Re: [ox] Billige und andere Produktionsmittel
- From: Thomas Uwe Gruettmueller <sloyment gmx.net>
- Date: Thu, 2 Nov 2000 05:42:57 +0100
Hallo!
Monatealte Mails aufarbeitend... uff...
On Die, 03 Okt 2000, Stefan Merten wrote:
Traditionelles Handwerkzeug aller Art (Hammer, Zange, Säge,
Schraubenzieher...), motorisiertes Werkzeug (Bohrmaschine, Nähmaschine,
Akkuschrauber, Drehbank...), Elektro- Werkzeug (Lötkolben, Meßgerät,
Oszillograph...)...
"Handwerklich" ist eigentlich eine ganz gute Einordnung.
Die aufgezählten Sachen haben alle gemein, daß sie für berufliche
Anwendung konstruiert wurden (und auch dazu eingesetzt werden), jedoch an
Privatleute zu deren privatem Zeitvertreib verkauft werden.
Das ist nicht ganz richtig. Es gibt da nach meiner Kenntnis schon
erheblich unterschiedliche Modelle für den Hobby- und für den
Profi-Bereich. Die Anforderungen sind ja auch durchaus
unterschiedlich.
Da es eine viele Leute gibt, die wenig zu bezahlen bereit sind und umgekehrt,
gibt es für erstere nur den veralteten oder abgespeckten Krempel. Man will
als Hersteller ja möglichst _alle_ abzocken.
An diesen Geräten muß
gewöhnlich immer ein Mensch stehen, d.h. sie tun nichts selbständig. Dies
ist auch der Grund, warum es immernoch keine automatischen Webstühle für
Privatleute zu kaufen gibt. Niemand will sich soetwas ins Wohnzimmer
stellen.
Das ist nicht der Grund. Kein Privatmensch hat einen Nutzen von einem
automatischen Webstuhl und die Selbstentfaltung kann sich an so einem
Teil auch nicht gerade andauernd austoben.
O.g. Werkzeuge sind zwar nützlich, werden aber von Privatleuten oft nicht
deswegen, sondern nur als Spielzeug gekauft. Das Herumspielen geht an
Webstühlen nicht so gut.
Bei Autos - die die Leute sich immerhin in Massen ins Wohnzimmer
stellen -, sieht die Rechnung bzgl. Nutzen und Selbstentfaltung
offenbar anders aus. Deswegen stehen die in (ihren
Privat-)Wohnzimmern.
Meinst du Computer???
Das ist ein Sonderfall. Der kann nämlich beides sein, hochgradig
automatisiertes Produktionsmittel und Spielzeug. Dabei kann man schlecht den
einen Aspekt einschränken.
Worum es mir geht, ist, daß es nicht eine Frage der Komplexität ist, ob
eine Maschine für 100.-- DM im Baumarkt zu haben ist, sondern, daß es
sich aus der Nachfrage erklärt.
Na, wenn es so einfach wäre, dann fragen wir doch einfach mal ganz
kräftig Industrieroboter für 100DM nach...
Wenn du noch eine Null dranhängst, dann wird das schon realistischer. Wenn
eine Massennachfrage nach billigen Robotern für den Heimbereich besteht, wird
dafür auch produziert. Das Geschäft will sich keiner entgehen lassen.
Vielleicht werden die Geräte für Profis unbenutzbar sein, damit diese
weiterhin Unsummen bezahlen, aber trotzdem...
Industrieroboter würde ich so einschätzen wie Computer. Man kann sie
selbständig sinnvoll arbeiten lassen, aber sich auch ziemlich kreativ daran
austoben.
Problematisch ist, daß die Teile gewöhnlich groß, laut und gefährlich sind.
Das könnte viele Käufer und Hersteller abschrecken. Oder aber die
Soho-Roboter werden so schlapp, daß sie sogar beim Gartenumgraben überfordert
aufgeben.
Die Idee war nun wohl, daß diese einfachen Produktionsmittel gepaart
mit dem Gedanken Freier Produktion zu Freien Gütern führen könnten.
