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[chox] Kein Frieden Mit Deutschland!



Leipzig: Kein Frieden mit Deutschland! Den antiamerikanischen Konsens
angreifen.

Es scheint, als begleite der Krieg die Menschheit seit Anbeginn der Zeit.
Die Geschichte der Menschheit ist auch eine Geschichte kriegerischer
Auseinandersetzungen. Wenn der Krieg strukturell auch immer ein menschenvernichtender
und -verachtender Zustand geblieben ist, so muss er jedoch heute im Rahmen der
neuen Weltordnungspolitik als ein in seiner Dimension veränderter
wahrgenommen werden. Dennoch ist Krieg auch heute noch ein Prozess des Schreckens, auch
in diesen Zeiten, in denen immer wieder gern behautet und geglaubt wird, die
High-Tech Kriegsführung würde zur Minimierung der Opfer eingesetzt. Krieg
bedeutet die massenhafte Tötung von Menschen, die Verletzung, Verkrüppelung und
Traumatisierung von Hunderttausenden und das Ausradieren der
wirtschaftlichen Lebensbedingungen der Menschen noch auf Jahre nach dem Krieg. 
Noch ist unklar, ob er kommen wird oder nicht. Wahrscheinlich ist es. Im
Angesicht eines angekündigten Krieges hat sich auf den Straßen und Plätzen
Deutschlands eine Friedensbewegung zusammengefunden, die kürzlich in Berlin und
anderen Städten hunderttausende engagierte AktivistInnen gegen Amerika und
„seinen“ Krieg, oder für das „irakische Volk“, oder gegen
Israel oder traditionell gegen Blut für Öl oder gegen gleich gegen das alles
versammeln konnte. Auch in Leipzig demonstrieren jeden Montag Tausende für
„Frieden“. Die allermeisten unter ihnen gegen den
„Cowboy“ Bush, viele für den gezähmteren Friedensbeschwörer Schröder und für das
friedenserhaltende Deutschland. 
In Tagen, in denen die Heerscharen der FriedensverteidigerInnen zumindest
scheinbar selbst die Bundesregierung besetzt halten und größtenteils mit einer
antiamerikanischen Friedensbewegung übereinstimmen, bestärken einige
sichtlich verunsicherte Antideutsche, mit Verweis auf die real-blutigen Zustände
unter dem Baath-Regime im Irak, die Vereinigten Staaten in ihren militärischen
Bestrebungen in der Region. In dieser Situation erweist sich für uns eine
gesellschaftskritische, nicht antiamerikanische und antimilitaristische Position
als bitter nötig. Wir weisen die Forderung nach einer dichotomen Entscheidung
für einen menschenverachtenden Krieg oder für menschenverachtende
Friedenszustände zurück und fordern eine Perspektive, welche über die Verhältnisse von
Krieg und gewaltsamen Frieden hinausweisen kann. 


