Message 01508 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT01460 Message: 5/6 L1 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

[ox] Wert, Mehrwert, produktive Arbeit und mehr



Uli Leicht schrieb in seiner langen und sehr interessanten mail vom 25
Nov u.a.

   Bei uns ist es nicht ganz so schlimm. Wir produzieren zu 80 % nur
   den Müll von Prospekten und anderen Akzidenzien, die nach
   einmaligen Lesen oder direkt im Papierkorb landen und deren Nutzen
   wesentlich darin besteht, die rapide wachsende Müllentsorgungs- und
   verwertungsindustrie am Laufen zu halten.  Allerdings wird dadurch
   keine Kapitalakkumalation angeschoben, obwohl der einzelene
   Arbeitsprozeß eines Müllwerkers auch ein mehrwertschöpfender zu
   sein scheint, sondern ein immer größerer Teil der
   gesamtgesellschaftlichen Mehrwertschöpfung für den wachsende Anteil
   der unproduktiven Gemeinkosten für die gefährlichen und Leben
   bedrohenden Folgen, Schäden und Abfälle der kapitalistischen
   Verwertungsmaschienerie aufgebracht.  Und ich glaube, auch in
   unseren fraglos industriellen Druckbetrieben findet vorwiegend
   keine substantiell produktive Arbeit, gesamtgesellschaftliche
   Mehrwertschöpfung statt.

Wie heißt es da so schön bei Robert Kurz: "Die Menschheit ist damit
konfrontiert, daß sie durch die selbstgeschaffenen Produktivkräfte
hinter ihrem Rücken auf der inhaltlich-stofflichen und 'technischen'
Ebene kommunistisch vergesellschaftet wurde. Dieser objektive Zustand
ist mit den konträren Subjektformen an der gesellschaftlichen
Oberfläche unvereinbar. Der vermeintlich gescheiterte Kommunismus, mit
dem die Zusammenbruchsgesellschaften nachholender Modernisierung
verwechselt wurden, ist weder Utopie noch ein fernes, nie zu
erreichendes Ziel weit jenseits der Realität, sondern er ist schon da,
er ist das Allernächstliegende in der Wirklichkeit selbst, freilich in
verkehrter negativer Form innerhalb der kapitalistischen Hülle des
warenproduzierenden Weltsystems: nämlich als verkehrter Kommunismus
der Sachen, als globale Vernetzung des Inhalts der menschlichen
Reproduktion; gesteuert jedoch durch die blinde und tautologische
Selbstbewegungsstruktur des Geldes, die keinerlei sinnlicher
Bedürfnislogik folgen kann... (R. Kurz: Der Kollaps der
Modernisierung, S. 289)

Anders: Der kausale Horizont der Vergesellschaftungsmechanismen ist
schlichtweg zu eng für heutige technologische und gesellschaftliche
Erfordernisse.  Ich sehe allerdings auch im bisherigen Oekonux-Konzept
keine Ansätze, die diese Dimensionen deutlich werden lassen. "Spaß
haben" ist eine ebenso "blinde" Steuerkraft.

Zur tendenziell fallenden (oder nicht) Profitrate schreibt Uli Leicht
dann noch

   Die Gewinnsteigerung ist in diesem Fall gar kein Zeichen von Stärke
   des Kapitals, sie basiert nämlich nicht auf einer gestiegen Wert-
   oder Mehrwertschöpfung, sondern wesentlich schlicht aus einer
   staatlichen Profitraten-Subvention per drastischer
   Steuerentlastungen nie dagewesenen Ausmaßes. Der Preis ist
   volkswirtschaftlich wiederum hoch, eine Staatsverschuldung nie
   gekannter Höhe. Die Wachstumsraten des Volkseinkommens
   (Unternehmergewinne und Lohneinkommen), aus denen der Staat seine
   Steuern bezieht, haben sich seit 1970 bis 1997 von 8,3 auf 4,1 %
   halbiert.  Um dem langfristigen Fall der Profitraten
   entgegenzusteuern ist die Steuerlast für Unternehmen von
   gleichbleibend ca 21 % für die Jahre von 1960 bis 1980 auf heute
   nahezu nur noch 8 % heruntergeschraubt worden. Selbst die Gewinne
   sind in Zeiten, da der Kapitalismus an seine endlichen Schranken
   stößt, nicht mehr das, was sie einmal waren, Resultat
   galoppierender Wertschöpfung und Kapitalakkumulation, sondern
   galopperender Verschuldung. Ob das noch 30 Jahre gutgeht? Wir
   sollten und darauf einrichten, das dem nicht so ist.

Dieses zentrale Motiv neoliberaler Standortlogik, die den gesamten
Infrastrukturbereich zunehmend trocken legt, kann man gar nicht oft
genug betonen. Volle Zustimmung !!  Das tangiert allerdings auch die
"Springquellen", aus denen die Leute finanziert werden, die heute FS
schreiben.

-- 
Mit freundlichen Grüßen, Hans-Gert Gräbe

_________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



[English translation]
Thread: oxdeT01460 Message: 5/6 L1 [In index]
Message 01508 [Homepage] [Navigation]