Re: [ox] "GPL-Gesellschaft" oder was?
- From: "Thomas Kalka" <thomas co-buero.de>
- Date: Tue, 26 Sep 2000 09:06:00 +0200
Hi!
Es gibt einige Leute, die im Umfeld von Oekonux mit der Bezeichnung
"GPL-Gesellschaft" ihre Schwierigkeiten haben. Leider ist mir zwar die
Begründung nicht ganz klar, aber das Unbehagen scheint groß und noch
dazu schwer artikulierbar zu sein.
Ich gehöre auch zu denen, die diese Schwierigkeiten haben.
Das Unbehagen auf meiner Seite rührt daher, daß ich nicht denke,
daß eine Bezeichnung nichtssagend sein kann. Ein Name ist immer
ein Programm. GPL-Gesellschaft scheint meiner Meinung nach
zu implizieren, daß GPL, d.h. freie Verfügbarkeit, der Grundpfeiler
der zu denkenden alternativen Gesellschaft sei. Dies kann ich mir
weder vorstellen, noch halte ich dies für wünschenswert.
Um dieses zu Begründen muß ich weiter ausholen, was ich
hoffe in baldiger Zukunft ausführen zu können.
Wenn der Begriff "GPL-Gesellschaft" also überhaupt nicht mehr
konsensfähig ist - er war ja von Anfang an unter Kritik -, dann würde
ich dafür plädieren, daß wir hier auf der Liste einen neuen finden.
Ich hielte es jedenfalls für sinnvoll, daß wir mit einem Wort von der
gleichen Sache sprechen und so der Verwässerung vorbeugen.
Vielleicht wäre es hilfreich eine kurze Zusammenfassung der
anfänglichen Kritik hören (bzw. lesen) zu können ?
Meine Base-Line bzgl. eines solchen Begriffs war die: Er soll vor
allem nicht mit altem belegt sein. Ich würde einen zunächst
nichtssagenden Begriff - wie "GPL-Gesellschaft" - dann halt besser
Wie gesagt, der Name ist Programm. Insofern wäre es meiner
Ansicht nach hilfreich, sich über die Grundwerte und Grundforderungen
eines wünschenswerten alternativen Gesellschaftsmodells zu
verständigen. Um die Diskussion anzuregen möchte ich eine
Bezeichnung vorschlagen: Wohlstandsgesellschaft
Zur Begründung ein Zitat aus dem Artikel
" Die ökoligische Wende in der Stadtplanung-
Forderungen der Psychologie an den Wohnungs- und
Siedlunsbau der Industriegesellschaft "
im Web zu finden unter
http://www.theo.tu-cottbus.de/wolke/deu/Themen/971/Harloff/harloff_t.html
Der Begriff Wohlstand
bzw. Lebensqualität wird [] neu definiert.
Wohlstand bzw. Lebensqualität beinhaltet vor allem
anderen physische und psychische Gesundheit. Wir können auch den
altmodischen Begriff Glück bemühen. Glück zu haben
bzw. glücklich zu sein bedeutet mehr als Konsum
materieller Güter - dies ist gewissermaßen sein
passiver ökonomischer Anteil. Glück bedeutet neben der
Befriedigung biologischer Grundbedürfnisse und neben
physischer Gesundheit vor allem Selbstverwirklichung im
sozialen und geistigen Bereich sowie in produktiver
(aktiver) ökonomischer Hinsicht. Letzteres heißt, daß
der Mensch sinnvoll zum eigenen und gesellschaftlichen
Lebensunterhalt beitragen möchte (sinnvolle Arbeit
verrichten). Selbstverwirklichung im sozialen Bereich
liegt vor, wenn das Individuum mit seinen zwischenmenschlichen
Beziehungen zufrieden ist. Im
geistigen Bereich bedeutet sie so viel wie im Einklang
leben mit den eigenen moralischen und kulturellen
Werthaltungen. All
dies sind, ökonomisch betrachtet, Güter, jedoch
immaterielle, d.h. solche, die keinen Marktwert haben.
Qualitatives Wirtschaftswachstum (oder vielleicht sollte
man besser sagen "Gesellschaftswachstum")
bedeutet Wohlstandsmehrung sowohl bei den materiellen als
auch bei den immateriellen Gütern und möglicherweise
bei wirtschaftlich hochentwickelten Ländern gerade oder
sogar nur der immateriellen Güter. Man kann sich des
Eindrucks kaum erwehren, daß das Streben der Menschen
der Industrieländer nach ausschließlich
quantitativem wirtschaftlichen Wachstum, d.h.
nach maximalem Angebot materieller Güter, zu einem
Ungleichgewicht in der Lebensqualität geführt hat. Wir
wollen hier nicht unbedingt den Kritikern des
Wirtschaftswachstums das Wort reden, denn in der dritten
und vierten Welt ist dieses zweifelsfrei erforderlich,
aber möglicherweise auch im Hinblick auf die "neuen Armen"
in der ersten Welt. Dennoch mag bei uns die
Konzentration so gut wie aller gesellschaftlichen Kräfte
auf die Steigerung der Produktion materieller Güter zu
Einbußen, zu Schrumpfprozessen auf der Seite der
immateriellen Güter geführt haben. Wir sehen das als
eine Möglichkeit, eine Frage und keine Feststellung.
Wäre die Frage mit ja zu beantworten, könnte es sein,
daß gesamtwirtschaftliches Nullwachstum bzw. eine
Abnahme bei der Produktion materieller Güter umso mehr
Chancen eröffnete für Wachstum bei den immateriellen Gütern.
Gleichviel - wir halten fest: Ökologische Wende
in der Industrienation bedeutet Streben nach allgemeiner
Wohlstands- bzw. Lebensqualitätssteigerung. Dies
wiederum heißt, da bezüglich der Ausstattung mit
materiellen Gütern in den Industrienationen Überfluß herrscht,
Konzentration auf die gesteigerte Produktion
immaterieller Güter. Man muß
versuchen, die gesellschaftlichen Bedingungen so zu setzen,
daß möglichst alle Menschen
- eine von ihnen als sinnvoll erkannte, innerlich
befriedigende Arbeit ausführen können
- sich in geistiger, kultureller Hinsicht optimal
entfalten können
und
- in harmonischen, befriedigenden Sozialbeziehungen leben
(Mit diesem dritten Punkt wird u.a. gefordert, daß
Kindern ideale Entwicklungsbedingungen gegeben werden,
Erwachsene gute Möglichkeiten zur Bildung von
Partnerschaften und zur Errichtung von Freundschaften
vorfinden und alte Menschen in Würde altern und sterben
dürfen.)
Diese ersten
drei Bedingungen würden gute Voraussetzungen für die
Selbstverwirklichung der Menschen und ihre psychische
Gesundheit schaffen. Gleichzeitig ist der
gesellschaftliche Rahmen menschlichen Lebens so zu
formen, daß
- physische Gesundheit aller Individuen möglichst
umfassend gewährleistet werden kann
- die biologischen Grundbedürfnisse (insbesondere
Hunger, Durst und Schutz vor schädlichen
Klimaeinflüssen) aller befriedigt werden
und schließlich
- alle Menschen angstfrei leben können.
Grüße,
Thomas Kalka
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