[ox] Die Anwendbarkeit der Werttheorie
- From: Hans-Gert Graebe <graebe informatik.uni-leipzig.de>
- Date: Mon, 27 Nov 2000 12:36:54 +0100 (MET)
Franz (22 Nov) schreibt
Vom heutigen Stand des gesellschaftlichen Bewußtseins ließe sich
argumentieren, daß die Nützlichkeit für *ein* Bedürfnis eine
relativ abstrakte Beschreibung der stofflichen Qualität des
Gesellschaftlichen Reichtums ist. Bekannt ist diese Kritik
spätestens seit die Unterscheidung von "Wirkung" und "Nebenwirkung"
bei Medikamenten als Ideologie zurückgewiesen wurde. Deswegen muß
man heute sogar per Gesetz von "unerwünschten Wirkungen" sprechen.
Übertragen auf den Gebrauchswertbegriff ließe sich argumentieren,
daß es sich primär um ein Versprechen und gar nicht so sehr um eine
objektive Eigenschaft handelt;
Hmm. Was ist eigentlich "Nützlichkeit" im streng marktwirtschaftlichen
Sinne ? Kommt schließlich in der Definition "produktive Arbeit =
nützliche, zweckgerichtete Tätigkeit" vor. Ist das (wie ich Franz
hier verstehe) eine objektive Kategorie (also gibt es "nützlich an
sich") ? Oder eine relationale, die ein _Verhältnis_ zwischen
Produzent und Konsument ausdrückt ("nützlich für wen") ? In letzterem
Verständnis (zu dem ich neige) gäbe es zwei Sorten von "unerwünschten
Wirkungen": Solche, die Produzent oder Konsument in ihrem
Marktverhältnis treffen und damit schlicht als Fehlkalkulation eines
der beiden zu bezeichnen sind, und die sog. "Kollateralschäden" (a la
BSE), die erst durch eine entsprechend strukutrierte _Öffentlichkeit_
operationalisiert werden können. Die passt in kein Marktmodell.
Graham (22 Nov) schreibt
An individual program is a product; it is produced by labour.
If it is produced to sell it is a commodity. If it is produced by
paid labour for capital, but not to sell (eg. a control system for
unique machine tool) it is not a commodity. But in either case it
has value, based on the time taken to produce it.
"... abhängig weniger von der Arbeitszeit und dem Quantum angewandter
Arbeit als von der Macht der Agentien, die während der Arbeitszeit in
Bewegung gesetzt werden und die selbst wieder [...] in keinem
Verhältnis steht zur unmittelbaren Arbeitszeit, die ihre Produktion
kostet, sondern vielmehr abhängt vom allgemeinen Stand der
Wissenschaft und dem Fortschritt der Technologie." ([Grundrisse,
S. 592])
Kann man einem _solchen_ Produkt wirklich einen marktwirtschaftlichen
_Wert_ auf der Basis eines Zeitmaßes zuordnen? Die Rechnung
funktioniert vielleicht für "Programme von der Stange", die mit guten
Tools zusammengeklickt werden können. Aber für kompliziertere mit
entsprechender kreativer Komponente? Es ist schließlich nicht die
_individuelle_, sondern die _durchschnittliche_ Arbeitszeit, die als
Wert in (klassische) Produkte eingeht. Red Hat legt einen _Preis_,
keinen Tauschwert fest.
Stefan Meretz (22 Nov) schreibt
FS ist nützlich, aber sie ist aus der Verwertung faktisch draussen,
weil sie unknapp ist (mal von dem knappen Drumherum abgesehen) und
damit _wertlos_, eben auch _gebrauchswertlos_.
Habt ihr wahrscheinlich schon ausführlich vor meiner Zeit diskutiert.
Aber ich frage trotzdem: Wieso ist FS unknapp? Kann ein Produkt
unknapp sein, dessen Produzenten knapp sind? Jedenfalls scheinen
Programmierer momentan extrem knapp zu sein, denn unsere Informatik-
studenten gehen weg wie die warmen Semmeln.
Hans-Gert Gräbe
PS: Neueste Kolumne der Computer-Zeitung (23.11.): "Der Tod von
Opensource" von Michael Reiter, siehe
http://www4.computer-zeitung.de/cz/aktuell/artikel/artikel.974888353.23925.html
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