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Message 01687 [Homepage] [Navigation]
Thread: choxT01687 Message: 1/1 L0 [In date index] [In thread index]
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[chox] TELEPOLIS: Plexiglasroehren statt Raffinerien?



Dieser TELEPOLIS Artikel wurde Ihnen
von  <helmuth.s gmx.li> gesandt.
... zur Frage, wo der Wasserstoff denn herkommen soll
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Plexiglasröhren statt Raffinerien?
Wolf-Dieter Roth 23.02.2006

Wasserstoff aus Algen soll in den nächsten 10 Jahren das Öl ersetzen

Die Idee, Autos wegen der Umweltfreundlichkeit bei der Verbrennung 
zukünftig mit Wasserstoff zu betreiben, scheitert bislang an der Frage, 
wo der Wasserstoff denn herkommen soll. Kalifornische Forscher sehen 
die Zukunft in Wasserstoff produzierenden Pflanzen.

Die schöne neue Wasserstoffwelt, die sowohl BMW als auch amerikanische 
Politiker immer wieder beschwören, hat ihre Tücken: Zwar verbrennt 
Wasserstoff mit Luft umweltfreundlich zu Wasserdampf, wobei nur wenige 
Stickoxide oder andere giftige Nebenprodukte entstehen, doch stellen 
sich zwei andere Fragen: Einerseits existiert keine Infrastruktur für 
das Speichern und die Verteilung von Wasserstoff - entsprechende 
Gastanks sind im Gegensatz zu dem leichten Gas sehr schwer und auch das 
Speichern in Metallschwämmen leidet unter demselben Problem. Das 
Verteilen per Pipeline dürfte wiederum in einer Welt der 
Terroranschläge ziemlich störungsanfällig sein und selbst ohne 
Fremdeinflüsse diffundiert Wasserstoff in größerem Maß als normales 
Erdgas durch Metallröhren und Dichtungen.

Das größere Problem war bisher jedoch die Frage, wo der Wasserstoff 
denn herkommen soll: Zwar ist er zusammen mit Sauerstoff Bestandteil 
von Wasser, doch die Erzeugung per Elektrolyse verschlingt genau die 
Energie, die der Wasserstoff später im Auto wieder liefern soll. Damit 
ist Wasserstoff keine Energiequelle, sondern lediglich ein 
Energiespeicher, der möglicherweise ineffektiver ist als die Akkus 
eines Elektroautos. Der Strom, mit dem der Wasserstoff gewonnen wird, 
muss also seinerseits wieder aus anderen Energiequellen gewonnen werden 
- und dies mit einem begrenzten Wirkungsgrad, also Verlusten von 
typischerweise über 50%.

Sauerstoff wird in der Natur durch  Photosynthese (1) frei, die 
Pflanzen zerlegen bei Sonneneinstrahlung auf Chlorophyll Kohlendioxid 
zu Kohlenstoff und Sauerstoff - den Kohlenstoff bauen sie als Zucker 
ein, um zu wachsen, der Sauerstoff wird frei und an die Luft abgegeben. 
Wenn man die Pflanzen nun dazu kriegen wurde, statt Kohlendioxid Wasser 
per Photosynthese zu zerlegen...

Photosynthese statt Elektrolyse 

Diese Gedanken hatte Tasios Melis von der Universität von Berkeley in 
Kalifornien seit Jahren, wobei er im aktuellen  New Scientist (2) 
konkret wird: "Um den heutigen Benzinbedarf der USA zu decken, werden 
Wasserstofffarmen erforderlich, die ungefähr 25.000 km2 bedecken". Dies 
ist weniger als ein Zehntel dessen, was in den USA heute als 
Anbaufläche für Soja genutzt wird. Im Gegensatz zu dem massiven 
Landverbrauch, um Getreide als Treibstoff für Alkoholautos anzubauen, 
das noch dazu erst verarbeitet, vergoren und destilliert werden muss, 
könnte das Gewinnen von Wasserstoff also relativ effizient sein.

Eine Wasserstofffarm hätte jedoch mit normaler Landwirtschaft nicht 
viel gemeinsam; sie wäre sehr industriell und dürfte eher wie eine 
Hydrokultur aus Disneyland ausfallen: Tasios Melis  denkt an 
durchsichtige Kunststoffröhren, die sich über die endlosen Salzflächen 
der südkalifornischen Wüsten erstrecken. Diese wassergefüllten Röhren 
würden dann unzählige mikroskopisch kleine Algen enthalten, die das 
Sonnenlicht zur Generierung von Wasserstoff verwenden. 

Der Vorteil wäre, dass diese Anlagen nicht nur in der Wüste gebaut 
werden können, sondern dort auch noch besonders gut funktionieren: 
Gerade der weiße Salzboden der ausgetrockneten kalifornischen 
Wüstenseen würde die Effizienz der Anlagen sogar noch erhöhen, da er 
das Sonnenlicht besonders stark reflektiert und die Kunststoffröhren 
somit von beiden Seiten gut belichtet würden.

