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Die hier archivierte Mail kann, muss sich aber nicht auf den Themenkomplex von Oekonux beziehen.

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Message 00656 [Homepage] [Navigation]
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Möglicher Ausweg (was: [chox] weitere Nutzungsarten)



Hi, Christian!

Schön, mal wieder was von dir zu hören :o)

On Monday 02 February 2004 18:24, Christian Sievers wrote:
Thomas Uwe Gruettmueller schrieb über nicht erwähnte weitere 
Nutzungsarten:
Ich nehme sehr stark an, daß dieser Zustand nicht gewollt
ist und daß die Lizenzen sozusagen fehlerhaft sind. Sowohl
die Free Software Definition der FSF als auch die Debian
Free Software Guidelines sehen vor, daß die Lizenz keine
Einsatzgebiete beschränken darf. Würde also in einer Lizenz
ausdrücklich drinstehen, daß Rundfunksendung nicht erlaubt
ist, wäre sie klar non-free; wenn sie aber dieses Recht
einfach nur nicht einräumt, so liegt sie in einem
Graubereich.

Die GPL, bei der das wie von dir gesagt nicht so wichtig ist,
erlaubt weitere Nutzungen ausdrücklich nicht.  Zumindest
verstehe ich folgenden Satz aus Punkt 0 so:
] Activities other than copying, distribution and modification
] are not covered by this License; they are outside its scope.

Ich verstehe den so, daß sie ausdrücklich andere Aktivitäten 
verbietet (z.B. den Einsatz des Programmes im Atomkraftwerk 
o.ä.). Ich kann das aber nicht belegen. Frag RMS ;o)

In Claustal gab es mal die Möglichkeit, jemanden von der FSF
zu sprechen.

"Vrrrai." ;o) Ja, hast du mal erwähnt. Außerdem hast du an dem 
Abend seltsame Musik gehört ;o)

Ich fragte, ob es erlaubt wäre, den Sourcecode
von GPLten Programmen auf einer Bühne zu verlesen.  Er meinte,
die Zuhörer könnten das ja aufzeichnen und somit liefe das
unter Kopieren. Das kommt mir etwas seltsam vor, ist aber
plausibel.  

Das beantwortet deine Frage nicht. Wenn es *auch* Kopieren ist, 
bleibt es ja trotzdem ein Vortrag. Ist der nun erlaubt oder 
nicht? Wenn ja, warum?

Und wenn ich den Text ausdrucke und eine Collage
mache?  Wenn dabei Sachen weggeschnitten werden und das ganze
ganz bestimmt kein ausführbares Programm mehr ist? 
Naja, niemand fordert von mir, veränderte Programme nur im
lauffähigen Zustand zu verbreiten.  Aber ist das noch
Derivative Work?

Ja, und es muß unter der GPL stehen, wenn du es verbreiten 
willst. Die Frage ist aber, ob eine Collage noch als 
"Sourcecode" zählt. Diesen definiert die GPL als "the preferred 
form of the work for making modifications to it". Ich würde es 
zum Modifikationen-Machen preferieren, wenn die einzelnen 
Schnipsel der Collage noch nicht zusammengeklebt sind. Dies ist 
in einem Buch schwer machbar, es sei denn, man druckt z.B. 
einige Extraseiten zum Rausreißen und Ausschneiden hinzu. 

Vielleicht etwas realistischer: Darf man den Code (oder einen
Auszug daraus) eines freien Programmes als Beispiel
(vollständig nur der Code dürfte ja kein Problem sein) in
einem Buch abdrucken, vielleicht noch mit abfälligen
Bemerkungen über den Programmierstil?

Ein Buch zählt wohl als "any medium", also kannst du den 
*Sourcecode* wie oben beschrieben problemlos darin abdrucken. 

Wenn du aber das Programm als Binary abdrucken willst (z.B. als 
Hex-Dump oder als Pixelgrafik interpretiert), mußt du den 
"kompletten, korrespondierenden, maschinenlesbaren Sourcecode" 
hinzufügen. Das könnte eine beigelegte CD sein, aber vielleicht 
genügt auch ein Ausdruck zum Rausreißen und Einscannen. Ich 
vermute mal, daß sowas eh keiner vorhat, von daher ist dieser 
Fall ziemlich konstruiert.

