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Message 01479 [Homepage] [Navigation]
Thread: choxT01475 Message: 2/4 L1 [In date index] [In thread index]
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Re: [chox] Fwd: IP: Frankreich vor möglichem Verbot von Open Source



U., Ein Schulfreund von mir ist ziemlich stark in der französischen
Kulturpolitik engagiert, und er hat mir folgende Antwort auf den Forward
geschrieben. Irgendwie fühle ich daß die Aufklärungsarbeit die Hartmut
Pilch und die FFII sehr wichtig waren und daß es sehr wichtig ist daß der
riesige Unterschied zwischen dem sogenannten "geistigen Eigentum" und dem
Urheberrecht immer wieder aufgeklärt wird.


Lieber Franz,

Schön, daß auch in Zentraleuropa jemand über diese jetzt 25 Jahre alte
Dauerdebatte zum Nachdenken kommt.
Das Problem ist wie immer sehr haarig und jede Seite hat Vor und
Nachteile.
Die fanzösische Position ist aber, bei genauer Betrachtung, die Erste und
fast schon nunmehr die Einzige welche seit dem Bestehen des europ¨âischen
Urheberrechts, und damit des Autorenschutzes ,den  Kreativschutzes dem
Produktivitätsschutz vorzieht. Im Einzelnen bedautet dies konkret, daß
nach
französischem Willen das Werk (Buch,Bild,Film,Melodie,..) fest mit dem Akt
der Kréativität und damit mit der Person dahinter verbunden bleibt. Damit
ist auch bein Besitzwechsel des materialisierten Kunst-Kaufobjekts das
Urheberrecht und die damit verbundenen Werte nicht übertragbar. Ich kann
Dir
aus grosser eigenen Erfahrung den Unterschied bestätigen zwischen dem
Angloamerikanischen Rechtsraum und dem Europäischen.

Ich denke diesen Unterschied kennen wir alle, aber was sich heutzutage als
"Kreativitätsschutz" ausgibt ist genau das Gegenteil. Es werden nicht
einzelne, bestimmte Werke geschützt, sondern allgemeine Vorgänge sollen
patentiert werden. Also grundsätzlich wird das Urheberrecht dazu
eingesetzt umn anderen Menschen ähnliche oder gleichwertige Schöpfungen zu
verbieten und verkehrt sich damit in sein gegenteil.

Im gegenständlichen Fall - soweit ich die Meldung richtig verstanden habe
-  ist die Lage noch absurder. Es soll jegliche menschliche Kreativität
auf dem Softwaresektor verboten werden, die sich selbst als kooperativ mit
anderen begreift und die Source öffnet.

Damit wird das Urheberrecht in sein Gegenteil verkehrt: der Urheber soll
gar nicht mehr das Recht haben allgemein verfügbare und veränderbare
Software zu schreiben. Die GPL (General Public License) basiert auf dem
Urheberrecht, auf dem Recht des Autors Verfügungen bezüglich seines Werkes
zu treffen. Eine Verfügung wie die GPL ist der Wille des Autors zum
kollektiven Produkt. Darum geht es hier. 

In USA, England werde ich zwar am Profit des Erfolges eines
Kulturproduktes
beteiligt sein, über das wie und wieveit und warum, fragt mich aber nach
Jahren keiner mehr, außer ich hätte mit meinen Anwälten aller nur
erdenkbaren Mäglichkeiten vorher abgesichert. In diesem Falle arbeitest Du
aber nicht mehr in diesen Ländern...

Es gibt auch andere Ansätze von der geistigen Produktion zu leben, wir
diskutieren Ansätze in denen Du gerade für die Arbeit am geistigen
Gemeingut Remunerationen bekommst. So wäre es eigentlich richtig, aber
darüber hat die Politik nicht einmal noch nachgedacht!

In Europa kann der Produzent meine gelieferte "Ware" solange benutzen und
auswerten las er dies möchte. Ich bleibe, finanziell gesprochen bis über
meinen Tode hinaus, gering aber sicher dafür entschädigt. In keinem Falle
aber hat er das Recht mein Produkt zu zerstückeln, zu anderen als dem
urspünglich gedachten Zwecken es zuzuführen, seine Inhalte zu ändern usw.
In
den USA ist dies alles möglich.

