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Re: [ox] Paper Linux-ist-wertlos



Hallo, ich finde das Papier sehr interessant. Ich bin nur gespannt,
wie Leute auf Linux-Tagen reagieren, wenn man ihnen (nicht nur bei
diesem Beitrag) so viel Kapitalismustheorie vorsetzt, und dabei
teilweise ueber laengere Strecken gar nicht mehr von GNU/Linux
spricht.
Aber eine vernuenftige Analyse muss wohl so aussehen.

Der Begriff der konkreten Arbeit gefaellt mir nicht sehr:

Das ist mit Freier Software anders. Der erste Antrieb Freier Software
ist die Nützlichkeit. Der erste Konsument ist der Produzent. Es tritt
kein Tausch und kein Geld dazwischen, es zählt nur eine Frage: Macht die
Software das, was ich will. Da die Bedürfnisse der Menschen keine
zufälligen sind, entstehen freie Softwareprojekte. Auch hier geht es
nicht um Geld, sondern um das Produkt. Es gibt keine größere
Antriebskraft als die individuelle Interessiertheit an meinem guten
nützlichen Produkt. Diese Arbeit nenne ich konkrete Arbeit.

Das erinnert mich zu sehr an den marx'schen Begriff der konkreten
Arbeit. Man muss zwar seine Begriffe nicht nehmen, aber wenn man schon
mit Gebrauchs- und Tauschwert ankommt, sollte man vielleicht doch
konsequent bleiben. Das heisst zunaechst, die entfremdete Lohnarbeit
nicht nur als abstrakte Arbeit zu begreifen (als solche schafft sie
Tauschwert), sondern zugleich auch von nuetzlicher Arbeit zu sprechen,
Marx schreibt oft sogar von konkret nuetzlicher Arbeit, die dann eben
entweder Tischlerarbeit oder Baeckerarbeit oder Programmierarbeit ist
und entsprechende Gebrauchswerte erzeugt. Lohnarbeit ist eben nicht
nur abstrakte Arbeit, sondern erscheint in einer konkret nuetzlichen
Form.

Was hier gemeint ist, koennte vielleicht besser als freie oder
freiwillige Arbeit bezeichnet werden.

[11] Eine Diskussion der von ESR verwendeten ökonomischen Kategorien
sowie seiner Spekulationen über die Motivation der Hacker
("Geschenkökonomie") kann ich hier nicht vornehmen. Insbesondere die von
ESR dargelegten ökonomischen Kategorien sind haarsträubend. So
vertauscht er Gebrauchswert und (Tausch-)Wert sowie Wert und Preis nach
Belieben. Das tut der Eloquenz seines Plädoyers für die Re-Integration
Freier Software in die kybernetische Wert-Verwertungsmaschine keinen
Abbruch. Zum Thema "Geschenkökonomie" vgl. Fischbach 1999.

Eine fundierte Erwiderung zu ESRs Thesen waere eigentlich auch mal
ganz schoen und sicher auch einen Artikel/Vortrag wert. Die
Andeutungen in Rainer Fischbachs genannten Artikel hierzu waren aber
auch schon mal sehr spannend.


Alles Gute,
Christian Sievers

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http://www.oekonux.de/



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