Re: [ox] Autorenverguetung
- From: RalfKrae aol.com
- Date: Mon, 5 Feb 2001 06:45:37 EST
Hallo Stefan,
In einer eMail vom 04.02.01 01:52:29 (MEZ) Mitteleuropäische Zeit schreibt
smerten oekonux.de:
Wenn die gesellschaftliche Nützlichkeit eine Rolle spielen würden,
>> dann würden Börsenmakler kein Geld kriegen für das was sie tun und
>> eine Putzkraft würde fürstlich bezahlt.
>>
> Wieder das Problem, Gebrauchswert normativ aufzuladen und zu
> bewerten.
Momang! Das war dein Stiefel. Du hattest gefordert, daß
gesellschaftlich nützliche Tätigkeit auch finanziell anerkannt wird.
Wenn du jetzt sagst...
> Beide Tätigkeiten produzieren für diese Gesellschaft Nützliches, sonst
würden
sie nicht bezahlt.
...daß also jegliche bezahlte Tätigkeit qua ihrer Bezahlung schon als
nützlich zu betrachten ist, dann ist das ja doch irgendwie eine
Tautologie und deine ursprüngliche Forderung somit gegenstandslos.
Ich denke, daß du sehr wohl auch eine Vorstellung davon hast, was
gesellschaftlich notwendig ist und was weniger - zumindest in den
Extremen (Rüstungsproduktion z.B.). Und das hat eben nichts mit der
Bezahlung zu tun, sondern mit irgendwelchen (moralischen?) Maßstäben.
Das Probem ist aus meiner Sicht, dass Du immer wie selbstverständlich davon
ausgehst, was DU als nützlich oder notwendig bzw. nicht nützlich oder
notwendig ansiehst. Es ist aber so, dass andere Leute und in velen Fällen
wohl auch die Mehrheit der Gesellschaft das jeweils anders sehen. Da gibt es
nun idealtypisch drei Möglichkeiten: entweder wird 1. produziert, was die
ProduzentInnen wollen, oder 2. es wird produziert, was die KonsumentInnen
wollen, oder 3. es wird vorher definiert, was "die Gesellschaft" will und nur
das produziert.
Bei 3. wird sich kein naturwüchsiger Konsens herstellen, das müsste jeweils
gegen Teile der Gesellschaft durchgesetzt werden. So sollte m.E. nur ein Teil
der Produktion bestimmt werden, indem a) bestimte Produktionen verboten
werden und b) bestimmte Produktionen von der Gesellschaft, konkret im
Wesentlichen organisiert als Staat auf verschiedenen Ebenen, unmittelbar
selbst organisiert oder bezahlt werden oder durch andere regulierende
Eingriffe zuwege gebracht werden. Beides passiert bereits, b) sollte m.E.
ausgedehnt werden, aber darum geht es dir wohl nicht. Es wäre m.E. auch kein
Fortschritt, dies ohne Staat und damit scheinbar mit weniger Zwang
durchzusetzen (soweit das funktionieren könnte), nämlich mit unmittelbarer
sozialer Kontrolle in überschaubaren Gemeinschaften. Da ist mir ein
Rechtsstaat allemal lieber und bietet mehr Freiheitsmöglichkeiten.
2. findet statt, allerdings im Rahmen der den KonsumentInnen (können auch
Unternehmen sein, produktive Konsumtion) zur Verfügung stehenden Kaufkraft
und mehr oder minder rücksichtslos.
3. findet auch statt, allerdings sind die hierbei relevanten ProduzentInnen
in der Regel nicht die Individuen, sondern die Unternehmen, und bestimmte
Produktionen werden nicht deshalb gewollt, weil die Individuen sie für
sinnvoll halten oder sie ihnen Spaß machen, sondern weil sie profitabel sind.
Jede funktionierende Ökonomie muss 2. und 3. in gewisse Übereinstimmung
bringen, und die "Leistung" der kapitalistischen Marktwirtschaft besteht
darin, dies (unter den genannten Einschränkungen, sozial und ökologisch
rücksichtslos, in entfremdetetn Formen und krisenhaft, aber dennoch) in
ziemlich effizienter Weise herzustellen. Du gehst nun immer mehr oder minder
davon aus, dass sich ohne Markt und Warenproduktion entweder diese
Übereinstimmung weitgehend auf der Basis dessen, was die Individuen sinnvoll
finden und was ihnen Spaß macht, von alleine herstellen wird (aus göttlicher
Fügung oder wie auch immer) oder in unmittelbarer Verhandlung zwischen den
KonsumentInnen und den ProduzentInnen hergestellt werden könne.
Das halte ich beides für gänzlich unrealistisch. Ersteres ist auf
gesellschaftlcher Ebene mindestens ebenso unrealistisch wie schon auf
individueller, wo man - wie du ja auch zugibst - auch oft Tätigkeiten
verrichten verrichten muss, die einem keinen Spaß machen, z.B. im Haushalt,
aber auch wenn man selber seine Lebensmittel produziert. Auf
gesellschaftlicher Ebene kommt hinzu, dass viele gerne etwas konsumieren
möchten, was sie nicht selbst herstellen können, und was die potenziellen
ProduzentInnen aber nicht notwendig finden, und erst recht nicht, dass nun
gerade sie es nun tun sollen. Aber sollen diejenigen, die die
Produktionsmöglichkeiten haben, den anderen vorschreiben, was sie zu
konsumieren haben? Der Ausweg über die unmittelbare Vereinbarung, also
Zweiteres, ist auf dem gegenwärtigen Stand der gesellschaftlichen und
internationalen Arbeitsteilung ebenfalls geradezu absurde Vorstellung. Dazu
in Reply auf deine andere Mail mehr.
Herzliche Grüße
Ralf Krämer
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