Der deutsche Weg 

Während sich Deutschland, damals ohne den Widerstand einer Friedensbewegung,
vor wenigen Jahren in Jugoslawien und in Afghanistan noch an den dortigen
Kriegen beteiligte und ersteren mitinitiierte, findet sich heute unter den
FriedensbefürworterInnen auch die deutsche Bundesregierung. Muss der Wille zum
Frieden im Irak durchaus ernstgenommen werden, so ist der Schröder’sche
deutsche Weg aber nicht als ein gewaltloser und 
humanistischer Pfad in Richtung Emanzipation zu verkennen, sondern stellt
sich als nationales Projekt der Durchsetzung eines bei Bedarf auch blutigen
Weges deutscher Interessen 
dar. So war es im Balkankrieg noch von Interesse für Deutschland und die EU,
den föderalistischen Staat Jugoslawien in Kleinstaaten zu zerschlagen, die
der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion positiv gegenüber stehen.
Diese sezessionistische Politik bleibt abrufbar, wenn es deutschen Interessen
gereicht. Auf dem Balkan wurde die eigene Schuld an Auschwitz in relativierender
Weise in Verantwortlichkeit für die Verhinderung halluzinierter
„Serbenhitler“ gewendet. Gleichzeitig konnte die in vielerlei Hinsicht aus
der Wehrmacht hervorgegangene Bundeswehr ungeachtet der deutschen Geschichte
als einsatzfähige Angriffsarmee etabliert und damit die uneingeschränkte
Souveränität der Bundesrepublik wiederhergestellt werden. Mit der vorbehaltlosen
Teilnahme am Anti-Terror-Bündnis Amerikas konnte sich Deutschland als
verlässlicher Partner und auch weltpolitisch relevante Nation beweisen. Der rot-grüne,
aber vor allem deutsche Weg führt ganz nach dem neuen Selbstverständnis
Deutschlands von vor allem ökonomischer zu auch politischer Großmacht auf
Weltniveau. Dieses neue politische Potential macht es wie im Falle der
Irakintervention möglich, sich als Vertreter einer scheinbar anderen
Konfliktlösungsstrategie – des zivilen Krisenmanagements – zu präsentieren. 
Diese Strategie zeugt keineswegs von einer neuen deutschen Friedlichkeit,
sondern ist als die adäquate politische Reaktion auf die mangelhaften
militärischen Möglichkeiten Deutsch-Europas zu verstehen. In Verbindung mit Gremien
wie den Vereinten Nationen und der von deutscher Seite angestrebten
europäischen Einigung wird es möglich, die Vereinigten Staaten unter Druck zu setzen und
Europa als politische Gegenmacht in Stellung zu bringen. Die gegenwärtigen
Diskussionen um eine interventionsfähige bundesdeutsche Armee, die laut
Verteidigungsminister Struck Deutschland auch am Hindukusch zu verteidigen habem,
zeigen deutlich, dass es keine prinzipiellen Widerstände gegen Krieg gibt. Bei
geänderter Interessenlage wird deutsche Politik auch wieder Krieg führen
– ohne Zweifel auch zusammen mit Amerika. 
In der gegenwärtigen Konstellation allerdings treten die antiamerikanischen
Ressentiments von Teilen der Regierungsgeneration, welche die Administration
der Vereinigten Staaten schon immer als einen Haufen unbedachter Cowboys vor
Augen hatten, überdeutlich zu Tage: Die damalige Justizministerin verglich
den amerikanischen Präsidenten mit Hitler, Kanzler Schröder sinnierte über
Amerikas „beabsichtigtes Abenteuer im Irak“ und Scharping fabuliert
von der „übermächtigen jüdischen Lobby in Amerika“, während
deutsche Firmen weiterhin unbetrübt strategische Materialen in den Irak liefern,
welche nach vollendeter Fertigung als Waffen gegen Israel benutzt werden
können. 
Die kriegerische Interessen- und Sicherheitspolitik Amerikas soll hier
keineswegs verteidigt, jedoch muss die Falschheit des vehement vertretenen
