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Ehrenamt und Tauschwert (was: Re: [ox] Zu allem etwas (-D))



Hi!

Ist ja richtig ruhig heute hier ;-) . Oder beachte ich nur Ollis
Shut-Up nicht?

Wir haben uns übrigens durch meine Ankündigung in diversen Listen
ungefähr verdoppelt...

Hi Sabine und alle!

Ich habe das Subject nochmal geändert - damit ich in meinem Archiv
vielleicht irgendwann noch mal was wiederfinde.

Yesterday Sabine Nuss wrote:
Stefan Merten schrieb:
Wenn ich dich jetzt beim Wort nehme, dann spielst du auf die Differenz
zwischen einer objektiven und einer subjektiven Tatsache an ("an sich"
und "für sich" wenn ich nicht irre): Gnu/Linux ist zwar an sich /
objektiv ein gebrauchswertdominiertes Gut, also keine Ware, die per
Definition immer für den Tausch hergestellt wird, aber die
Gnu/Linux-Szene hat das (und das darin steckende Potential) bisher
nicht oder höchstens in groben Ansätzen verstanden.

Da würde ich in der Tat zustimmen und behaupten, damit die wahre Kraft
der Gnu/Linux-Entwicklung zum Tragen kommt, muß dieser
Bewußtwerdungsprozeß noch stattfinden. Vielleicht können wir hier
etwas dazu beitragen - oder mich des Geschwafels beführen ;-) .

Nein, das ist zuviel der Ehre. Wirklich. Das
tut es nicht. Ich weiß, das ist nun kein Argument. Folgt noch.
n'andermal.

Ich bin hochgespannt!

Also, die Tatsache, daß Linux kein Quentchen Tauschwert hat

Hier würde ich schon mal einhaken. Tauschwert hat Gnu/Linux sehr wohl
- er spielt lediglich keine Rolle; weder bei der Distribution noch bei
der Produktion.

Zur Begründung würde ich mal behaupten, daß Tauschwert eine
gesellschaftliche Setzung ist. Und in unseren Gesellschaften ist das
gesetzt für jedwede Arbeit die geleistet wird durch den Wert, der zur
(gesellschaftlichen) Erhaltung der produzierenden Arbeitskraft nötig
ist.

Hmmm... Eigentlich weiß ich auch nicht so genau und ist vielleicht
auch nur Wortklauberei?

und
ansonsten nur aus Gebrauchswert besteht, reicht doch noch nicht hin, ihm
ein "revolutionäres" Potential zuzuschreiben, oder?

Das alleine nicht, aber ich denke im Zusammenhang mit einigen anderen
Aspekten kann mensch schon auf die Idee kommen. Aber die sind wir ja
gerade am explorieren [erforschen].

Der Finne will free
Beer, macht sich aber wenig Gedanken, wie das zustandekommt und Stallman
predigt die Bedürfnislosigkeit, damit Programmierer sich den Spaß
erlauben können, zu produzieren ("sie müssen ja nicht davon leben", "ich
habe auch keine Yacht")------ also, ich sehe da ein - wie Du auch sagst
- sehr unbewußtes Vorgehen am Gang.

Wie andernmails schon bemerkt waren sich die frühen KapitalistInnen
wohl auch kaum der revolutionären Bedeutung der Durchsetzung ihrer
(partikularen [eigenen, nicht auf alle übertragbaren]) Interessen
bewußt. Bewußtheit halte ich zumindest zu Beginn einer Bewegung nicht
für das Entscheidende.

Eher zufällig vollzieht sich in
einer Nische eine Herstellungsweise,

Hoppala! Das ist aber ganz und gar keine Nische. Im Gegenteil ist
Gnu/Linux ein Produkt an der Spitze der kapitalistischen Entwicklung.

So hat es z.B. über Jahre Versuche gegeben, Unix zu vereinheitlichen
(z.B. das Schisma zwischen BSD und System V rückgängig zu machen - OSF
als Stichwort für Kenner; na, außer Motif - immerhin - ist da nicht
viel von geblieben). Gnu/Linux schickt sich jetzt an, dieses Problem
auf ganz andere Weise zu lösen.

Und insgesamt würde ich jedes Informatikprodukt doch wohl sehr an der
Spitze der kapitalistischen Entwicklung sehen.

Und die Nische von der Anwendung her, beginnt sich ja sehr schnell
auszuweiten.

die wir nun fasziniert feiern, als
eine Sache, die endlich mal ihretwillen und nicht aus anderen komischen
Gründen (ja, komisch!) hergestellt wird. So, und nun gehe mal zu den
Entwicklern und sage ihnen, hallo Du, Du produzierst ja nur
Gebrauchswert und das hat folgende positive Gründe...blabla...und die
ganze Ableitung...

