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Re: [ox] Freie Hardware und Abgang des Kapitalismus



Hallo Thomas,
<< Freie Software ist nicht grundsätzlich wertlos. Wenn sie z.B. unter 
 der GPL steht, gibt immer noch viele Leute, die sie nicht einsetzen 
 können, es aber gern täten und dafür viel Geld zu zahlen bereit sind.
 Für diese Leute können die ursprünglichen Programmierer gegen 
 Bezahlung auch anderslautende Lizenzen verwenden.
 
 Beispiel: Jemand programmiert gegen Bezahlung Freie Software und 
 greift dabei auf eine GPLisierte Bibliothek zurück. Ein Kunde 
 verlangt nun die Verwendung eines bereits bestehenden proprietären 
 Algorithmus. Der Programmierer könnte nun auf eine proprietäre 
 Bibliothek zurückgreifen und das ganze Programm proprietär werden 
 lassen. Das wäre aber schädlicher für die Freie Softwaregemeinde, als 
 wenn etwa der verlangte Algorithmus als Plugin eingebaut würde, wie 
 es die LGPL gestatten würde. In solch einem Fall wäre es sicher 
 leicht möglich, von den ursprünglichen Programmierern gegen Bezahlung 
 eine Sonderlizenz zu erhalten. >>


Das ist aber ein anderer Fall. Soweit aber auch dann noch Freie Software 
(also nicht die "Lesser" GPL) in der "bunten Mischung" enthalten ist, gibt es 
trotzdem Probleme satt.


<<Richtig. (Aber hast du eine bessere Idee, wie man das sprachlich 
unterscheiden sollte? "Unfrei"???)>>

Mein Einwand bezog sich auf die verkürzte Darstellung/Sichtweise des 
Eigentumsbegriffs. Der Text war als Kopie ja auch für die Krisis-Liste 
bestimmt. Dort ist man/frau an solchen Feinheiten vielleicht eher 
interessiert (was jetzt aber ausdrücklich nicht irgendwie "abwertend" gemeint 
ist, ehrlich). 

<<Das ist, was ich mit "mit eigenen Waffen schlagen" meine. Es kann 
sich keine Lobby gegen Copyleft bilden, denn das wäre eine Lobby 
gegen die freie Gestaltung von Lizenzbedingungen, und das wiederum 
würde proprietärer Software sehr schaden, wo doch bei der die 
Lizenzbedingungen am willkürlichsten und blödsinnigsten gestaltet 
sind.>>

Ich habe gar  nichts gegen das Mimikri. Ist eine gute Idee. Meine Einwände 
bitte ich Sinne von "cum grano salis" zu verstehen. Sollte, was du erwartest 
und auch aus meiner Sicht zu hoffen wäre, der Idee Erfolg beschieden sein, 
was ja impliziert, daß die bisherige Ordnung (ganz untechnisch gemeint) 
gefährdet wäre, werden Gegenreaktionen erfolgen. Ich denke nicht, daß das 
Argument "Man wird der GPL nichts tun, weil man damit das Rechtsinstitut als 
Ganzes in Frage stellt" zieht. Das Urheberrecht ist eben nur ein Recht in der 
Sphäre des Privatrechts und kann daher mit Hilfe "übergeordneten Rechts" 
jederzeit - wenn nötig - außer Kurs gesetzt werden. So also die 
Wirtschaftsordnung in Gefahr käme, würden die dafür vorgesehenen Organe die 
"immanenten Grenzen" aller in Betracht kommenden subjektiv-öffentlichen 
Rechte (landläufig Grund/Bürgerrechte) sehr schnell aufzeigen und 
durchzusetzen versuchen. Es ist nicht schwer juristisch zu begründen, daß 
kommerzielle Lizenzen letztendlich das Gemeinwohl (hier: "die Wirtschaft") 
fördern und damit immanente Grundrechtsgrenzen beachten, Freie Software aber 
eben nicht. Bisher (z.B. "Lauschangriff", wo ganz wesentlich um die Erhaltung 
der Wirtschaftsordnung ging) jedenfalls ist noch immer so verfahren worden 
und hat auch so "geklappt". In einem total(itär)en System sind alle 
"Lösungen" zwingend systemkonform.

<<Auch dann, wenn Freie Software bereits wertlos ist, ist sie das nur 
in dem Personenkreis, der sich an die GPL halten will, bzw. kann 
(s.o.). Andere müssen fragen, ob sie dürfen und, wenn ja, bezahlen.

Es läßt sich immer irgendetwas finden, wie Freie Software und Geld in 
Zusammenhang gebracht werden können.>>

Durch den Personenkreis, der sich daran halten will, werden keine Probleme in 
"die Welt" kommen. Eher durch den Personenkreis, dem die Sache ein "Dorn im
Auge ist" und/oder sich das Ganze gern aneignen würde, um es sodann zu 
verwerten. Das ist doch der Punkt. Und genau hier an der Schnittstelle wird 
jetzt schon systemkonform herumoperiert. Da wird die auf "Dauer angelegte 
entgeltliche (also blechen!) Überlassung Freier Software" in eine "gemischte 
Schenkung" (enthält Elemente des Kaufs und der Schenkung) umgedeutet, und 
ganz unabhängig von all den Haftungs- und AGB-Problemen auch das Urheberrecht 
mittels des sogenannten "Erschöpfungsgrundsatzes" wenn nicht gleich kassiert 
so doch erheblich geschwächt. Cave canem! 

<<D.h. ich bekomme als Käufer eine Garantie, daß die CD nicht kaputt 
ist. Das möchte ja wohl auch sein.>>

Gewährleistung bei Gattungskauf einer CD (Sache), also derem physischen 
Körper möchte wohl sein. Find ich auch, kaufvertragliche Gewährleistung bei 
Gattungskauf ist eh mickrig genug. Das ist aber nicht das Problem. Vielmehr 
geht es um den Komplett-Haftungsauschluß in der GPL. Die Lizenz (das auf dem 
Datenträger befindliche erworbene Recht) gilt in Deutschland vermittels des 
"Inländerprinzips", d.h. sie wird gewährt in Art und Umfang wie sie auch 
einem Inländer zu gewähren wäre. Ausschluß der Haftung geht aber nicht
nach deutschem Recht. Zumindest die deliktische Haftung (§§ 823 ff BGB) als 
Auffang-Anspruchsgrundlage gilt immer. So wir es mit vertraglichen 
Beziehungen zu tun haben - auch schlichte, völlig unentgeltliche Weitergabe 
ist Vertrag, nämlich Handschenkung - kommen noch viel "härtere" 
Haftungstatbestände in Betracht, von AGB und kaufmännischen Sonderproblemen 
an dieser Stelle einmal ganz abgesehen. 
Grüße, Petra

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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



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