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[ox] Wesen et al



Stefan Meretz wrote:

Hi Sabine und Listige,

mit Deinem Rekurs auf Kuhns Paradigmabegriff hast Du die 
richtige
Metadiskussion aufgegriffen.

Hm. Es ist allerdings eine Frage, ob man sich dann aus einer 
Diskussion zurückziehen soll, wenn man merkt, dass die 
Paradigmen sehr stark differieren... ich weiß, das ist anstrengend, 
dann dennoch weiterzumachen. Recht eigentlich würde ich sagen, 
dass man gerade angesichts entgegengesetzter Weltsichten nicht 
aufgeben darf. Aufgeben würde ich erst dann, wenn ich merke, der 
andere hat ein anderes Anliegen als ich. Zum Beispiel wenn ich 
spüre, dass er nicht mein Anliegen teilt, stringent an der Klärung 
von Differenzen zu bleiben, was voraussetzen würde, den anderen 
erst mal zu begreifen und dies würde sich beispielsweise in 
Nachfragen äußern, nicht (nur) aber in Aussagesätzen, die 
"Meinung" verkünden, oder "Vorschläge", usw. Dann wird es 
mühsam und ich komme mir in solcher Art der Debatte vor, als 
würde ich gegen eine Wand reden, als würde man mir gar nicht 
zuhören. Es ist also ein unterschiedliches Ziel einer Debatte, was 
mich zum Aufgeben zwingt, nicht die unterschiedlichen 
Paradigmen (dies war ein wenig an Dich, Hartmut).

Nun zu deinen Bemerkungen zu meinen Aussagen.

dito:

Du hast geschrieben:

Der Witz ist: Jede/r hat _sowieso_ solch einen Blick, hat eine
solche "Brille" auf der Nase. Mein Plädoyer ist nun "nur", das zu
explizieren.

Du hast recht. Im Alltagsgebrauch rede ich auch hin und wieder 
von "der Mensch ist..."-blabla....korrigiere mich dann aber immer 
wieder. Das lässt aber dennoch darauf schließen, dass ich ebenso 
von einem "Menschen an sich"-Denken eingenommen bin. Wie ich 
das auflöse, dazu gleich. 

Das ist ganz im Sinne der Offenlegung der
paradigmatischen Grundlagen.

Yup. Ich schaue es mir auch genau an, dein Paradigma ;-)

Und nach meiner Vorstellung, ist es
notwendig, ein wissenschaftliches Verfahren zu haben, um zu 
diesen
analytischen Grundbegriffen zu kommen. Das habe ich von der
Kritischen Psychologie gelernt.

Hmm. Hier setzt Du - also, in diesem einen rausgerissenen 
Gedanken hier - hier setzt du *erst* Grundkategorie und willst dann 
im Nachhinein ein wissenschaftliches Verfahren dafür gewinnen. 
Ich schlage den umgekehrten Weg vor. Über ein 
wissenschaftliches Verfahren auf die Grundkategorie kommen. 
 
Zweitens und noch viel wichtiger: Im Grunde ist die Annahme 
eines
allgemeinen Menschen als Analysekategorie doch genau das
gleiche wie die in der herrschenden Wissenschaft rauf und 
runter
verinnerlichten Annahmen über "das Individuum" als solches.

Nein, genau nicht. Die herrschende Wissenschaft expliziert das
nicht.

Was meinst Du damit, "sie expliziert das nicht"? "Der Mensch ist 
nutzenmaximierend", das ist doch sehr explizit. Und diese 
Aussage ist den Wissenschaftlern nicht vom Himmel gefallen. Sie 
haben das beobachtet und erklärt (heute nicht mehr, da hast du 
recht, da wird das bereits gesetzt, aber in den früheren Schriften 
wird das noch genau erklärt, wie man von der Beobachtung real 
existierender Menschen auf diese Seins-Annahmen kommt).

In der traditionellen Psychologie z.B. sind die Begriffe
immer schon "da", in der Regel werden sie "definiert" ("Ich 
verstehe
unter xy: ....").