moralischen Vorsprunges der deutschen Außenpolitik klargestellt werden. 
Im Gegensatz zum Balkan und Afghanistan stehen einer deutschen Beteiligung
im Irak heute gewichtige ökonomische und politische Gründe entgegen. Die guten
wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und dem arabischen Raum sollen
nicht gefährdet werden. Zudem besteht ein perspektivisches Interesse der
europäischen Union an einer stärkeren Anbindung des Mittelmeerraumes, um die
Etablierung einer zumindest ökonomischen Gegenmacht zur USA voranzutreiben.
Deutschland – heute bereits wichtiger Handelspartner des Irak – würde
ein Fall des Embargos wesentlich mehr nützen, als ein Irak unter
amerikanischem Einfluss. Ein Großteil des arabischen Raumes „fühlt sich Deutschland
verbunden“ (irakischer Außenminister) – nicht nur wegen der
langen Tradition wirtschaftlicher Kontakte oder der geographischen Nähe Europas,
sondern auch wegen ideologischer Übereinstimmungen, wie dem antisemitischen
Weltbild und dem beiderseitigen Unverstehen der amerikanischen,
kosmopolitischen Kultur als Bedrohung. Ein gemeinsames Feindbild verbindet. 
Die platte Argumentation „den Amerikanern ginge es nur ums Öl“
ist so fraglich wie naiv. Den Deutschen geht es eben auch um Öl, denn das
Verlangen nach einem niedrigen Weltmarktpreis für eben dieses beginnt schließlich
bekanntlich an der Tankstelle. Da die Bundesrepublik einen Großteil ihres
Ölbedarfes im Handel mit Russland deckt, ist das ökonomische Interesse am
direkten Zugriff auf die irakischen Ölquellen jedoch eher bescheiden. 
Dem Antiamerikanismus und der deutschen - von der amerikanischen
verschiedenen - Interessenpolitik stehen oft widersprüchliche Interessen der
Exportnation Deutschland an guten Beziehungen zu den Vereinigten Staaten entgegen, die
einen Großteil des deutschen Exportvolumens realisieren. 
Es ist die Gesamtheit dieser Gründe von Ökonomie bis Großmachtsambitionen
und nicht etwa ein besonders ausgeprägter Humanismus und ein echtes Interesse
an den Menschen in der jeweiligen „Krisenregion“, die Deutschland
zur scheinbar friedliebenden Nation werden lässt. 
Friedensbewegung 
Angesichts der barbarischen Verhältnisse in Kriegszeiten warenproduzierender
Gesellschaften wird verständlich, wieso sich bürgerliche Subjekte aller
Couleur den Frieden innerhalb bestehender Vergesellschaftung herbeiwünschen und
hoffen, dieser Friede möge ein „ewiger“ sein. Würde die Masse der
deutschen Friedensbewegten ökonomisch-gesellschaftliche Mechanismen, wie den
Zwang kapitalistischer Ordnungen zur Expansion und Intensivierung,
mitreflektieren und erkennen, dass Krieg im Kapitalismus nicht abzuschaffen ist und
Frieden heute kein gewaltloser und im Besonderen im Irak ein sehr blutiger
Zustand ist, könnte diese Forderung nach Frieden schnell im Halse stecken bleiben.
Würde Frieden als wirklich gewaltloser Zustand gedacht und gefordert, könnte
das Verlangen nach ihm perspektivisch sogar auf eine positive Emanzipation
von der kapitalistischen Gesellschaft hinweisen. 
Dem ist leider nicht so. 
Die Friedensverteidiger von ATTAC über Linksruck bis PDS ergehen sich in
antiamerikanischen und teilweise offen antisemitischen Projektionen, welche
Krieg nicht als den kapitalistischen Zuständen immanente Macht- und
Interessenpolitik verstehen, sondern diese personifizieren und dann mit wahlweise G. W.
Bush, „den Amerikanern“ oder gar mit Israel identifizieren und
entsprechend für schuldig an den Verhältnissen erklären. Statt das heutige, sich
global durchgesetzte kapitalistische System als ein apersonales – also
