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RE: [ox] Technik und Selbstentfaltung



Stefan Merten wrote:

Wie gesagt: Ich streite ja die Ausbeutung nicht komplett ab. Neben
Rohstoffen würde ich z.B. auch Umweltbestimmungen erwägen.

DAS verstehe ich nicht.

Wer pflueckt die Orangen, den Kaffee usw.

Na, Orangen und Kaffee sind aber nun eben nicht Waren, von denen
Produktivkraftentfaltung abhängt - na gut, Kaffee vielleicht ;-) .
Wenn dann müßtest du schon mit mineralischen oder Energierohstoffen
argumentieren.

Oh, nachwachsende Rohstoffe werden durchaus wachsende Bedeutung auch fuer
die Produktivkraftentfaltung gewinnen. Und auf die anderen Rohstoffe hast Du
ja schon hingewiesen. Wobei sich mein Argument nicht nur auf die Rohstoffe
bezog, sondern auch auf weiterverarbeitete Produkte, die moeglicherweise
deswegen aus der Sicht einiger Proponenten naturwuechsig in
Replikator-aehnlichem Umfang zur Verfuegung stehen, weil den Produzenten in
der Zweiten und Dritten (und zunehmend der ersten) Welt wesentlichen
Grundlagen einer menschenwuerdigen Existenz vorenthalten werden.

Aber ich behaupte mal, daß selbst wenn die Industriestaaten nicht nur
den Scheichs ordentliche Preise zahlen würden, sondern auch anderen
rohstoffexportierenden Ländern, würde das am hiesigen Reichtum nicht
prinzipiell was ändern.

Es wuerde zumindest eine gewisse Umverteilung erfolgen. Und in der Tat bin
ich (wie Du vermutlich auch) der Auffassung, dass man Produktion und
Verteilung auch so organisieren kann, dass nicht 2/3 der Menschheit vom
Fortschritt ausgeschlossen werden muessen, damit der Westen sein Niveau
halten kann. wenn ich das denken wuerde muesste ich in der Ta (wie Du es mal
in einem anderen Beitrag gegenueber einem TN formuliert hast) ein
EU-Festungsbauer werden.

Genau Afrika ist das Gegenbeispiel. Wenn die verschärfte Ausbeutung
hier den Reichtum so gewaltig erhöhen würde, glaubst du, daß Afrika so
an mangelnder Ausbeutung leiden würde wie es tut?

Es koennte sein, dass wir es in Afrika in weiten Teilen mit einer noch
vor-kapitalistischen Ausbeutung zu tun haben, also mit mehr oder weniger
simplem Raub. Wo eben noch nicht mal industrielle Ausbeutungsstrukturen
entstehen, welche dann den Betroffenen es ermoeglichen zumindest
mittelfristig an der Produktivitaetssteigerung zu partizipieren.

Wie gesagt: Ich denke schon, daß beides da ist. Aber die verschärfte
Ausbeutung sowohl bei uns als auch im Trikont ist ja auch nur eine
Folge der rasanten Produktivitätssteigerung: Wenn die Maschinen die
Arbeit nicht so entwerten würden, müßte ja niemensch zu diesen
Bedingungen arbeiten.

Sicher richtig und was folgt daraus? Dass man diese
Produktivitaetssteigerung umverteilen muss? Ich wuerde sagen ja. Aber warum
sollte das automatisch passieren?

Ich sehe eine Ausweitung von Arbeit in dem was man informeller
Sektor nennt.

Ja, wie ich sagte: Nur als Folge von Prekarisierung. Ey Mann, Ende der
Sechziger, Anfang der Siebziger gab's im Westteil dieses Landes einen
Zustand namens Vollbeschäftigung - im formellen Sektor. Nur mal so als
Meßlatte.

Richtig. Es kann sein, dass es sich historisch um eine besondere
Konstellation aus Aufbauprosperitaet und Fordistischem Klassenkompromiss
gehandelt hat. Dazu kam die Konfontation mit der zumindest theoretisch
vorhandenen Alternative Ostblock/DDR.

Mit einer 25-Std. Woche bei vollem Lohnausgleich koennten wir heute auch
Vollbeschaeftigung haben. Aber die Kraefteverhaeltnisse haben sich (leider)
seitdem geaendert. Wir erleben ja gerade, dass eine Ausweitung der
Produktivitaet nicht mehr zu einer erhoehten Beschaeftigung fuehrt. Nur
daraus abzuleiten, dass sich das als sozusagen gegensaetzliche Trends in
beide Richtungen bis an einen Schwellenwert fortsetzt (und dann 5%
Pharaogesellschaft oder Revolte??), halte ich fuer gewagt.

Der Kapitalismus als System kann mit massiv steigender Produktivitaet und
auch mit einer realen Arbeitslosigkeit von sagen wir 40% sehr gut leben.

Markus


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