Message 00206 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT00198 Message: 5/8 L4 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Re: [ox] Fwd: [Detlef Borchers] [WOS] Raymonds Reichtum



Hi Sabine, Benni und alle,

Benni Baermann schrieb:
Ist die Weiterentwicklung von Linux auch WEITERHIN auf ihre
bislang gewohnte Entstehungsart angewiesen?

Ja und Nein. Der Open-Source-Aspekt wird sicherlich weiterbestehen,
weil diese Form der Entwicklung einfach in vielen Faellen
produktiver ist und der herkoemmlichen Methode ueberlegen. Ob dies
allerdings auch weiterhin in "nicht-kommerzieller" Weise geschieht,
ist noch offen. Es werden immer mehr Entwickler bei Linux-Firmen
angestellt. Wichtige Projekte (gcc,kde,gnome) werden zu grossen
Teilen von Firmen gesponsort und vorangetrieben. Die tun das ja
nicht aus Naechstenliebe, sondern weil sie sich davon ein Geschaefft
versprechen (positive Resonanz aus der Community, besseres Image,
bessere Mitarbeiter, ...).

Ich glaube auch nicht, dass der Aspekt des "nicht-kommerziellen" der
wichtigste an der ganzen Entwicklung ist. Der alte Spruch von "free,
like free speak, not free beer" sagt da eigentlich schon alles. Die
Art zu produzieren aendert sich gerade, _obwohl_ es weiterhin
kommerziell ist. Geistiges Eigentum, frueher der Antrieb der
Entwicklung, ist moeglicherweise bald keinen Pfifferling mehr wert.
Nur was bedeutet das?

Der Aspekt des "nicht-kommerziellen", wie Du schreibst, oder der
Entwicklung außerhalb von Verwertungszusammenhängen wie ich das nennen
würde, ist IMHO _der_ entscheidende Aspekt. Das hat Stallman nicht
gerafft mit seinem Spruch vom "free speech not free beer" worauf Linus
Torvalds mal lakonisch bemerkte, ihm sei "free beer" eigentlich lieber.
Wenn "free beer" für Verwertungsfreiheit steht, dann bin ich auch für
free beer, so hats Stallman allerdings nicht gemeint.

Warum verwertungsfrei? Nur außerhalb solcher Verwertungszusammenhänge
(sprich: außer halb von Lohnarbeit) ist wirkliche Entfaltung des
kreativen Menschen möglich. Das hat auch Eric Raymond erkannt, irgendwo
auf seiner Seite zitiert er Untersuchungen, aus denen hervorgeht, das
Menschen viel unproduktiver sind, wenn sie "für Geld arbeiten" als wenn
sie "for fun" sich entfalten. Verwertung und Entfaltung ist ein
unaufhebbarer Widerspruch!

Trotzdem gibt es klarerdings die "Abstauber", wir leben schließlich im
Kapitalismus! Das ist so eine Art sekundäre Verwertung. Lassen sich
immer mehr Leute persönlich von den "Abstaubern" kaufen, dann wird die
freie Softwarebewegung den Bach abgehen. Nach meiner Einschätzung wird
ein bedeutender Teil dagegen aber resistent sein - einfach auch, weil
sie es sich leisten können und nicht auf die Mios scharf sind (siehe
z.B. das Interview mit dem KDE-Entwickler Kalle Dalheimer in der
Computerwoche) und weil sie die gemachte Erfahrung der Entfaltung nicht
missen möchten.

Ciao,
Stefan

-- 
  Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen
  HA II, Abteilung Datenverarbeitung
  Kanzlerstr. 8, 40472 Duesseldorf
--
  stefan.meretz hbv.org
  maintaining: http://www.hbv.org
  private stuff: http://www.meretz.de
--

--------------------------------------------
http://www.homepages.de/home/smerten/Oekonux/



[English translation]
Thread: oxdeT00198 Message: 5/8 L4 [In index]
Message 00206 [Homepage] [Navigation]