Die Begriffe sind immer schon da? Werden aber in der Regel 
definiert? Dieses "sie sind immer schon da" verstehe ich dann 
nicht. Wenn etwas immer schon da ist, wird es in der Regel gerade 
nicht mehr definiert, sondern gesetzt (wie bei den Prämissen in 
Kuhns Paradigma). Musst mir nochmal erklären.

Sie liegen sozusagen ausserhalb der Wissenschaft
selbst. Faktisch werden sie durch "Anschauung" gewonnen. 
Damit haben
sie den Charakter von wissenschaftsförmig (sprachlich 
aufgemotzt)
verdoppelten Alltagsbegriffen.

Das mit dem Verdoppeln verstehe ich auch nicht so recht. Du 
meinst, die Begriffe sind im Kopf so verankert, entstanden in der 
Wahrnehmungswelt ausserhalb des wissenschaftlichen 
Erkenntnisprozesses werden sie in die Wissenschaft hinein 
transformiert, dann dort nochmal affirmativ definiert und sind 
deshalb "doppelt" Oder wie ???? Kannst Du mir das mal an einem 
Beispiel plastisch machen?

Es wäre IMO ganz falsch, den "verinnerlichten Annahmen über 
'das
Individuum' als solches" durch einfache Negation zu begegnen, 
wie du
vorschlägst.

Ach, ja Scheisse. Da hast Du mich. Das war mir schon während 
des Schreibens meiner letzten Mail bewußt, dass ich nicht einfach 
nur negieren kann, also nur sagen kann "das geht so nicht" ohne 
eine positive Alternative. Hab ich halt gedacht, merkt keiner... ;-) 
Es ist auch schwer, diese Alternative darzulegen, da sie nicht 
denkfertig ist.

Das schüttet das Kind mit dem Bade aus. Das ist nicht
nur defensiv, sondern IMO auch unwissenschaftlich.
Aber es ist in
gewisserweise Trend, postmodern.

Klingt fast, als fändest Du die Postmoderne 
unwissenschaftlich...*lächel*. Das würden sie weit von sich weisen 
wollen, diese Postmodernen.


Die sagen halt, das Indidviduum ("der Mensch") ist
nutzenmaximierend. Auf dieser Basis wird dann alles erklärt 
und
der Kapitalismus beklatscht, als die beste aller Welten, weil nur
dort das Individuum seinen Nutzen total maximieren kann. Dass
Individuum ist nutzenmaximierend ist das durchgesetzte
Menschenbild - sowohl in der Wissenschaft, als auch im
Alltagsdenken der Leute - und der Denkfehler hat seine Wurzel 
in
der Kategorisierung.

Das ist es, was ich mit "wissenschaftsförmiger
Oberflächenverdopplung" meine. 

Da ich das oben noch nicht begriffen habe, wäre es gut, wenn Du 
es mir genau daran, wie du denkst, dass ich wissenschaftlich hier 
verdoppelt habe, erklären könntest.

Wissenschaft muss demgegenüber
_kritisch_, muss _kritische Wissenschaft_ sein. IMO. Der 
Denkfehler
ist nicht die Kategorisierung als solche, sondern die _Art_ und
inhaltliche Qualität der Kategorien.

Du meinst, der Denkfehler liegt darin, *wie* man auf diese 
Kategorien kommt? Ich wäre sehr erleichtert, wenn du mir in 
diesem Punkt zustimmen würdest, dann würde es nämlich wieder 
passen, dass ich denke, der Weg zu dieser Kategorie muss 
wissenschaftlich sein (also, kurzer Einschub: Immer dieses blöde 
"wissenschaftlich". Das ist so befrachtet mit hochheiliger 
Erkenntnis und elitärem Kram. Nennen wir es doch "einleuchtend", 
"nachvollziehbar", "schlüssig" oder?). 

Die meisten Leute kommen durch Oberflächenbetrachtung zum 
Urteil über Menschen, der Fehler ist, dass sie daraus dann eine 
allgemeine Seins-Annahme ziehen. Naturalisieren. Darüber sind wir 
uns einig. Dir habe ich mal unterstellt, dass dies nicht dein Weg 
ist. Das ist eigentlich klar. Deinen Weg genau aber, den habe ich 
noch nicht ganz. Wie und durch welche Sinnesdaten kommst Du 
zu Seins-Annahmen?

