Re: [ox] Die Anwendbarkeit der Wertkritik in der Informationsgesellschaft
- From: "rhizom 00" <rhizom00 hotmail.com>
- Date: Tue, 05 Dec 2000 00:16:46 +0100
Stefan wrote:
"Politik" gehört zu den Kategorien des Kapitalismus. Mit deinen
Worten kann innerhalb dieser Gesellschaftsform die "Politik" mit
"Politik" nicht aufgehoben werden. Willst Du den ganzen alten
Scheiss nur "politisch" anders steuern?
Politik ist genauso wenig wie Ökonomie eine rein kapitalistische Kategorie.
Sondern zunächst gibt es allgemeine Definitionen (bei Ökonomie die
Produktion, Allokation und Distribution von Ressource, für Politik siehe
mein Politik-Posting), und dann konkrete Definitionen für jede
Gesellschaftsform.
Was ich sage ist, daß es im Kapitalismus kapitalistische Ökonomie und
kapitalistische Politik gibt. Und auch innerhalb des Kapitalismus eine
emanzipatorische Politik (Selbstorganisation), deren Ziel die UNMITTELBARE
Aufhebung des Kapitalismus als Ganzes sein muß, da es ansonsten zu neuen
Herrschaftsformen kommt, die noch immer mit bürgerlichen Kategorien
operieren. Ein Fortschritt ist nur eine Gesellschaft ohne diese Kategorien,
nicht eine mit veränderten. Wenn Du also z.B. das Leistungsprinzip
beibehalten willst, so ist das zutiefst bürgerlich. So eine Gesellschaft ist
dann notwendigerweise noch bürgerlich.
Und ich stelle in Frage, daß es innerhalb des Kapitalismus eine
emanzipatorische Ökonomie gibt. Daher Primat der emanzipatorischen Politik
um unmittelbar eine herrschaftsfreie Gesellschaft zu erreichen, in der es
einen Primat der Politik über die Ökonomie gibt und Selbstorganisation in
allen gesellschaftlichen Bereichen.
Siehe auch mein Politik-Posting.
Das Ziel muss sein den Wert mit samt dem Kapitalismus
aufzuheben - alles andere ist doch wirklich witzlos. Und der Anfang,
die Keimform eines qualitativen Entwicklungsschritts liegt _immer_
im Alten. Das muss so sein, anderenfalls könntest du Entwicklung
überhaupt nicht mehr erklären.
Absolute Zustimmung, daß es um die Aufhebung des Kapitalismus geht. Nichts
anderes hab ich gesagt.
Eine Keimform muß es auch geben, allerdings meiner Ansicht nach eine
politische und keine ökonomische.
Das, was von vielen als ökonomische Keimform bezeichnet wird, ist letzten
Endes oft nur ein Kapitalismus neu mit noch intensiver Ausbeutung im Sinn
der relativen Mehrwertproduktion und geistiger Integration der
Ausgebeuteten. Damit meine ich vor allem partizipatorisches Management und
neue Managementmethoden, die von manchen als emanzipatorisch angesehen
werden.
Emanzipation bedeutet die Aufhebung von Herrschaftsverhältnissen. Eine
Keimform muß bereits nach diesen Kategorien der Herrschaftsfreiheit und der
Aufhebung der bürgerlichen Kategorien angelegt sein. Politisch geht das
wesentlich einfacher als ökonomisch. Die ökonomischen Zwänge des
Kapitalismus sind eben nicht transzendierbar. Und das Resultat jener, die
dann meinen, es gebe eine ökonomische Keimform, ist, daß sie kapitalistische
Prinzipien beibehalten und das als fortschrittlich bezeichnen. Sehe ich
nicht so, ist wohl eine Frage von welcher Art der gesellschaftlichen
Evolution man ausgeht. Sprunghaft oder kontinuierlich. Ich denke, daß alle
grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen nur durch qualitative Sprünge
in Bifurkationspunkten der Geschichte vor sich gehen. Daher die Ablehnung
des Reformismus.
Auch wenn Du Modzilla nicht als Freie Software siehst. Es zeigt, wohin diese
ganze Begeisterung für diesen Bereich führt - Subsumtion unter das Kapital.
Und Menschen, die sich daran beteiligen, denken sich dann evtl. auch noch,
sie handeln emanzipatorisch. Das ist dann schon eine ganz schöne
ideologische Integrationsleistung des Kapitalismus, wenn er Menschen so
manipuliert, daß sie denken, emanzipatorisch zu handeln, aber tatsächlich
den Kapitalismus reproduzieren helfen.
LG,
Christian
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