Warum sollte ich ;-) ?

und wenn Du fertig bist, erkläre ihm dann noch, wovon
er seine nächste Miete zahlen soll, wenn er hierzulande Dinge herstellt,
weil er sie gut findet und nicht, weil er davon leben muß.

Wie andernmails bemerkt halte ich diesen Widerspruch für ein
unvermeidliches Phänomen bei einem Prototypen für ein
postkapitalistisches Produkt.

Du sagst
"Bewußtwerdungsprozeß" ---- das ist einfach keine Frage des "man muß es
ihnen nur oft genug erklären". Oder? Hach, ich weiß es ja auch nicht.

Nein, um's erklären *darf* es m.E. gar nicht gehen. Der Witz ist doch,
daß die Menschen *spüren*, daß sie eine geile Sache in die Welt
gesetzt haben - das macht m.E. eine Menge der momentanen Euphorie aus.
Und aus diesem Spüren des Besseren und dem Erleben der Machbarkeit
müßte sich dann halt - ohne große Erklärung von uns - der Wunsch
wachsen, daß auch andere Teile des Lebens so organisiert werden.

Das ist m.E. der einzige Antrieb für eine wirkliche Revolution: Das
viele es im Bestehenden nicht mehr aushalten *und* eine Alternative
vor Augen haben - weswegen die Herrschenden auch eine Höllenangst vor
jeder Alternative haben - siehe z.B. das winzige Kuba, vor dem sich
der Koloß USA nun schon bald vierzig Jahre existentiell bedroht fühlt.

Aber ich schweife ab ;-) ...

Da war jetzt kein einziges Fremdwort dabei, nämlich! (gell, Olli!).

Ich versuche mal mich zu bemühen, Erläuterungen in eckigen Klammern
beizufügen.

Es scheint also in der Tat viele Ähnlichkeiten zwischen Ehrenamt und
der Produktion von Gnu/Linux zu geben.

Ich finde, diese klitzekleine Frage, gibt es eine "Ähnlichkeiten
zwischen Ehrenamt und Produktion von Gnu/Linux" ist die erste und
überhaupt wichtigste Frage, die wir rausfinden müssen, um alle anderen
davon abgeleiteten Fragen überhaupt diskutieren zu können.

Da stimme ich dir zu und finde diesen Thread hier auch - wie du - sehr
hilfreich.

Stefan Merten schrieb außerdem:
Unterschiede scheinen mir die folgenden zu sein:

Ehrenamtliche Tätigkeiten füllen i.a. nur Nischen der kapitalistischen
Vergesellschaftung aus -

Ja, das ist wahr. Aber GNU-/linux ist das nicht auch eine Nische?

S.o. Wenn erstmal Linux auf dem Desktop da ist - m.E. in 2-3 Jahren
der Fall - dann ist wohl endgültig klar, daß es keine Nische ist.

So gesehen scheinen mir ehrenamtliche Tätigkeiten nur den notwendigen
Schmierstoff zu bilden, ohne den die kapitalistische
Vergesellschaftung nicht auskommt.

Siehst Du, Linux wird gerne da eingesetzt, wo die Gelder knapp sind
(Uni, Schulen, usw.) und bilden einen ganz guten Schmierstoff. Oder?

Es wird aber auch - und das ist wichtig! - da eingesetzt, wo Geld
genug da wäre - einfach weil es in vielerlei Hinsicht besser ist.

Das bedeutet nichts anderes, als das Gnu/Linux als nicht
profitorientiertes Produkt die profitorientierte Konkurrenz vom Markt
verdrängt, mithin also ein nicht ignorierbares Beispiel existiert, bei
dem sich freie Kooperation gegenüber Konkurrenz klar als das
überlegene Prinzip herausgestellt hat. *Das* finde ich höchst
bemerkenswert.

Weiterhin stehen ehrenamtliche Tätigkeiten normalerweise nicht in
Konkurrenz zur warenorientierten Produktion.

Das ist wahr. *grübel*. Ein Punkt. Darüber nochmal nachdenken.....ist
notiert.

Schon weitergekommen?

Gnu/Linux hingegen will
ja ganz explizit warenorientierte Produktion (M$) verdrängen.

Wirklich? Wer will das genau? Ich meine Richy redet immer nur davon, daß
alle Software frei sein soll, weil wir alle Menschen sind, die sich doch
helfen sollen..blabla...aber er sagt nicht, daß warenorientierte
Produktion verschwinden soll (ich meine, daß man damit Geld verdient,
dagegen sagt er doch nichts, solange aber stimmt er der Warenproduktion
ja noch zu) und Linus, der macht das alles nach dem Motto "Konkurrenz
belebt das Geschäft", oder? Habe hier zuwenig Infos, ....Fütterung!