Wüsten zu Äckern 

Melis glaubt, dass auch arme Länder diese zukünftige Technik gut 
verwenden könnten. Bislang gibt es jedoch noch keine Algen oder 
Bakterien, die Wasserstoff ausrechend effizient und nicht nur als 
Nebenprodukt erzeugen. Etliche Forscher arbeiten daran, dies entweder 
durch Genmanipulation an den verwendeten Chlamydomonas reinhardtii zu 
erreichen oder durch spezielle Nährböden. Auch das amerikanische 
Energieministerium investiert jährlich einige Millionen Dollar in diese 
Forschungen. Momentan hat die Wasserstofferzeugung aus Algen eine 
Effizienz von unter 0,1%, während eine kommerzielle Nutzung etwa 10% 
Effizienz bei der Umwandlung von Sonnenlicht in Wasserstoff 
erforderlich machen würde.

Tatsächlich ist die Wasserstofferzeugung heute bereits integraler 
Bestandteil der Photosynthese der Pflanzen. Diese besteht aus zwei 
Teilprozessen: Der erste  zerlegt bei Lichteinstrahlung (3) Wasser in 
Sauerstoff, Protonen (Wasserstoffkerne) und Elektronen, während ein  
zweiter Teilprozess ohne Lichteinwirkung (4), der  Calvin-Zyklus (5), 
mithilfe der Protonen und Elektronen Kohlendioxid und Wasser zu Zuckern 
zusammenführt, aus denen die Pflanzen ihre Substanz aufbauen. Wenn am 
Morgen das erste Sonnenlicht auf die Pflanze trifft, läuft der erste 
Teilprozess an, während der Calvin-Zyklus noch inaktiv ist. Damit die 
freiwerdenden Protonen und Elektronen in der Pflanze keinen Schaden 
anrichten, fügt das Enzym Hydrogenase sie zu Wasserstoff zusammen. Doch 
der gleichzeitig anfallende Sauerstoff deaktiviert das Enzym und damit 
die Wasserstofferzeugung. Kurz darauf läuft auch der zweite Prozess an, 
und die Wasserstofferzeugung in der Pflanze wird somit wieder 
eingestellt, weil sie für diese sowieso keinen Nutzen bringt. Erstmals 
entdeckt wurde die Wasserstofferzeugung durch Pflanzen schon in den 
30er-Jahren des letzten Jahrhunderts vom deutschen Forscher Hans 
Gaffron und in den letzten Jahren wurde auch  in Deutschland (6) und 
Australien eifrig an den Wasserstoff-Algen geforscht ( Grünalgen als 
Wasserstoffproduzenten (7)).

Um die Photosynthese zu verlangsamen, ist es beispielsweise möglich, 
den  Anteil von Sulfaten in der Nährlösung zu reduzieren (8). In diesem 
Fall wird weniger Sauerstoff erzeugt und damit bleibt die 
Wasserstofferzeugung, wenn auch ebenfalls abgebremst, aktiv. Doch durch 
die Sulfat-Unterernährung sterben die Algen innerhalb einer Woche ab. 
Durch Genmanipulation soll nun erreicht werden, dass in der Lösung der 
zum Überleben notwendige Sulfatanteil verbleibt, aber  der Transport an 
die  Chloroplasten (9), in denen die Photosynthese stattfindet, 
gebremst wird.

Dumme Idee: Algen aushungern 

Die Photosynthese zu bremsen, ist allerdings zugegeben ohnehin keine 
wirklich gute Idee, wenn man doch gerade mit dieser Photosynthese 
Wasserstoff erzeugen will. Andere Wissenschaftler versuchen deshalb, 
die Reaktion der Hydrogenase auf Sauerstoff abzustellen.

Ein weiterer Faktor, der die Wasserstoffproduktion in den Algen bremst, 
ist die elektrische Aufladung durch die Ansammlung von Protonen. 
Außerdem sind heutige Algen nicht auf solche Lichtmengen eingerichtet 
und absorbieren das Licht so intensiv, dass nur die oberste Schicht in 
einer solchen Kunststoffröhre aktiv wäre, während die darunter 
liegenden Algenzellen schlichtweg im Dunkeln säßen. Und schließlich ist 
es natürlich noch notwendig, den erzeugten Wasserstoff und Sauerstoff 
sauber voneinander zu trennen, ohne dabei durch einen Funken mal eben 
die ganze Anlage in die Luft zu jagen. 

Bis 2015 erwarten die Forscher, den Preis pro Kilogramm 
Algen-Wasserstoff auf drei US-Dollar zu senken, womit er kommerziell 
konkurrenzfähig würde. Langfristig könnten sogar 1,40 Dollar möglich 
sein, so Tasios Melis.

 LINKS

(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Photosynthese
(2) http://www.newscientist.com
(3) http://de.wikipedia.org/wiki/Lichtreaktion
(4) http://de.wikipedia.org/wiki/Dunkelreaktion
(5) http://de.wikipedia.org/wiki/Calvin-Zyklus
(6) 
http://www.energieverbraucher.de/pre_cat_43-id_484-subid_808-subsubid_81
0__.html
(7) http://www.telepolis.de/r4/artikel/11/11440/1.html
(8) http://www.green-trust.org/2000/algaehydrogen.htm
(9) http://de.wikipedia.org/wiki/Chloroplasten

Telepolis Artikel-URL: 
http://www.telepolis.de/r4/artikel/22/22112/1.html

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