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Message 02198 [Homepage] [Navigation]
Thread: choxT02198 Message: 1/1 L0 [In date index] [In thread index]
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[chox] Mit Bildung gegen Armut





   Der Hamburger Reeder Peter Krämer baut 5000 Schulen in Afrika und
   setzt sich für eine Reichensteuer in Deutschland ein



       Von Meite Thiede



       Die Rechnung klingt so einfach, wenn Peter Krämer sie aufmacht:
       Wenn alle G-8-Staaten nur ein einziges Prozent ihrer jährlichen
       Militärhaushalte abzweigten, kämen zehn Milliarden Dollar
       zusammen, sagt der Hamburger Reeder. Mit dieser Summe könnten
       die Vereinten Nationen 130 000 Schulen bauen und somit ihr
       selbstgesetztes Ziel erreichen, bis zum Jahr 2015 jedem Kind auf
       der Welt den Besuch einer Grundschule zu ermöglichen. Krämer
       findet, das wäre eigentlich nicht zu viel verlangt von den
       wohlhabenden Industrieländern. "Wenn ich das Geld für 5000
       Schulen einsammeln kann, dann müssten acht Länder doch 130 000
       Schulen finanzieren können." Mit dem Hamburger Bürgermeister Ole
       von Beust hat er schon über diese Idee gesprochen, und mit dem
       Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, Peter Harry
       Carstensen, auch. Doch das war erst der Anfang seiner
       Überzeugungsstrategie. Krämers Ziel ist, dass Bundeskanzlerin
       Angela Merkel diesen Punkt auf die Tagesordnung setzt, wenn sie
       im Juni Gastgeberin für das Treffen der Staats- und
       Regierungschefs der acht Staaten in Heiligendamm ist.



       Als Reeder gehört Krämer zu den Profiteuren der Globalisierung,
       denn 85 Prozent des Welthandels werden auf dem Seeweg
       abgewickelt. Seine Reederei Marine Service GmbH, die sein Vater
       in den fünfziger Jahren gegründet hat, hat die Familie
       wohlhabend gemacht. Aber Krämer findet schon lange, dass es nun
       genug ist und lebt in Hamburg recht unspektakulär, eben wie ein
       sparsamer Kaufmann, in einer Mietwohnung und mit einem 20 Jahre
       alten Mercedes vor der Haustür. Einer Partei gehört der 56 Jahre
       alte Unternehmer nicht an, und er will sich auch nicht dem
       linken oder rechten politischen Lager zuordnen lassen. Trotzdem
       mischt sich Krämer ein. Das Steuersystem in Deutschland findet
       er ungerecht, die Erhöhung der Mehrwertsteuer ist in seinen
       Augen unsozial, da sie vor allem Normalverdiener, Arbeitslose
       und Rentner treffe. Im Mai 2006 schrieb Krämer an alle
       Bundestagsabgeordneten von CDU/CSU und SPD und plädierte
       stattdessen für die Wiedereinführung der Vermögensteuer und eine
       deutliche Erhöhung der Erbschaftsteuer. Deutschland sei reich
       genug, um seine Probleme selbst zu lösen, findet Krämer.



       Wirklich am Herzen liegt ihm das Schicksal Afrikas, und sein
       prominentester Verbündeter im Kampf für mehr Wohlstand auf dem
       Schwarzen Kontinent ist Nelson Mandela. Als der Reeder, der
       seinen Schiffen schon immer gerne Namen von Widerstandskämpfern
       wie Sophie Scholl oder Simon Bolivar gegeben hat, einen neuen
       Tanker auf den Namen Nelson Mandela taufen wollte, kam er in
       Kontakt mit der Stiftung des früheren südafrikanischen
       Präsidenten und erfuhr, dass in Afrika jedes zweite Kind keine
       Schule besuchen konnte. Dagegen wollte er etwas tun. Denn
       "Bildung ist der Rohstoff des 21. Jahrhunderts", sagt Krämer.
       Zusammen mit dem UN-Kinderhilfswerk Unicef und der
       Nelson-Mandela-Stiftung startete Krämer vor zwei Jahren das
       Projekt "Schulen für Afrika". Das Ziel lautet, bis 2010 in
       Afrika 5000 Schulen zu bauen. 300 sind schon fertig, und 16
       Millionen Dollar stehen derzeit für die künftigen Projekte zur
       Verfügung. Dieses Geld reicht für 1600 weitere Schulen.



