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Message 00206 [Homepage] [Navigation]
Thread: choxT00206 Message: 1/21 L0 [In date index] [In thread index]
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[chox] Rapid Prototyping, Selective Laser Melting, Projekt Ecomarble



Über Kombinationen von PC + Technologien wurde in ´ox´ debattiert; hier eine 
weitere ´Symbiose´
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Biss und Bytes 

Computergesteuerte Laser und Fräsen machen bald Patienten glücklich und 
Zahntechniker arbeitslos 
http://www.zeit.de/2003/33/T-Zahnersatz

Von Dirk Asendorpf

Unternehmen, die ihre teuren Ersatzprodukte für lädiertes Kauwerkzeug, sprich: 
Zahnersatz, demnächst ohne Kassenleistung auf dem freien Markt verkaufen 
sollen, müssen sich schon etwas einfallen lassen. Eine echte Herausforderung 
für die Reklame. So sieht es jedenfalls Michael Rückert, Marketingleiter der 
Bremer Goldschlägerei (Bego), einer der großen deutschen Hersteller für 
alles, was der Zahntechniker braucht. Rückert spart nicht an kräftigen 
Sprüchen, wenn es um das neueste Produkt seiner Firma geht. „Wir haben das 
Atomkraftwerk erfunden", behauptet er und meint damit: die Revolution bei der 
Herstellung von Zahnersatz. 

Völlig abwegig ist der Vergleich nicht. Denn genau wie ein Atomkraftwerk 
Dutzende kleinerer weit verstreuter Kraftwerke ersetzt, so zentralisiert Bego 
Medifacturing die Herstellung von Zahnersatz. Wie bisher fertigt der 
Zahntechniker nach dem Gebissabdruck ein Gipsmodell der benötigten Krone oder 
Brücke. Doch statt sie anschließend in Handarbeit und Gussverfahren selbst 
herzustellen, legt er das Modell in einen Scanner, drückt am daneben 
stehenden Computer den Startknopf und kann es kurz darauf am Bildschirm 
begutachten. Mit Maus und Tastatur lässt sich der virtuelle Zahnersatz 
beliebig drehen, wenden und nachmodellieren. Ein weiterer Knopfdruck 
überträgt die Maße des Modells auf einen Computer der Bremer Bego-Zentrale. 
Hier steht - hinter einer Panzertür gegen Industriespionage geschützt - die 
Maschine, die aus den Daten das metallische Gerüst des Zahnersatzes herstellt 
- oder „ausdruckt", wie der Physiker Axel Bauer vom Aachener 
Fraunhofer-Institut für Lasertechnik sagt. Er hat das „Selective Laser 
Melting"-Verfahren gemeinsam mit der Bremer Goldschlägerei entwickelt.

Auf einer Platte wird feines Metallpulver aus Titan, Gold oder einer 
Kobald-Chrom-Legierung verteilt. Ein scharf gebündelter Laserstrahl schmilzt 
es nach den exakten Vorgaben aus dem Computer und verhärtet es zu einer 100 
Mikrometer dünnen Schicht - das entspricht etwa dem Durchmesser eines Haares. 
Anschließend wird wieder Pulver darauf verteilt, und der Laser fertigt die 
nächste Schicht. Rund 100-mal läuft dieser Prozess ab, dann liegt das fertige 
Ersatzteil auf der Platte. Es wird getestet, verpackt und verschickt, 
spätestens 72 Stunden nach Dateneingang ist das Päckchen beim Zahntechniker. 
Das wird in einem Vertrag ebenso garantiert wie mindestens fünf Jahre 
Haltbarkeit und eine Passgenauigkeit, die so hoch ist, dass Karies-Bakterien 
nicht durch den Spalt zwischen Zahn und Krone passen.

„Rapid Prototyping" heißt so etwas im Fachjargon und liegt im Trend - nicht 
nur beim Zahnersatz. Auch im Maschinenbau werden Gussformen inzwischen immer 
öfter aus mikroskopisch dünnen Schichten im Laserverfahren aufgebaut, und ein 
Ersatzteil, das gerade nicht mehr auf Lager ist, kann auf die gleiche Art 
schnell nachproduziert werden. Eine Schweizer Firma stellt Hörgeräte im Rapid 
Prototyping her, die perfekt an den Gehörgang ihres Trägers angepasst sind. 
Geht das kleine Gerät einmal verloren, kann die Firma mit den gespeicherten 
Daten für schnellen Ersatz sorgen. Und im EU-Projekt Ecomarble werden exakte 
Kopien antiker Büsten in feinsten Schichten aus Marmorstaub und Kleber 
zusammengelasert.