Erst die Tatsache, dass ich vom konkreten
Menschen auf einen allgemeinen abstrahiere, bahnt mir den 
Weg
über Aussagen, die ich diesem Individuum dann zuschreibe.

Richtig. Die Knackfrage ist aber: Wie mache ich das? Das ist die
Frage nach dem wissenschaftlichen Verfahren. Die 
konservierenden
"Wissenschaften" vollziehen genau den Fehler, den du 
herausgehoben
hast: Sie schliessen vom vorfindlichen konkreten Menschen unter
bürgerlichen Verhältnissen auf den allgemeinen und naturalisieren
das dann. Diese Art der "Oberflächenverdopplung", diese blosse
"Affirmation" ist der Fehler - nicht das Anliegen überhaupt.

Das Anliegen. Das Anliegen ist dann was? Einen Menschen an 
sich formulieren und denken zu wollen. Das ist das Anliegen. Nun 
kommt es also darauf an, wie ich das tue. Inwiefern? Welches sind 
die Kriterien, nach denen ich dieser Kategorie dann Eigenschaften 
zusprechen kann, wenn nicht nach blosser 
Oberflächenbetrachtung, wie es üblich ist, worin wir uns ja einig 
sind...usw. ? 

Egal,
ob ich ihm zuschreibe, dass das Individuum 
nutzenmaximierend
ist, oder ob ich ihm zuschreibe, dass er gutes will. Es liegt die
gleiche Vorgehensweise - mit unterschiedlichen 
Konsequenzen -
zugrunde.

Nein - g e r a d e  n i c h t  die gleiche Vorgehensweise. Genau 
auf
die Vorgehensweise ist zu gucken. Und natürlich auf die 
Resultate.

Es besteht die Gefahr, dass man dann auf diese
banalen oder sagen wir es freundlicher "nichts mehr 
erklärenden"
Aussagen kommt: Der Mensch ist nutzenmaximierend oder der
Mensch will ein gutes Leben, erklärt deshalb nix mehr, weil 
sowohl
"Nutzen maximieren" als auch ein "gutes Leben" in
unterschiedlichster Weise unterschiedlich mit Inhalten gefüllt
werden kann, je nach gesellschaftlichem oder historischem
Kontext. Es bleiben leere Sätze, weil sie auf solchen hohen
Abstraktionsebenen getroffen werden. (Ich bin nicht 
grundsätzlich
gegen Abstraktion, nur nebenbei)

Jetzt bist Du abgebogen. Du kritisierst die _Aussagekraft_ von
Seinsannahmen. Die "Nutzen-maximieren"-Sicht ist aber so nicht
kritisierbar.

Wieso nicht? Eine Aussage, die daher kommt, als wolle sie etwas 
erklären oder ein Modell der Wirklichkeit abbilden, darin aber völlig 
versagt, weil sie halt so abtrakt gar nichts mehr erklärt, lässt sich 
genau deshalb kritisieren. Am eigenen Anspruch gescheitert. 
Darüber hinaus kann man noch Inhalte kritisieren, das könnte aber 
moralisch werden (wogegen ich so strikt auch nicht bin).


, sondern ausschliesslich über ihren (IMO pervertierten)
Inhalt: Die Naturalisierung konkurrenzförmiger Beziehungen von
Menschen unter fetischistischen Verhältnissen (im Kapitalismus 
in
diesem Fall). Sonst geht das voll nach hinten los: Denn ganz
augenscheinlich sind die Menschen doch nun mal so, oder? 
Sieht man
doch... (so argumentiert Hartmut).

Mein Satz "Jeder Mensch möchte einfach ein gutes Leben" ist
demgegenüber so allgemein, dass er vorfindliche soziale 
Beziehungen
nicht naturalisiert. Ich könnte sogar "ein gutes" weglassen. Das
reicht mir als Ausgangspunkt. Es ist keine "positive 
Seinsannahme"

Achso. Das hatte ich so verstanden. Dann bleibst du zufrieden mit 
"der Mensch will ein Leben"? Aber, du sagst doch selbst, das ist 
allgemein. Konkret wird man dich damit festnageln wollen auf "und 
woraus genau besteht das Leben, das der Mensch will?". 