von keiner Personengruppe gelenkt – zu begreifen, müssen Sündenböcke
herhalten. Der kapitalistischen Ökonomien immanente Zwang, die Verwertung
beständig zu intensivieren, ist heute mit einem nicht erst seit dem 11.September
2001 begründeten Sicherheitsinteresse der Amerikaner verknüpft. Beides
forciert die kriegerische Durchsetzung der eigenen Interessen auf amerikanischer,
wie auf deutsch-europäischer Seite. Paradoxerweise richtet sich diese, auch als
Sicherheitsimperialismus deutbare Politik, gegen Störfaktoren der
Vergesellschaftung wie materiell und ideologisch verelendende Subjekte, welche von den
herrschenden Zuständen selbst hervorgebracht werden. Nicht umsonst sind
emanzipationsfeindliche Islamisten in den vom Kapitalverhältnis zunehmend
ausgeschlossenen Gebieten auf dem Vormarsch. 
Obwohl Akteure in unterschiedlicher Ausprägung und Verantwortlichkeit
existieren, ist nicht allein die rechtskonservative Administration Amerikas, die
NATO oder die EU für die Reproduktion von Krieg und Kapitalismus
verantwortlich, sondern auch jeder einzelne, die kriegsbedingenden Verhältnisse nicht
infragestellender Mensch. Kapitalismus ohne Krieg ist unmöglich. 
Es an der Zeit, die eigenen anachronistischen Imperialismustheorien und
Welterklärungsmodelle zu entsorgen und sich nicht mehr nur gegenseitig
antiamerikanischer und antizionistischer Ressentiments zu versichern. 
Durch die verbreitete antiimperialistische Kritik an der hegemonialen
Position der als „Weltpolizist“ verabscheuten USA scheinen teilweise
überdeutlich die eigenen Großmachtträume hindurch. Dabei wird nicht die
Gesamtheit der globalen Weltordnung kritisiert, sondern nur die Führungsposition der
Vereinigten Staaten geneidet. Häufig wird unreflektiert, offen antisemitisch
und geschichtsrevisionistisch die halluzinierte „Bevormundung“
durch die Amerikaner beklagt. 
Der in Deutschland vor allem als Substitution für reale Macht gebrauchte
moralisierende Verweis auf das Völkerrecht sollte von einer radikalen Linken als
das entlarvt werden, was er eigentlich darstellt – eine positive
Bezugnahme auf Nationalismus und strukturell in volksförmigen Kollektiven
verankerten Rassismus. Nicht einmal der instrumentelle Umgang mit dem Völkerrecht,
welches in Jugoslawien noch scheißegal war, wird kritisiert. Spätestens nach
Auschwitz sollte sich eigentlich jegliche positive Bestimmung von Kategorien
wie „Volk“ erübrigen. Derartig verkürzter Kritik ist nicht nur der
Unwille zur Beendigung des Kapitalverhältnisses vorzuwerfen, sondern auch
eine gehörige Immunität gegenüber der eigenen blutigen Geschichte. Die real
mörderischen Zustände im Irak sind den Friedensbewegten kaum bekannt und
angesichts der dortigen Verhältnisse wird die Begriffslosigkeit der Friedensbewegung,
die allen Ernstes eine Erhaltung des momentanen „Friedens“
fordern, mehr als deutlich. Aus diesem Grund kann auch die Anwendbarkeit von real
existierenden gewichtigen Gründen für einen Krieg, etwa zum Umsturz einer
faschistischen Barbarei (z.B. des Dritten Reichs im Zweiten Weltkrieg) oder zur
Verhinderung von eliminatorischem Antisemitismus von dieser blinden
Friedensposition nicht diskutiert, sondern nur ignoriert werden. Krieg ist schlimm,
aber es gibt Schlimmeres. 
Eine Friedensbewegung dieser Konstitution kann kein Bündnispartner sein.
Eine Bewegung, die durch Ressentiment, Reflexionsarmut und Affirmation der
Verhältnisse bestimmt wird, ist in ihrer momentanen Verfasstheit kein Teil der
Lösung, sondern Teil des Problems. 