(Vielleicht sollte man in die Lizenz aufnehmen, dass der Code
nur mit Freien Fonts ausgedruckt werden darf... :)

Je mehr Müll man da reinschreibt, um so schwerer kann man die 
Lizenz verstehen und um so leichter kann man sie aus Versehen 
mißachten. Wie vielen Leuten hast du schonmal Binary-only-CDs 
mit GPL-Programmen kopiert? Hoffentlich niemandem, denn sonst 
darfst du nämlich nie wieder diese Programme kopieren.

Hierbei kann kein Rechtsanwalt helfen, weil es keine
rechtliche Fragen sind, sondern logische.

Ich hab keine ganz so schlechte Meinung von AnwältInnen

Wie hast du denn bloß den Satz geparsed[1]? ;o) Was ich sagen 
wollte ist, daß die Probleme in den Lizenzen durch juristisches 
Fachwissen nicht einfacher zu lösen sind. Juristen können sie 
somit nicht besser lösen als jeder andere Mensch auch.

[1]: Auch nicht schlecht: "Müssen wir alle sterben? -- Heute 
abend auf Kabel1." ;o)

und hätte gemeint, mit Logik kämen die erst recht klar.  Aber
es geht ja bei deinen Fragen erstmal auch darum, was man
überhaupt will, wenn das, was eigentlich nötig wäre,
wahnsinnig stört.

Du beißt dich oben an der GPL fest. Das ist eine tolle Lizenz, 
gegen die ich nichts sagen kann, solange sie nur für 
Computerprogramme eingesetzt wird. Für andere Sachen (Texte, 
Musik, Filme, Tanzwerke...) ist sie jedoch weniger geeignet aus 
folgenden Gründen:

 * Source Code (siehe oben das Beispiel "Collage") -- na gut, den
   Abschnitt könnte man rausschmeißen: Abschnitt 3 weg, 
   dafür Abschnitt 1 gültig für alles, nicht nur den Source Code.

 * Die GPL erlaubt bestimmte Dinge nicht -- auch kein wirkliches
   Problem, denn das könnte man ergänzen.

 * Das wichtigste Problem: Wenn jemand das Werk aufführt, sendet
   oder öffentlich abspielt (was alles erlaubt werden sollte,
   siehe den vorhergehenden Punkt) und jemand das Werk
   mitschneidet (was ebenfalls erlaubt sein sollte, aber dazu
   später), hat er ein Problem: ihm fehlen Informationen, die er
   laut GPL für eine Weitergabe der Aufnahme bräuchte, z.B.:
    | conspicuously and appropriately publish on each copy an
    | appropriate copyright notice and disclaimer of warranty;
   
 * Wenn das Werk verändert aufgeführt, gesendet oder vorgespielt
   wird, ist das proprietär by default. Ebenso ist jede
   Aufführung default-mässig proprietär, denn der ausübende
   Künstler erhält ein Leistungsschutzrecht. Das Copyleft der GPL
   tut nichts dagegen, denn diese Fälle sind nicht vorgesehen.
   Aber selbst, wenn man das ändern wollte: wie lizensiert man
   ein Konzert, einen Film oder eine Radiosendung an das
   Publikum? Dazu bräuchte man einen völlig anders formulierte
   Lizenz, denn: ein Konzert ist kein Werk, zählt nicht als
   "Kopie" oder "derived work" usw.

Die letzten beiden Punkte sind IMHO nur sehr schwer lösbar, wenn 
man sich dabei nicht in den Fuß schießen will. Die ganzen neuen 
Lizenzen (GFDL, Linuxtag OML, EFF OAL, CC-SA und viele mehr) 
lösen diese Probleme jedoch nicht; sie sind einfach nur 
grottenschlechte Nachahmungen der GPL. Und hier taucht noch ein 
weiteres Problem auf:

 * Je zwei Copyleft-Lizenzen sind grundsätzlich inkompatibel
   zueinander, d.h. zwei Werke unter verschiedenen
   Copyleft-Lizenzen können nicht zu einem kombiniert werden.
   RMS erklärt mal schnell, warum das so ist:
    | Each one is a copyleft.  The GPL says the combined work
    | must be under the GPL.  The simple license says the
    | combined work must be under that license.  Both cannot be
    | true at once.
   (RMS auf Debian Legal, 15.06.2003)

Darum gibt es noch keine vernünftige Lizenz z.B. für Musik u.ä., 
und wie wir aus dem Dilemma herauskommen, ist die große Frage.

