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Message 00328 [Homepage] [Navigation]
Thread: choxT00325 Message: 2/5 L1 [In date index] [In thread index]
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[chox] das Fähnlein des aufrechten Materialismus- war [chox] Sportl. Kommunismus



Sorry, solche Postings können auf Dauer nicht unwidersprochen bleiben.
once and for all...!

annanymia shared-files.de schickt uns eine Flugschrift aus dem 
sportlich-kommunistischen Spektrum die wiederum Adorno zitiert:

Denen, die keine Befehlsgewalt haben, soll es ebenso schlecht gehen wie
dem
Volk. Vom deutschen Beamten bis zu den Negern in Harlem haben die gierigen
Nachläufer im Grunde immer gewußt, sie würden am Ende selber nichts davon
haben, als die Freude, daß die andern auch nicht mehr haben. [...] Der
eigentliche
Gewinn, auf den der Volksgenosse rechnet, ist die Sanktionierung seiner
Wut
durch das Kollektiv.
Theodor W. Adorno / Max Horkheimer"Dialektik der Aufklärung"

Theo und Max haben hier Sozialneid als ein Element des Antisemitismus
bestimmt unter dem Motto: "Wenn es mir scheiße geht, dann sollen die
anderen
erst recht beschissen dran sein!&"; Die "anderen" waren im
Falle von Theo und Max die von den Nazis und anderen Antisemiten
verfolgten
Juden. Aber die Logik hinter diesem Schluss funktioniert ganz ohne Juden,
weil
sowohl der oben angedeutete wie der antisemitisch motivierte Sozialneid,
also
anderen kein schönes Leben zu gönnen, eine gemeinsame Grundlage haben:
Nationalismus. 

Irgendwann muß jemand einen vernünftigen Einwand bringen gegen
dieses pseudomaterialistische Gesülze, das mit der MG über die Welt 
gekommen ist und sich in antideutscher Vulgata  und anderen Spielarten
immer noch enorm kritisch vorkommt. Gerade weil die Einsichten über
den Gewaltcharakter des Staates und insbesondere den bedingten 
Zweck des Sozialstaates - Kompensation solcher Armutsfolgen, die
für kapitalistische Produktion grosso modo schädlich sind - nicht 
von der Hand zu weisen sind, könnten die Verfasser dieses Pamphlets
aus dem Eifer, mit dem der Abbau des Sozialstaats betrieben wird,
auf bessere Schlüsse kommen als auf ihre theoretischen Ahnväter:

Der Fabrikant hat seine Schuldner, die Arbeiter, in der Fabrik unter den
Augen und kontrolliert ihre Gegenleistung, ehe er noch das Geld
vorstreckt. Was
in Wirklichkeit vorging, bekommen sie erst zu spüren, wenn sie sehen, was
sie
dafür kaufen können: der kleinste Magnat kann über ein Quantum von
Diensten
und Gütern verfügen wie kein Herrscher zuvor; die Arbeiter jedoch erhalten
das sogenannte kulturelle Minimum. Nicht genug daran, dass sie am Markt
erfahren, wie wenig Güter auf sie entfallen, preist der Verkäufer noch
an, was sie
sich nicht leisten können. Im Verhältnis des Lohns zu den Preisen erst
drückt
sich aus, was den Arbeitern vorenthalten wird.
Theodor W. Adorno / Max Horkheimer aaO

Der "kleinste Magnat" hat mittlerweile ein Durchschnittseinkommen,
das unter das seiner Arbeiter gesunken ist; laut einem Bericht
des österreichischen Rechnungshofes ist das grosso-modo Durchschnitts-
Einkommen der Selbständigen niedriger als das der Arbeiter:

************************

"18. 02. 2003

Rechnungshof: Selbstständige verdienen nur 30% mehr als Lehrlinge!

Die Einkommensunterschiede der Berufsgruppen in Österreich

Der Rechnungshof veröffentlicht die durchschnittlichen
Jahresnettoeinkommen der Österrreicher nach Berufsgruppen. Sieht man von
den Lehrlingen ab, waren 2001 die schlechtest Verdienenden - mit großem
Abstand - die Selbstständigen. 