Die antideutsche Sackgasse 

Die Reaktion der bellizistischen antideutschen Linken von Bahamas bis
AKG-Leipzig auf die dunklen Motive des antiamerikanischen Teiles der
Friedensbewegung und die mörderischen Zustände im Irak des Baath-Regimes unter Saddam
Hussein kumuliert des öfteren in der Preisgabe einer Antikriegsposition. Diesem
Teil der Antideutschen reicht die vage Hoffnung auf emanzipiertere Zustände und
auf die Schwächung des antizionistischen Kollektives der „islamischen
Fundamentalisten“ für die Legitimierung einer Militärintervention. Dass
die Sicherheit Israels durch eine Destabilisierung der gesamten Region und
irakische Raketenabschüsse während des Krieges auch durchaus negativ
beeinflusst werden, dass die Bedrohung durch irakische Massenvernichtungswaffen und
die, im allgemeinen homogen gedachte, „islamistische Gefahr“ als
Teil einer westlichen Feindbildstrategie unrealistisch überzeichnet sein oder
dass sich der antizionistische Terror durchaus unbeeindruckt von einer
Militärintervention zeigen könnte, wird dabei systematisch ausgeblendet. Angesichts
der vielgestaltigen sich gegenüberstehenden Möglichkeiten einer zukünftigen
Entwicklung verliert die Quelle der kriegerischen Hoffnung einiges ihrer
Evidenz. Im Gegenteil kann die bereits seit den 70er Jahren vieldiskutierte
Strategie der nachholenden Entwicklung im Trikont größtenteils als gescheitert
beschrieben werden. Warum diese jetzt im Irak funktionieren sollte, wird nicht
diskutiert, sondern schlichtweg behautpt. 
Eine antideutsche Kriegslegitimation wird weiter der Realpolitik
hinterherlaufen müssen, denn die „Achse des Bösen“ ist noch lang und die
Zustände in vielen anderen Despotien und Diktaturen sind kaum weniger gewaltsam.
Diese Politik spielt der Normalisierung der gesellschaftlichen
Militarisierung in die Hände und wird es schwer haben, über die Verhältnisse
hinauszuweisen, wenn die Inhalte der Diskussionen von anderen vorgegeben werden. 
Der immer wieder erklingende Vorwurf, eine Antikriegsposition müsse
automatisch die Zustände im Irak erhalten wollten, resultiert aus der falsch
gedachten Dichotomie der Möglichkeiten. Wer gegen einen Krieg im Irak ist, muss sich
nicht für Saddam Hussein und auch nicht für islamitische Wertvorstellungen
entscheiden. Diese Dichotomie der Möglichkeiten entspringt dem derzeitig
vorherrschenden Politikverständnis, dass man sich zwischen den real gegebenen
Möglichkeiten zu entscheiden habe, anstatt das derzeit Nichtreale zu fordern. 
Der antideutsche Vergleich des offensichtlichen Antisemitismus und
Antizionismus der islamischen Bewegung mit der bürokratisch organisierten und
industriell ausgeführten deutschen Massenvernichtung von Juden während des Zweiten
Weltkrieges ist nicht nur bedenklich, sondern eine gefährliche Relativierung
derselben. Mögen die Gemeinsamkeiten im Geiste unübersehbar sein, wenn der
irakische Vize-Ministerpräsident Tarik Asis auf die Frage: "Erwägen Sie die
Möglichkeit eines Angriffs auf Israel, falls die USA Ihr Land angreifen?" einem
israelischen Journalisten entgegnete: "Es [steht] nicht auf meiner
Tagesordnung, den israelischen Medien antworten zu müssen", so muss trotz allem Wort und
Tat unterschieden werden. 
Den barbarischen Tendenzen der kapitalistischen Vergesellschaftungslogik
– Krisenbewältigung des zusammenbrechenden Systems oder nicht –
rechtfertigend und beratend zur Seite zu stehen, muss in vielen Fällen in einer
Affirmation westlich-bürgerlicher Werte und damit der bürgerlichen
Gesellschaft enden. Ohne Zweifel hält diese im Vergleich zum repressiven irakischen
Regime durchaus angenehmere Möglichkeiten für emanzipatorische Kritik bereit. Ob
diese bequemeren Umstände der Realisierung einer kommunistischen oder
anderweitig emanzipatorischen Position und Praxis zuträglich sind, stellt sich im
fehlenden Licht historischer Empirie durchaus fraglich dar. Wo das bürgerliche
Deutschland näher an emanzipierten Verhältnissen erkannt wird als der Irak,
ist der Schatten westlicher Arroganz und ein stets rassistisch gedachtes
Überlegenheitsgefühl der „abendländischen Kulturen“ nicht weit.
Angesichts des realen Schreckens kriegerischer Zustände, deren einzige Sicherheit
ist, dass sie das Sterben erst einmal nur intensivieren, kann ein Krieg im
Irak angesichts der mehr als vagen Möglichkeit oder der bloßen Hoffnung auf
emanzipiertere Zustände nicht legitimiert werden. 