(Ich sage nicht: Der Mensch ist gut...) - und insofern ist es ein
wenig ungerecht, diese Annahme der  "Nutzen-maximieren"-Sicht
gegenüberzustellen.

Ich weiß, das war ein wenig arg. Aber ich wollte damit nicht 
angreifen, sondern eine Analogie zwischen Denkkategorien 
illustrieren. Wenn Du das mit dem "gut" nicht so meinst, dann 
muss ich davon ab und dich weiter verstehen. Im übrigen hast Du 
es mir ja auch ein wenig heimgezahlt mit den Postmodernen ;-) 

Also: Die Annahme, dass der Mensch ein Individuum ist, die
Abstraktion also vom konkreten Menschen, die ist noch nicht 
so
alt, geschichtlich betrachet. Eigentlich ist dieses Denken ein
Produkt der Entstehung der bürgerlichen Welt. Der Mensch ist
gleich, frei und so weiter. Erst mit dem Auslösen der Leute aus
ihren gesellschaftlichen-sozial-ökonomischen Beziehungen
(Leibeigenschaft, Stände, usw.) hinein ins bürgerliche Leben 
der
gleich doppelt freien Arbeiter, die dann nichts weiter mehr als 
ihre
Arbeitskraft zu verkaufen hatten, begann der ganze 
Kladderadatsch
mit dem Individuum. Die Kategorie des Individuums, die ich mit 
der
Kategorie des Menschen als solches gleichsetzen möchte, 
gab es
vorzumals nicht in dieser Form. Da gab es Kategorien wie "die
Sklaven" oder der "obere Stand", die Leute wurden also in ihren
gesellschaftlichen Rollen/Ständen/Schichten begriffen und 
nicht als
Individuum. (Bitte das alles nun analytisch und nicht wertend
begreifen).

Das ist ja richtig beschrieben - aber doch kein Grund, heute
Wissenschaft nicht zu betreiben, nur weil diese vor 1000 Jahren 
oder
wieviel Jahrne nicht betrieben wurde?

ups. Dass Du das, was die Altvorderen so dachten, 
unwissenschaftlich nennst, erstaunt mich dann doch. In deren 
historisch-kontextuellen Wahrnehmung (in ihrem Paradigma) war 
das sehr wohl wissenschaftlich.

Wir _sind_ rückblickend
schlauer, und das ist gut so.

Sind wir? Gemessen woran "schlauer"?
 
Da wir sowieso solche Abstraktionen alltäglich im Kopf haben, 
auch
Du, Sabine,  bin ich dafür, sie zu explizieren, sie transparent zu
machen, kritisierbar zu machen. 

Na, aber, das ist es doch, was ich versuche. Ich habe sie bei den 
herrschenden Wissenschaften kritisiert, diese Abstraktionen, und 
auch bei Dir, allerdings zu Unrecht, wie sich nun rausstellt. Wobei 
ich aber noch immer nicht Deinen Weg von Beobachtung zu 
Denkkategorie nachvollziehen kann. 

Das führt
zwangsläufig zu Seins-Annahmen.

Was ist daran problematisch?

Naja. Problematisch ist halt, dass es meiner Ansicht nach keine 
Seins-Annahmen gibt. Aber darin gerade sind wir uns uneinig.

Problematisch sind unhinterfragbare
Seinsannahmen, weil man vorgeblich darauf verzichtet.

Du unterstellst mir damit also, dass ich zwar Seins-Annahmen 
habe, intuitiv oder wie auch immer, sie aber dadurch, dass ich sie 
negiere, nicht transparent mache, nicht? Deine Unterstellung kann 
ich nicht ganz leugnen. Auch ich neige dazu, zu sagen, dass der 
Mensch halt irgendwie will, dass ihm gut geht. Mir ist noch keiner 
begegnet, der leidenschaftlich Unwohlsein verfolgt hätte. Aber 
diese Seins-Annahme in meinem Kopf scheitert halt immer wieder 
daran, dass ich beobachten kann, dass Unwohlsein und Gut gehen 
und schlecht gehen und Leben wollen so unterschiedlich besetzt 
werden kann. Nicht nur historisch. Auch aktuell. Ich kenne soviel 
Leute, die irre gerne arbeiten. Ich kenne Leute, die ihr Heil darin 
finden, nichts zu essen. Ach, ich muss dir hier keine Beispiele 
liefern, du weisst, was ich meine. Kurz: Es gibt keine Definition für 
Gut gehen, oder für SEIN WOLLEN oder LEBEN WOLLEN als 
solches (Du hast Dich mit deinem Verzicht auf das "gut" auch sehr 
zurückgezogen, was bleibt nun noch übrig, um meine Frage zu 
wiederholen?).