       Krämer ist in einer bürgerlichen Hamburger Familie aufgewachsen,
       aber er war schon früh politisch interessiert. 1962, als der
       damalige Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein verhaftet wurde,
       war er elf Jahre alt und fand die Diskussion im Hause Krämer
       über die Ereignisse in Deutschland hochspannend: Sein älterer
       Bruder war SPD-, sein Vater CDU-Anhänger. Bald las der Junior
       den Spiegel "wie eine Sportzeitung", später demonstrierte er
       gegen den Vietnam-Krieg und die NPD und für die Freilassung von
       Angela Davis. Krämer studierte erst Soziologie, wechselte dann
       zu Jura und hatte eigentlich nicht vor, so schnell in die
       väterliche Reederei einzusteigen. Sein großer Bruder war Junior
       im Betrieb. Doch als der starb, musste Krämer seine Promotion
       abbrechen und führte fünf Jahre lang gemeinsam mit seinem Vater
       die Reederei. Das war Anfang der achtziger Jahre, und die
       Schifffahrt durchlebte eine schwere Krise. "Für mich die beste
       Lehrzeit", wie er heute sagt. Der Reederei ging es schlecht,
       jeden Tag rief die Hausbank an. Der Junior schaffte es, sich
       gegen den Vater durchzusetzen und die Flotte von zehn auf sieben
       Schiffe zu verkleinern. Das rettete den Betrieb. Heute hat der
       Eigentümer die Geschäfte weitgehend an sein Management
       abgegeben. Ein Drittel einer Arbeitszeit widmet er der Firma,
       zwei Drittel humanitärer und politischer Arbeit. Sein
       "Instrument" ist die Hamburger Gesellschaft zur Förderung der
       Demokratie und des Völkerrechts, die er vor drei Jahren zusammen
       mit Henning Voscherau und anderen ins Leben gerufen hat. Ein
       Jahr zuvor hatten die Gründer in bundesweiten Anzeigen gegen den
       Irak-Krieg protestiert.



       In Krämers Büro hängt ein Foto, das ihn gemeinsam mit Nelson
       Mandela zeigt. Viermal haben die beiden sich schon getroffen,
       und Krämer hat es offenbar gleich beim ersten Mal geschafft, den
       Mann "mit dem unglaublichen Strahlen" für sein Projekt zu
       gewinnen. "Ich hatte drei Minuten Zeit, Mandela zu langweilen
       oder zu beeindrucken", erzählt er. Er habe sich für eine
       provokative Strategie entschieden und Mandela gesagt, er sei
       zwar schon die große Vaterfigur Südafrika, aber er bitte ihn,
       einen weiteren Job zu übernehmen und "Vater von Afrika" zu
       werden. Das erste Treffen dauerte eine ganze Stunde, und Krämer
       gewann den besten Mitstreiter, den er sich wünschen konnte.



       Doch den reichsten Mann der Welt konnte Krämer nicht mit ins
       Boot holen. Vor einigen Monaten bat er die Bill & Melinda Gates
       Foundation, die sich den Kampf gegen Aids auf die Fahnen
       geschrieben hat, um Unterstützung von "Schulen für Afrika". Aber
       die Stiftung lehnte ab mit dem Hinweis, Bildung stehe nicht auf
       ihrer Agenda, erzählt Krämer. "Dabei haben unsere Schulen
       Aids-Aufklärung als Pflichtfach." Und Bildung sei doch der
       Schlüssel zu allem.


Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.11, Montag, den 15. Januar 2007 , Seite 18
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