Ich habe über den Doppelcharakter der geistigen Produktion im digitalen
Zeitalter ein Essay geschrieben, Du findest es hier. 

http://www.oekonux.de/liste/archive/msg08172.html

Die wesentliche fFrage die sich mir heute stellt ist : Was soll unter
diesen
verdeitigungswürdigen Urheberschutz nach europäischen Recht fallen ? Muß
die
rein komerzielle U-Musikproduktion nicht einfach ausgeschlossen werden ?
Wie
können öffentlichrechtliche Forschungsbereiche - in der Regel mit großen
Finanzbedarf und in Minorotätsprogrammen vestrickt - vor der Ausbeutung
ihres Intelligenzkapitals bewahrt werden ?

Mich wundert warum die kooperative Lösung immer nur als Einfallstor für
Ausbeutung gesehen wird. Offensichtlich haben die Forschungsprograme nicht
die Priorität, Wissen für die Handlungsfähigkeit von menschen
bereitzustellen.

Dies sind ebensowichtige Fragen, wie die der Freiheit im Internet. Hier in
Frankreich haben wir ein traditionele Antiimperialistische - heute mehr
antiamerikanische - Kultur. Die Domination von Microsoft, Hollywood,
Coca-cola und McDonald wird niergens so stark bekämft wie hierzulande.

Das wage ich zu bezweifeln. In Wien, in München und anderen Städten im
deutschen Sprachraum hat die Stadtverwaltung Linux eingeführt. Ist
ähnliches auch in Paris, Lyon etc. geschehen? Ich weiß es nicht, siehe
unten.

Teilweise - zum Beispiel im Bereich Filmwirtschaft - auch erfolgreich.
Leider ist Frankreich sehr oft alleine in seinen Bestreben und die grossen
europäischen Partner sind schon längst von dem ultraliberalen - ohne jede
Einschränkung - Mainstream unterlaufen.
Also irren wir uns nicht im Feindbild !!!

Zumeist ist die Wahrnehmung so, daß Frankreich eben einen eigenen, sehr
sprach- und Kultuzrbezogenen nationalen Standpunkt fährt. Es wäre durchaus
interessant einen Europäischen kooperativen Kulturraum aufzubauen, in dem
andere Regeln gelten als in den USA. Dazu gibt es aber keine Ideen, nur
panische Abwehrreaktionen wie jüngst auf die
Google-Digitalisierungsinitiative. Es wird gar nicht unterschieden
zwischen digitalem Allgemeinwohl und digitalen Ausbeutungsinteressen!

Die geplante Zerstörung des europäischen Urheberrechts nützt vor allem den
grossen Konzernen und dominierenden Systemen. Sie ist, genauso wie der
Angriff auf die im der Menschenrechtserklärung verankerte Trennung von
Religion und Staat, Bestandteil der neuen Weltordnung, welche von einer
rein
materialistisch motivierten Minderheit der Mehrheit der Menschheit
aufgezwungen werden soll.
Wenn ihr dies moralisch unterstützbar findet !

Ich bitte Dich dafür zu sorgen daß diskutiert wird wie das europäische
Urheberrecht mit den erfordernissen digitaler Kooperation vereinbart
werden kann.


Warum geben die, angeblich auf ihre europäische Identität stolzen, Staaten
nicht mehr Gewicht (durch Benutzung, Bestellung..) den Linuxsystemen ?

Also zumindest auf der Ebene der Städte ist einiges geschehen, siehe oben.
 Und in der EU gibt es einige Leute die Open Source Forschung unterstützen.

Warum ist die Kontrolle der Infonetze ein weltpolitischen Anliegen ?

ein oder kein?


Wer immer mit Macht handelt, dem ist Kontrolle nützlich und nötig.
Kontrolle und Vielfalt sind aber in Opposition.


Vielfalt ist das Zeichen von Demokratie.
Demokratie bedeutet auch den Schutz des Interesse des Einzelnen im Bezug
auf
eine bestehende Mehrheit.
Eine Vielzzahl von Einzelnen bedeutet noch keine Macht.
Erst die Formierung einer Gruppe (Eingliederung in ein System) macht jene
relevant 
(Du kannst jetzt wieder von oben beginnen)

Alles liebe U
.



Liebe Grüße

Franz

_______________________
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Organization: http://www.oekonux.de/projekt/
Contact: projekt oekonux.de



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