Meine Idee ist folgende:
========================

 * Für Computerprogramme weiterhin die GPL verwenden, aber *nur*
   für solche, vielleicht auch für Baupläne.

 * Bei anderen Werken (Text, Musik, Film) entweder 

    * eine Lizenz ohne Copyleft-Klausel verwenden (wegen ihrer
      Kompatiblität zu allen anderen Lizenzen) oder 

    * eine (noch zu entwickelnde) Lizenz mit sanftem Copyleft.

Wenn es unwahrscheinlich ist, daß jemand absichtlich ein unfreies 
Derivat erstellen wird oder man eh keine Lust hat, dagegen zu 
klagen, sollte man die Lizenz ohne Copyleft-Klausel verwenden. 
Für mich wäre das der Fall bei:

 * Wikipedia-Artikeln, 

 * Intrumenten-Samples, sowie

 * bei den Musikstücken, die bei dem vorgestern vorgeschlagenen
   Projekt entstehen, wenn daraus was wird. (allerdings nur, weil
   zur Zeit keine bessere Lizenz existiert)

Eine solche Lizenz ist einfach zu schreiben; einen Entwurf habe 
ich fertig und kann ihn theoretisch mal hier zur Diskussion 
stellen. 

Was die andere Lizenz, die mit "sanftem Copyleft" angeht, denke 
ich an eine, die zwar versucht, unfreie Derivate zu verhindern, 
jedoch alles vermeidet, womit man sich selbst in den Fuß 
schießen könnte. Einige *grobe* Überlegungen:

 * Unkommerzielle Aktivitäten werden nicht beschränkt. Wer z.B.
   ein freies Stück von mir mit einem unfreien Stück von Madonna
   mischt und das unfreie Resultat in eine Tauschbörse stellt,
   soll keinen Ärger von mir befürchten müssen -- allenfalls von
   Madonna. Die nachfolgenden Punkte beziehen sich also nur auf
   kommerzielle Aktivitäten.

 * Die Copyleft-Klauseln beziehen sich nur auf das Kopieren und 
   Verbreiten. Wer ein Werk in der Disco spielt, im Radio sendet
   oder konzertmäßig aufführt, braucht sich keinen Kopf wegen der
   Lizenz machen (kann es aber freiwillig tun). In den restlichen
   Punkten geht es also nur noch um das kommerzielle Kopieren und
   Verbreiten.

 * Die Lizenz verlangt nicht, daß Derivate unter *der selben*
   Lizenz stehen müssen. Stattdessen werden nur bestimmte
   Mindestanforderungen gestellt. Dies erhöht die Kompatiblität
   zu anderen Lizenzen.

 * Derivate müssen frei kopierbar (d.h. auch kommerziell!), aber
   nicht änderbar sein. Dies ermöglicht z.B. das Einfügen von
   Zitaten aus unfreien Quellen.

 * Die Teile des Werkes, die unter der Lizenz stehen, müssen
   speziell gekennzeichnet und technisch vom restlichen Werk
   trennbar sein. Dies funktioniert IMHO praktisch genauso gut,
   wie ein richtiges Copyleft: Wenn jemand ein Musikstück von mir
   nimmt, ein Echo hinzufügt und im Takt dazu rülpst, hat er zwei
   Möglichkeiten, das Ergebnis kommerziell zu verbreiten:
   entweder, indem er das Stück zweimal verbreitet: einmal
   vollgerülpst und einmal im Originalzustand, was aber den
   halben Speicherplatz kostet, oder indem er gleich das
   Vollgerülpste unter diese Lizenz stellt.  

So eine Lizenz würde ich gern benutzen für einige der Stücke, die 
du an jenem Abend in Clausthal gehört hast, und zwar für die, 
bei denen keine rechtlichen Probleme bezüglich der Samples in 
die Quere kommen.

cu,
Thomas }:o{#
-- - http://217.160.174.154/~sloyment/ - --
"Look! They have different music on the dance floor..."

_______________________
http://www.oekonux.de/



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