Jedes Produkt ist ein Unikat, trotzdem läuft die Herstellung weitgehend 
automatisch ab. Beim Zahnersatz hat solch „individualisierte 
Massenproduktion" viele Vorteile. Der Zahntechniker kann in seinem Labor auf 
teure Geräte und giftige Chemikalien verzichten, mit der zentralen Fertigung 
sinken die Stückkosten, und der Patient kann schneller wieder zubeißen. 
Spätestens nach einer Woche hat er die fertige Krone im Mund - kein Ärger 
mehr mit provisorischen Füllungen, die natürlich immer dann herausfallen, 
wenn kein Zahnarzt in der Nähe ist.

Zahntechniker müssen aufpassen, dass ihr Beruf nicht genauso verschwindet wie 
der des Schuh- oder Uhrmachers. Noch dauert die Ausbildung dreieinhalb Jahre. 
Der Zahntechniker lernt alles über die Funktionalität und Ästhetik des 
Zahnersatzes, und er kann vom Modellieren mit Wachs über den Guss bis zur 
keramischen Verblendung jeden Produktionsschritt auch selbst ausführen. Doch 
schon ist eine Technik auf dem Markt, die nicht nur die Herstellung des 
Gerüstes für Kronen und Brücken automatisiert, sondern gleich einen 
kompletten Ersatzzahn liefert. 

Andreas Kurbad hat solch einen Wunderapparat von der Firma Cerec in seiner 
Zahnarztpraxis stehen. Vor dem Bohren steckt Kurbad seinen Patienten eine 
Spezialkamera in den Mund. Die vermisst den Zahn, der erneuert werden soll; 
eine CAD/CAM-Maschine im Nebenraum fräst sein exaktes Ebenbild aus einem 
Keramik-Rohling heraus. „Nach einer Dreiviertelstunde kann der Patient mit 
seiner neuen Krone nach Hause gehen", sagt Kurbad. Noch kostet das doppelt so 
viel wie eine Keramik-Krone, die der Zahntechniker manuell herstellt. 
„Trotzdem rennen uns die Leute die Bude ein", sagt Kurbad, denn eine Krone 
aus Vollkeramik erspart nicht nur endlose Sitzungen beim Zahnarzt, sie sieht 
zudem schöner aus als die bisher übliche Verblendung.

Auch aus Schweden, der Schweiz und den USA drängen Verfahren für die 
maschinelle Herstellung von Zahnersatz auf den deutschen Markt. Acht 
unterschiedliche Systeme sind schon im Einsatz. Eine Verlagerung der 
Produktion ins Ausland ist jedoch nach Ansicht der Experten unwahrscheinlich. 
Zwar wäre es technisch kein Problem, die Scanner-Daten anstatt in den 
Nachbarraum oder nach Bremen nach Ungarn oder China zu übertragen. Da die 
Produktion aber weitgehend ohne menschliches Zutun abläuft, ließe sich durch 
Billiglöhne nicht viel sparen. Außerdem müssten die Patienten dann doch 
wieder länger auf ihr neues Kauwerkzeug warten.

Und wie steht es um die Haltbarkeit der industriell gefertigten Ersatzzähne? 
„Besser als beim Gießen" seien die Materialeigenschaften beim 
lasergesteuerten Metall-Drucken, versichern die Bremer Goldschläger. Andreas 
Kurbad ist sogar überzeugt, dass der vollkeramische Zahnersatz länger lebt 
als der Patient, der ihn im Mund trägt. Doch dann nimmt er seinen flotten 
Reklamespruch schnell wieder zurück: „Ich kann ja nicht behaupten, dass es 50 
Jahre hält, wenn es das Verfahren erst seit ein paar Jahren gibt."

(c) DIE ZEIT 07.08.2003 Nr.33 
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Rapid Prototyping:
http://www.google.com/search?q=Rapid%20prototyping&ie=UTF-8&oe=UTF-8
Ecomarble:
http://www.google.com/search?q=Ecomarble&ie=UTF-8&oe=UTF-8
Selective Laser Melting:
http://www.google.com/search?q=Selective%20Laser%20Melting&ie=UTF-8&oe=UTF-8



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