Re: [ox] VG Wort und GFDL
- From: Thomas Uwe Gruettmueller <sloyment gmx.net>
- Date: Sun, 19 Nov 2000 09:18:22 +0100
Hallo, Stefan!
Mir ist aufgefallen, daß ich deine Frage gar nicht wirklich beantwortet
habe...
On Fre, 17 Nov 2000, Thomas Uwe Gruettmueller wrote:
On Don, 16 Nov 2000, Stefan Meretz wrote:
bitte kannst Du mir auf die Sprünge helfen: Ist die Anmeldung eines
Textes bei der VG Wort mit der GFDL vereinbar?
Das weiß ich (bei nochmaligem Nachdenken) eigentlich gar nicht so genau.
Man überträgt dabei der VG Wort gewisse Rechte. Es müßte also geklärt werden,
ob es sich um Rechte handelt, die der GFDL wiedersprechen. Sofern ich das auf
den Webseiten der VG Wort überblicken konnte, übernimmt diese ihrem
Selbstverständnis nach nur solche Rechte wahr, die über die vertraglich
vereinbarten Regelungen hinausgehen. Wenn der Autor also seinen Lizenznehmern
selbst einräumt, selbst Kopieen anzufertigen, ohne eine Gegenleistung zu
verlangen, hat er Pech gehabt. Wenn nun der Autor der VG Wort gegenüber
solche Texte angibt, könnte dies in betrügerischer Weise geschehen. Um dies
herauszufinden, müßte man sich den üblichen Vertrag zwischen VG Wort und
Urheber einmal näher ansehen.
Ein weiterer Punkt ist die Frage, ob die Kopiergeräteabgabe auch auf
allgemeine Druckmaschinen zutrifft. Es wäre ja paradox, wenn Druckereien für
die Aufträge der Verleger auch VG Wort-Abgaben zu zahlen hätten. Das wären ja
Abgaben auf die Erstnutzung, was ich mir nicht vorstellen kann. Die Frage ist
daher, ob ein kleiner Verlag, z.B. der einzelne GFDL-Lizenznehmer, für den
sich der Betrieb einer richtigen Druckmaschine nicht lohnt, ein Kopiergerät
erwerben und (mit penibel einzuhaltenden Auflagen) zur Druckmaschine
umdeklarieren und sich die Kopiergeräteabgabe zurückerstatten lassen kann.
Davon hängt ab, ob überhaupt vergütungspflichtige Handlungen an dem Werk zu
erwarten sind.
Nachzuprüfen wäre ferner, ob man denselben Text überhaupt mehrfach anmelden
kann, wenn, wie es bei Freien Texten üblich ist, eine Serie von Versionen
vorliegen. Desweiteren wäre zu klären, ob im Falle eines Forks der zweite
Maintainer ebenfalls den Text anmelden darf. Diese Flut von Anmeldungen immer
des gleichen oder nur leicht veränderten Textes hätte zur Folge, daß erstens
ein riesiger Verwaltungswasserkopf entstünde und sich zweitens eine
Verschiebung der Ausschüttungen zugunsten der Texter Freier Texte ergäbe.
Selbst, wenn nur Patches angemeldet werden dürften, ergäbe das zumindest,
angesichts der vielen üblichen Co-Autoren, die gerade erwähnte Überflutung
der VG-Verwaltung.
Noch lustiger ist, daß die VG Wort Co-Autoren zu gleichen Teilen entlohnt.
Dies führt angesichts der expandierenden Zahl der Co-Autoren zu schrumpfenden
Einnahmen bei den einzelnen Autoren. Hierdurch wird fraglich, wozu dann der
einzelne Autor das Werk überhaupt anmelden sollte.
Ein letzter Punkt, der mir einfällt, ist die Frage, was passiert, wenn der
GFDL-Lizenznehmer, also im Regelfall der Käufer eines Exemplares, gegen die
Bedingungen der GFDL verstößt. Vermutlich wird er dann nicht das Buch
zuklappen müssen und nie mehr lesen dürfen, sondern einfach auf den Status
eines Käufers proprietärer Literatur zurückfallen. In diesem Fall hat er laut
Gesetz immernoch das Recht, in einem bestimmten Umfang Auszüge zu kopieren,
was eine Zweitnutzung darstellt, auf die ein Recht auf Vergütung besteht, das
über eine VG abzuwickeln ist. In diesem Falle wäre eine Vergütung über die VG
Wort dann doch sinnvoll und nicht etwa betrügerisch. Zu beachten wäre aber,
daß ein Bruch der GFDL nur sehr selten zu erwarten ist, weswegen die
Ausschüttung niedriger ausfallen müßte. Daher müßten Autoren und "Verleger"
von copygelefteten Texten eine eigene Kategorie "Copyleft" neben Schöngeist,
Journalismus und Wissenschaft erhalten.
Diese vielen Punkte sollte man mal am besten mit der VG Wort selbst oder mit
einem Rechtsanwalt klären. Je mehr ich mich mit der Materie befasse, um so
mehr Fragezeichen stellen sich bei mir ein.
Tschüß,
Thomas
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