Vergleicht man unter den Männern (die Relation zueinander ist bei den
Frauen ähnlich) und setzt man das Jahreseinkommen der Selbstständigen mit
100 an, dann verdienen Arbeiter 124; Pensionisten 128, Angestellte 181 und
Beamtegar 195. 

Die erschreckendste Relation ergibt sich zwischen weiblichen
Selbstständigen und weiblichen Lehrlingen: Diese verdienen gerade 30
Prozent weniger! 

Laut Gewerbeverein hat sich - vom Einkommen her - ein
"Selbstständigen-Proletariat" gebildet. 

"Menschen, die vorgeben müssen, es ginge ihnen gut - wer arbeitet schon
mit einem Looser zusammen - und die daheim vom Existenzminimum leben oder
Nahversorger, die 80 Stunden in der Woche im Laden stehen und dann die
abgelaufenen Nahrungsmittel essen dürfen." 

******************************************************
So. und jetzt stellt bitte in Rechnung, daß obige Zahlen eben
Durchschnittszahlen sind. Das heißt, daß die Abteilung Kapitalisten, von
der wir in der Zeitung lesen, daß sie sich halb Norwegen kaufen können,
hier miteingerechnet sind. Im Durchschnitt sind also die "kleinen
Magnaten" noch viel ärmere Hunde als die Proleten. Wie gut daß sie
einander wechselseitig die Schuld zuschieben können. Was dem einen sein
"Sozialschmarotzer" ist dem anderen sein "Ausbeuter" !!!!

Dann käme man eindeutig zu anderen Schlüssen als dem, daß es senkrecht und
rationell wäre, anderen den Wohlstand zu gönnen und nur eine verwerfliche
Geisteshaltung namens Nationalismus die Köpfe verseucht hat!!! (deren
unablässige Anprangerung man mit kommunistischer Politik verwechselt)

Umgekehrt wird ein Schuh draus: diese Produktionsweise ist strukturell
unfähig geworden, egal für Proleten oder sonst eine Masse von Menschen
noch nennenswerten Reichtum zu produzieren!!! Das merkt man an ihren
Wirkungen und will es doch nicht wahrhaben. Die sich weiterhin
akkumulierenden Warenberge haben mit Reichtum nur bedingt was zu tun! Es
steckt eben immer weniger Wert drinnen, sprich Geld, und das ist das
"Problem".... Die sich verstärkende soziale Ungleichheit, aber auch der
scharfe Kontrast von Geldwachstum und stofflichem Reichtumswachstum
(ISEW-Debatte)  ist ein Indiz dafür, daß wir uns gerade aufgrund dieser
schleichenden Reproduktionsunfähigkeit Zuständen der Dritten Welt
annähern, in der der unmittelbare Zugang zur Macht, die Monopolisierung
von Ressourcen und der Klientilismus sich ausbreiten wie eine Seuche.
Kapitalismus wird re-feudalisiert, schrittweise und schleichend, und
Robert Kurz hat unrecht und recht zugleich wenn er behauptet daß das
eigentlich nicht geht.

Jedenfalls ist der Abbau des Sozialstaats ernst zu nehmen und nicht mit
einem blödsinnigen "eigentlich nicht notwendig" zu relativieren, das die
Konsumkraft von gestern zum Maßstab eines trotzigen Beharrens auf einem
versteckten materialistischen Gerechtigkeitsgefühl erklärt. Darin ist und
bleibt man bürgerliches Individuum, das ein Recht auf einen Anteil am
Nationalen Reichtum einfordert, ohne sich darum zu kümmern, wie dieser
zustandekommt. Eine enorm überflüssige und luxuriöse Haltung, die noch
dazu einen völlige absurden Gegensatz zu den Adressaten aufbaut, was aber
bekanntlich dem Selbstbewußtsein bürgerlicher Individuen nicht abträglich
ist (siehe mein letztes Posting über Kunst). Das ist das Geheimnis, warum
aus diesen Kommunisten nichts geworden ist und auch nichts mehr wird als
etwa so ein akademischer Verein zur sportlichen Freizeitgestaltung, der
seinen Lustgewinn aus dem permanenten Verachten materialistischer
Untertanen bezieht.

Franz

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