Damit bin ich nun endlich bei meiner Alternative gelandet. Wie 
angekündigt. Ich kann im Grunde nur von mir selbst ausgehen. 
Was tut mir gut? Was will ich? Wie will ich leben? Ich kann 
schauen, ob ich andere Menschen finde, die das gleiche wollen 
und ich kann dann versuchen, dass mit ihnen durchzusetzen. Ich 
kann dann noch mich dazu versteigen, zu denken, dass das, was 
ich will, auch anderen Menschen gut und besser tun würde, als 
das, was sie derzeit erleben. Das denke ich auch. Und ich kann 
versuchen, sie zu überzeugen, dass sie das auch denken. Das ist 
schlicht alles. Ich kann aber nicht sagen, "das wollen wir alle 
müssen, weil wir so sind, von Natur aus". Das kann ich nicht. Weil 
das weiss ich nicht, wie wir "als solches sind". 

Es gibt unterschiedliche Paradigmen, und insofern bin ich 
postmodern, als dass ich sagen würde, alle haben für sich 
genommen in ihrer Wahrnehmungswelt ihre Richtigkeit. Es gibt 
keine Wahrheit. Ich finde aber halt ebenso meine richtig, richtiger 
als andere, ich lasse nur meine gelten (insofern wieder nicht 
postmodern, wobei die sich auch gerade in diesem Punkt 
widersprechen) und ich versuche genau aus diesem Grund andere 
zu überzeugen, stütze mich dabei aber nicht auf Seins-Annahmen, 
weil ich ständig vorgelebt bekomme, dass die unterschiedlicher 
nicht waren und sein können. Seins-Annahmen sind daher 
schwache Unterstützer meiner Argumente. Es geht - wie bei Kuhn -
 um Überredung und zwischen Glauben und Nicht-Glauben gibt es 
Annäherungsmöglichkeiten, mal stärker mal schwächer. 

So. Was sich über den Menschen sagen lässt, ist, dass er in 
gesellschaftlichen Bezügen erst *wird* - das aber heißt im 
Umkehrschluss, dass er individuell nicht sein kann, also nicht *ist*. 
Um noch dem elenden Mißverständnis von Kollektivdogma 
entgegenzuwirken: Erst wenn ich Abstand nehme von einem 
"Menschen an sich" verhindere ich eine Übertragung von Seins-
Annahmen auf ein Kollektiv (ein Kollektiv erfordert erst konstruierte 
Gemeinsamkeiten, die nur durch Abstraktion vom Konkreten 
zustande kommen). Statt dessen - nun wird es paradox - 
ermöglicht mir erst das Abstand nehmen vom "Menschen an sich" 
das Betrachten des endlich (!) konkreten Menschen in seiner 
Besonderheit, in seinem Individualismus. Und: Jeder ist ein 
besonderer Mensch und nur in Sozialisation mit den anderen 
Besonderen entwickelt und schärft er sein individuelles SEIN. 
Vorsicht Paradigma! Ich besetze Individualismus also mit einer ein 
wenig anderen Konnotation, als im üblichen Sprachgebrauch. 
 
Du führst hier selbst vor, in welches Fahrwasser du gerätst, wenn 
du
gar nicht mehr von "dem Menschen" sprechen kannst. Welchen 
Rückzug
Du antreten musst. Nein, es geht nicht um "die Menschen", 
sondern um
den individuellen Menschen, um das Subjekt, um "je mich".

Vielleicht sind wir gar nicht so weit auseinander.


Liebe Grüße
Sabine



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