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Der Hamburger Reeder Peter Krämer baut 5000 Schulen in Afrika und setzt sich für eine Reichensteuer in Deutschland ein Von Meite Thiede Die Rechnung klingt so einfach, wenn Peter Krämer sie aufmacht: Wenn alle G-8-Staaten nur ein einziges Prozent ihrer jährlichen Militärhaushalte abzweigten, kämen zehn Milliarden Dollar zusammen, sagt der Hamburger Reeder. Mit dieser Summe könnten die Vereinten Nationen 130 000 Schulen bauen und somit ihr selbstgesetztes Ziel erreichen, bis zum Jahr 2015 jedem Kind auf der Welt den Besuch einer Grundschule zu ermöglichen. Krämer findet, das wäre eigentlich nicht zu viel verlangt von den wohlhabenden Industrieländern. "Wenn ich das Geld für 5000 Schulen einsammeln kann, dann müssten acht Länder doch 130 000 Schulen finanzieren können." Mit dem Hamburger Bürgermeister Ole von Beust hat er schon über diese Idee gesprochen, und mit dem Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, Peter Harry Carstensen, auch. Doch das war erst der Anfang seiner Überzeugungsstrategie. Krämers Ziel ist, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel diesen Punkt auf die Tagesordnung setzt, wenn sie im Juni Gastgeberin für das Treffen der Staats- und Regierungschefs der acht Staaten in Heiligendamm ist. Als Reeder gehört Krämer zu den Profiteuren der Globalisierung, denn 85 Prozent des Welthandels werden auf dem Seeweg abgewickelt. Seine Reederei Marine Service GmbH, die sein Vater in den fünfziger Jahren gegründet hat, hat die Familie wohlhabend gemacht. Aber Krämer findet schon lange, dass es nun genug ist und lebt in Hamburg recht unspektakulär, eben wie ein sparsamer Kaufmann, in einer Mietwohnung und mit einem 20 Jahre alten Mercedes vor der Haustür. Einer Partei gehört der 56 Jahre alte Unternehmer nicht an, und er will sich auch nicht dem linken oder rechten politischen Lager zuordnen lassen. Trotzdem mischt sich Krämer ein. Das Steuersystem in Deutschland findet er ungerecht, die Erhöhung der Mehrwertsteuer ist in seinen Augen unsozial, da sie vor allem Normalverdiener, Arbeitslose und Rentner treffe. Im Mai 2006 schrieb Krämer an alle Bundestagsabgeordneten von CDU/CSU und SPD und plädierte stattdessen für die Wiedereinführung der Vermögensteuer und eine deutliche Erhöhung der Erbschaftsteuer. Deutschland sei reich genug, um seine Probleme selbst zu lösen, findet Krämer. Wirklich am Herzen liegt ihm das Schicksal Afrikas, und sein prominentester Verbündeter im Kampf für mehr Wohlstand auf dem Schwarzen Kontinent ist Nelson Mandela. Als der Reeder, der seinen Schiffen schon immer gerne Namen von Widerstandskämpfern wie Sophie Scholl oder Simon Bolivar gegeben hat, einen neuen Tanker auf den Namen Nelson Mandela taufen wollte, kam er in Kontakt mit der Stiftung des früheren südafrikanischen Präsidenten und erfuhr, dass in Afrika jedes zweite Kind keine Schule besuchen konnte. Dagegen wollte er etwas tun. Denn "Bildung ist der Rohstoff des 21. Jahrhunderts", sagt Krämer. Zusammen mit dem UN-Kinderhilfswerk Unicef und der Nelson-Mandela-Stiftung startete Krämer vor zwei Jahren das Projekt "Schulen für Afrika". Das Ziel lautet, bis 2010 in Afrika 5000 Schulen zu bauen. 300 sind schon fertig, und 16 Millionen Dollar stehen derzeit für die künftigen Projekte zur Verfügung. Dieses Geld reicht für 1600 weitere Schulen. Krämer ist in einer bürgerlichen Hamburger Familie aufgewachsen, aber er war schon früh politisch interessiert. 1962, als der damalige Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein verhaftet wurde, war er elf Jahre alt und fand die Diskussion im Hause Krämer über die Ereignisse in Deutschland hochspannend: Sein älterer Bruder war SPD-, sein Vater CDU-Anhänger. Bald las der Junior den Spiegel "wie eine Sportzeitung", später demonstrierte er gegen den Vietnam-Krieg und die NPD und für die Freilassung von Angela Davis. Krämer studierte erst Soziologie, wechselte dann zu Jura und hatte eigentlich nicht vor, so schnell in die väterliche Reederei einzusteigen. Sein großer Bruder war Junior im Betrieb. Doch als der starb, musste Krämer seine Promotion abbrechen und führte fünf Jahre lang gemeinsam mit seinem Vater die Reederei. Das war Anfang der achtziger Jahre, und die Schifffahrt durchlebte eine schwere Krise. "Für mich die beste Lehrzeit", wie er heute sagt. Der Reederei ging es schlecht, jeden Tag rief die Hausbank an. Der Junior schaffte es, sich gegen den Vater durchzusetzen und die Flotte von zehn auf sieben Schiffe zu verkleinern. Das rettete den Betrieb. Heute hat der Eigentümer die Geschäfte weitgehend an sein Management abgegeben. Ein Drittel einer Arbeitszeit widmet er der Firma, zwei Drittel humanitärer und politischer Arbeit. Sein "Instrument" ist die Hamburger Gesellschaft zur Förderung der Demokratie und des Völkerrechts, die er vor drei Jahren zusammen mit Henning Voscherau und anderen ins Leben gerufen hat. Ein Jahr zuvor hatten die Gründer in bundesweiten Anzeigen gegen den Irak-Krieg protestiert. In Krämers Büro hängt ein Foto, das ihn gemeinsam mit Nelson Mandela zeigt. Viermal haben die beiden sich schon getroffen, und Krämer hat es offenbar gleich beim ersten Mal geschafft, den Mann "mit dem unglaublichen Strahlen" für sein Projekt zu gewinnen. "Ich hatte drei Minuten Zeit, Mandela zu langweilen oder zu beeindrucken", erzählt er. Er habe sich für eine provokative Strategie entschieden und Mandela gesagt, er sei zwar schon die große Vaterfigur Südafrika, aber er bitte ihn, einen weiteren Job zu übernehmen und "Vater von Afrika" zu werden. Das erste Treffen dauerte eine ganze Stunde, und Krämer gewann den besten Mitstreiter, den er sich wünschen konnte. Doch den reichsten Mann der Welt konnte Krämer nicht mit ins Boot holen. Vor einigen Monaten bat er die Bill & Melinda Gates Foundation, die sich den Kampf gegen Aids auf die Fahnen geschrieben hat, um Unterstützung von "Schulen für Afrika". Aber die Stiftung lehnte ab mit dem Hinweis, Bildung stehe nicht auf ihrer Agenda, erzählt Krämer. "Dabei haben unsere Schulen Aids-Aufklärung als Pflichtfach." Und Bildung sei doch der Schlüssel zu allem. Quelle: Süddeutsche Zeitung Nr.11, Montag, den 15. Januar 2007 , Seite 18 _______________________ Web-Site: http://www.oekonux.de/ Organization: http://www.oekonux.de/projekt/ Contact: projekt oekonux.de
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