel weniger software
als Logistik ist, z.B. Zugang zu Kunden, und damit service-Vertr"age.

Fragt sich nur, wie gross in solchen Umgebungen noch die vielgerühmte
Freiheit zur Selbstentfaltung für die FS-Entwickler ist.  Da wird die
Richtung und der Takt doch von den kommerziellen Firmen vorgegeben.


Es ist m.E. wichtig mit offenen Augen diese Prozesse zu verfolgen,
d.h. weder naiv zu denken wir st"unden direkt vor der L"osung all unserer
Probleme, noch solche Unternehmungen zu stigmatisieren (wie das hier
z.B. mit Wikipedia versucht wurde).

Mir ging es gerade um die "offenen Augen", aber damit stiess ich ja hier
auf geschlossene Ohren.

Gruss,
Christoph




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