Fazit 

Aktuelle linke Forderungen an die Bundesregierung nach einer konsequenten
und dauerhaften Friedensposition müssen ungehört bleiben, da sie die Motivation
der deutschen Friedenspolitik verkennen. Und so spielt auch die allgemeine
Legitimität von Kriegen als Konfliktlösungsstrategie keine Rolle im
öffentlichen Diskurs. Die real unmenschlichen und wohl auch während des geforderten
künftigen „Friedens“ sehr blutigen Zustände im Irak verunsichern nur
wenige der FriedensfreundInnen. Eine nicht vom antiamerikanischen
Ressentiment getriebene Analyse der Zustände im Irak würde die Forderung nach dem Ende
des Baath Regimes unter Saddam Hussein, welche wir aus den Reihen der
Friedensbewegten erstaunlich selten hören, viel deutlicher vernehmbar machen. Fernab
der momentanen Ablehnung des Irak-Konfliktes existiert in der Bevölkerung
eine breite Zustimmung zum Krieg als Konfliktlösungsstrategie. Die
widerstandlose Akzeptanz der Militarisierung der Europäischen Union, die letzten Endes
auf die Durchführung von Kriegen hinausläuft, spricht eine deutliche Sprache. 
Aus den beschriebenen Gründen ist für Linksradikale ein Zusammengehen mit
der Friedensbewegung kaum denkbar. Für eine Linke würde ein Bündnis dieser Form
eventuelle die Möglichkeit eröffnen, als linksradikaler Block Einfluss auf
die Aktivitäten der Friedensbewegung zu nehmen. Jedoch wird aufgrund der Masse
der Friedensbewegten aller Wahrscheinlichkeit nach eine inhaltliche
Wahrnehmung unmöglich werden. Was blieb, wäre ein gemeinsames Demonstrieren mit zu
Recht moralisch Empörten, Regierungsvertretern, Pfaffen oder Nazis ohne das
eine inhaltliche Abgrenzung sichtbar wird. 
Unser Anliegen an diesem Tag ist daher nicht nur der Protest gegen den
beginnenden Krieg, sondern vor allem auch eine Kritik Deutschlands und des
Antiamerikanismus/Antisemitismus in der Friedensbewegung. 
Weitere Ziele unserer Kritik als Linksradikale stellen die gesellschaftliche
Akzeptanz von Krieg und die sich darauf stützenden deutsch-europäischen
Großmachtbestrebungen dar. Unsere Kritik kann praktisch werden, wenn wir
Deutschlands antihumanistische und rassistische Flüchtlingspolitik, die extensiven
Rüstungsexporte deutscher Unternehmen oder die innere und äußere
Militarisierung der Gesellschaft thematisieren. Eine Position, die Krieg wirklich
überwinden möchte, darf weder die menschenunwürdigen Zustände im Irak ignorieren, noch
leichtfertig eine Legitimation eines ebenso menschenunwürdigen Krieges
vornehmen und sie muss betonen, dass es nicht nur diese zwei Möglichkeiten gibt. 
Aufgrund ihrer immanenten politischen und ökonomischen Konkurrenz, ihrer
unabtrennbaren Expansions- und Intensivierungstendenzen und ihrer Unfähigkeit
einem immer größer werdenden Teil der Menschheit ein schönes Leben fernab von
Zwang und Armut zu ermöglichen, muss die globale kapitalistische Ordnung die
Gefahr eines Krieges immer wieder reproduzieren. Es hilft also alles nichts -
Kapitalismus muss weg. 
Unsere Minimalforderung ist die Auflösung Deutschlands und die
revolutionären Umsetzung einer globalen kommunistischen Perspektive für eine friedliche
Zukunft der Menschheit.

 
 
 
06.03.2003 Bündnis gegen Rechts Leipzig       
 

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Bitte lächeln! Fotogalerie online mit GMX ohne eigene Homepage!

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