Na, vielleicht habe ich da auch zuviel gesagt. Aber meine Wahrnehmung
der echten (technischen) Gnu/Linux-Enthusiasten, die ich z.B. auf dem
hiesigen Linuxtag erleben durfte, ist die, daß sie ein klares
Feindbild M$ haben (and rightly so würde ich hinzufügen ;-) ).
Zumindest diesem warenorientierten Produkt würde wohl kaum jemensch
eine Träne hinterherweinen.

Und wenn ich T-Shirts wie "Linux global world domination" sehe, dann
denke ich, daß auch die einen realen Kern haben.

Nun, wenn wir uns mal anschauen, wie eine Überwindung des Kapitalismus
nach theoretischen Überlegungen aussehen müßte, dann erfüllt Gnu/Linux
einfach viele dieser welcher. Z.B. indem es den Gebrauchswert des Gutes
an oberste Stelle setzt - nicht den Tauschwert der Ware.

Unbestritten. Das ist auf alle Fälle ein Unterschied. Aber diesen
Unterschied gibt es auch bei anderen Herstellungsweisen, wie zum
Beispiel, wenn ich mit Freunden ein Haus renoviere, also nochmal:
Freundschaftsdienste, unbezahlte Arbeit generell, erfüllt dieses
Kriterium auch...

In der Tat. Hmm...

Meine Antwort wäre, daß Gnu/Linux dieses alles auf einer Stufenleiter
tut - immerhin in globalen Zusammenhängen - auf der ich das Gefühl
habe, daß hier eine neue Qualität entsteht. Ah, mir fällt auch ein
Grund ein: Weil sich die Arbeitenden eigentlich nicht kennen ... na
ja, per eMail werden sich schon viele kennen. :-?

sollen wir mal festhalten, daß allein die Tatsache, daß
Linux nur wegen seines Gebrauchs (und nicht wegen Geld) hergestellt
wird, nicht alleine ausreicht, um eine dem Kapitalismus artfremde Sache
zu sein? Daß dazu noch mehr gehört und wir rausfinden werden, was alles?

Bin dabei :-) .

Z.B. indem es von den ProduzentInnen in freier Absprache freiwillig
erstellt wird.

s.o.

Na nenne mir mal ein öffentliches Gut, in dem Arbeitskraft steckt,
dessen Eigentumsverhältnisse aber derart offen - eigentlich vor allem
irrelevant sind. Bei den anderen öffentlichen Gütern wie Straßen und
so - was mir jetzt so einfällt - hast du immer ganz klar eineN
EigentümerIn.

Yup! Noch ein Unterschied. Stimmt. Die Eigentumsverhältnisse!!! Das ist
der grundlegende Unterschied. Sach ich mal.

Ja genau. Und da würde ich auch Rainer widersprechen. Klar sind die
Eigentumsverhältnisse durch die GPL geregelt - aber m.E. eigentlich
nur um sie nicht wahrzunehmen. Vielleicht so eine Art uneigentliches
Eigentum.

D.h. ein unaufregendes öffentliches Gut ist es m.E. schon mal nicht.

Gut. Ja. Stimmt. Angenommen. Nie wieder sage ich, ich gelobe,  Linux sei
wie ein öffentliches Gut. Nie wieder. (...und da sag noch einer,
Mailinglisten bringen nix....)

:-)

Ob das gelingen kann, oder ob Gnu/Linux aus den o.g. genannten Gründen
eben nicht integrierbar sein wird, *das* ist vielleicht die
spannendste Frage überhaupt.

Ja, denke ich auch. Und es steht und fällt glaube ich mit der Meßbarkeit
der jeweiligen Leistung die drinne steckt, oder?

Nö.

Nun will ich noch ein paar Sachen wissen:

1. Welche Unterschiede gibt es noch? Würde das gerne wirklich
festklopfen um diesem Phänomen mal auf die Spur zu komen.
Entmystifizieren (ist das ein Fremdwort?)......

Me too! Allerdings weniger wegen des Entmystifizierens als für das
Verständnis dessen was da abgeht - nur eine richtige Analyse läßt
schließlich richtige Schlüsse zu.

Achso, nochwas:

um eine banale provokante these aufzustellen, der materialismus
marxens haelt mit dem informationszeitalter nicht mit und gehoert
in die mottenkiste der geschichte der industrialisierung.

Nee. Nicht so schnell.

Was ich an dir mag, Sabine, ist deine Neutralität :-) .

Das verstehe ich nun nicht. Hab ich schon wieder was verbrochen (siehe
Olli...;-)....) ?

Ist schon ok :-) . Dein Stil kam mir im ersten Moment vielleicht
härter vor als du es dann letztendlich meinst - aber das gilt für
meinen bestimmt noch viel mehr :-( .


						Mit li(e)bertären Grüßen

						Stefan





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