Diese manuell zu bedienenden Produktionsmittel eignen sich, wie schon
gesagt, nicht für die Massenproduktion. Dennoch ist, z.B. im Bereich der
Elektronik, die Erstellung von Prototypen mit diesen Werkzeugen möglich.
Das finde ich ein dünnes Argument. Einen Prototypen kann ich auch mit
einer hochuniversellen, aber hochkomplexen Maschine herstellen.
Richtig. Vorausgestzt, man verfügt darüber. Eigentlich wollte ich damit
sagen, daß eine Bohrmaschine für 20 Mark nicht völliger Müll ist, sondern
sich, wenn schon nicht mehr zeitgemäß zur Massenproduktion, doch gut zur
Einzelstückproduktion eignet, z.B. für Prototypen.
Solche, die heute in der produzierenden Industrie eingesetzt werden
- z.B. der Industrieroboter an einem Band zur Autoproduktion. Diese
Produktionsmittel sind irrsinnig teuer - so teuer, daß die
Möglichkeit, sich eine solche Maschine anzuschaffen oder nicht über
die Fortexistenz einer Firma entscheiden kann.
Das Problem an diesen Produktionsmitteln ist, daß sich gar nicht erst
Bedarf nach ihnen entwickeln kann, da sie für die Massenfertigung
proprietärer Produkte gedacht sind.
...denn selbst, wenn jemand solche Maschinen haben wollte, dürfte er sie
nicht benutzen.
Na, also ist doch ein Bedarf da.
Nö. Die Roboter, mit denen BMWs zusammenmontiert werden, sind zu nichts zu
gebrauchen als eben zum Zusammenmontieren von BMWs. Und das darf nur der
Inhaber des Gebrauchsmusterschutzes dieses Autos. Wer ausser ihm sollte also
Bedarf nach diesen Robotern haben?
C. Eine Textilmaschine, die (mit freier Software konfiguriert) einen
Stoff-Rohling gefuettert bekommt und je nach Programmierung ein
bestimmtes Kleidungsstueck automatisiert schneidet und naeht.
Geruechte sagen, dass bei Mustang das schon moeglich ist.
Aber die dortigen SchneideNaehMaschinen sind sicher noch
sehr teuer und sehr wenig platzsparend, so dass sie schon auf dem
"Sprung in die Bevoelkerung waeren".
Ist das ein gutes Beispiel? Brauchen wir überhaupt so individuelle Klamotten?
Ich denke, daß der "Sprung in die Bevölkerung" wie bei anderen
Produktionsmitteln hier der falsche Weg ist. Wie gesagt: Der
Abenteuerlust unterwerfen aber (erst mal) in den Fabrikhallen.
Warum kann der "Sprung in die Bevölkerung" nicht darin bestehen, daß
z.B. Pfaff - um mal ein (notleidendes) lokales Unternehmen zu wählen -
kurzerhand der Bevölkerung übereignet wird? In irgendeiner GPLisierten
Form, über die wir noch viel zu wenig reden?
Unter die GPL und ähnliche Lizenzen stellen kann man nur Kopierbares. Soeine
Firma könnte sich natürlich auf den Entwurf Freier Produkte spezialisieren,
jedoch kann sie sich dann nicht mehr über den Verkauf dieser Produkte
finanzieren, da das dann ja bald jeder darf. Sie könnte sich aber für den
Entwurf neuer Vorlagen bezahlen lassen von interessierten
Klamotten-Herstellern.
Interessanter wäre aber die Idee, die Firma in eine Art Verein umzuwandeln,
welcher die Gerätschaften dafür bereit hält, daß gelangweilte Jungrentner auf
Bürgergeld, die sich ihres Nichtstuns wegen vielleicht sogar für würdelos
halten ( Huhu, Hartmut ;o) ), freiwillig einer sinnvollen Beschäftigung
nachgehen können, nämlich der Forschung an der Freien Idealklamotte.
Tschüß,
Thomas
}:o{#
PS: Noch 57 ungelesene Mails :o(
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