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In einer eMail vom 25.02.01 23:18:08 !!!First Boot!!! schreibt 
benni cs.uni-frankfurt.de:

 Vielleicht ist die Differenz da garnicht so gross. An der
 "fundamentalen Wertkritik" stört mich vor allem dass sie eben in
 meinen Augen verzweifelt versucht ein einzelnes "Gesetz" zu finden,
 dass alle Unvernunft erklären soll. 

Sie versucht, e i n e n grundlegenden ökonomischen Fetisch zu entzaubern, 
nähmlich den fundamentalistischen Glauben, nur was sich r e n t i e r t sei 
sinnvoll.

 Ein solches Gesetz gibt es aber
 nicht. Es gibt nicht "Das Böse".

Doch! In der Lehre von der Volkswirtschaft steckt dieses eine "Gesetz".
Es ist zwar nicht das Böse an sich, aber in ihm steckt ein 
fundamentalistischer Herrschaftsanspruch.

 Das ist ein altes mythologisches Muster nachdem Kurz und Krisis da
 verfahren. Gut gegen Böse - und am Ende kommt die Apokalypse und die
 Neugeburt. 

Es ist eher ein in der Realität für jeden sichtbares Muster, allerdings 
erfolgt die Neugeburt leider nicht so zwangsläufig, wie der Kollaps.

 ......das es eben dieses eine alles beherrschende Gesetz gäbe
 und man sein Handeln danach auszurichten habe (und sei es auch in
 Negation). Sorry, ich kann dem nicht folgen. 

Du w i l l s t dem nicht folgen, aber Du tust es. Wir tun es alle. Tagtäglich 
fast wie der Bär dem Nasenring folgt. Nur ist es leider ein Nasenring, den 
wir nicht direkt sinnlich erfahren können. Es ist eben ein sehr perfider 
Fetisch.
Und bei Strafe des Mißerfolges erzwingt dieser Nasenring Beachtung auch in 
unserer emanzipatorischen Praxis, die an vielen Stellen und in den 
unterschiedlichsten Formen stattfindet, nicht unter zentraler monolitischer 
Führung,
- und da empfinde ich Spehr als sensationell erfrischend - sondern in Form 
von vielen "freien Kooperationen", sozusagen postmodern d e z e n t r a l und 
dadurch auch viel flexiebler und schwieriger niederzuhalten.


 Die Krisistheorie hat
 durchaus ihren Wert als ökonomische und historische Theorie aber als
 Welterklärung ist sie mir eben einfach zu ökonomistisch.
 Grüße, Benni

Sie übt eine grundlegende Kritik an der Herrschaft der Ökonomie über das 
Leben,
d e r bürgerlichen Welterklärung,
an der besinnungslosen Unterwerfung der Menschen unter eine "entbettete 
Wirtschaft", eben die Ökonomie, wenn ich das richtig verstanden habe.
Nicht die Kritik selbst ist ökonomistisch, sondern ihr Gegenstand. Gerade 
diesem Ökonomistischen Absolutismus gilt die Kritik.
Insofern ist sie in ihrer Konzentriertheit beschränkt, scheinbar monokausal. 
Da scheinst du richtig zu liegen. Das ist mir aber auch zu wenig.
Vielleicht fehlt ja Krisis Spehr und Spehr Krisis denke ich da sofort, so 
harmoniesüchtig wie ich bin. 
Aber bei folgendem Spehr-Zitat und der darin offensichtlich werdenden 
Ontologisierung des Markt- Geld-u. Arbeitsfetisches, scheint die Niederlage 
aller emanzipatorischen Bemühungen schon wieder vorprogrammiert, und zwar in 
der sattsam bekannten Form, daß "das System" diese kreativen Alternativen zur 
Perfektionierung seiner Herrschaft "nutzt" und einsaugt.
Oder übersehe ich Halbblinder da was?
MfG,
Horst

(Seite 46) >> In einer solchen Struktur würden die Menschen als a r b e i t e 
n d e frei und gleich kooperieren. Sie wäre nicht, wie oft der Einwand 
lautet, an die Situation in hochentwickelten Industrieländern gebunden. Wo 
monetäre Sicherheitssysteme instabil und unsicher sind (als wären sie bei uns 
stabil und sicher. d.V.) oder nur ein geringerer Teil der Wertschöpfung 
staatliche und betriebliche Haushalte passiert, besteht existenzsichernde 
Grundsicherung darin, Zugang zu Land zu haben, und wird unter Umständen eher 
kollektive als individualisierte Formen annehmen (als Zuteilung von Land an 
Familien und Gruppen). 
Was bedeutet eine solche Herangehensweise für die Kapitalmarktseite? Eine 
Kooperation als ganze kann man nicht kaufen. Man kann ihr Geld leihen, und 
man kann dafür eine Beteiligung am etwaigen Gewinn erwarten. Man erwirbt 
damit jedoch keine Bestimmungsrechte über die Kooperation; egal, ob das Geld 
vom Staat oder von Privaten kommt. 
Das ist der springende Punkt.
Nur dadurch wird vermieden, daß Arbeit verfügbar ist, daß sie keine aktive 
Kooperation, sondern Sklavenarbeit ist. Man kann Geld auch im Ausland 
investieren. Eine Politik des Abbaus von Verfügbarkeit schließt nicht aus, 
daß z.B. Entwicklungsländer globales Kapital ins Land lassen. Sie orientiert 
nur darauf, daß auch in diesem Fall die Struktur als freie Kooperation 
interpretiert und behandelt wird (also genau das Gegenteil von dem, was die 
Bestrebungen des MAI waren).(47) Als reine Kapitalinvestition beinhaltet sie 
Anteile am Gewinn, aber keine Bestimmungsgewalt. Als Auslandsniederlassung 
ist sie eine Kooperation, deren inländische Mitarbeiter den gleichen Status 
haben - man kann also gehen, aber man kann die Firma nicht ohne weiteres 
mitnehmen, wenn man geht. Eine solche Struktur hebt das Dilemma nicht auf, 
Kapital anziehen zu wollen, ohne sich vollständig abhängig zu machen; aber es 
macht dieses Dilemma von Seiten der betreffenden Länder bearbeitbar und liegt 
auf der Linie einer Politik, die viele Länder des Südens hier durchzusetzen 
versuchen.
Obwohl solche Formen von Betrieben als Kooperation der Logik z.B. der 
Aktiengesellschaft diametral entgegenstehen, sind sie rechtlich ohne weiteres 
möglich. Man kann sie fördern. Man kann sie betreiben. Man kann die 
bestehenden Arbeitsstrukturen in einer Weise reformieren, die sich den Abbau 
von Verfügbarkeit zum Kriterium macht. Dies gilt für alle Akteure: 
Arbeitende, Gewerkschaften, soziale Bewegungen, Staat, Konsumenten, Kommunen. 
Es gilt auch für die "neuen Unternehmer", die sich viel auf ihre soft skills 
und ihren partnerschaftlichen Stil einbilden und hier nachlesen können, was 
es heißt, damit wirklich ernst zu machen.

Eine solche Politik, die beim Abbau von Verfügbarkeit an den jeweils 
vorhandenen Strukturen ansetzt und sie im Sinne freier Kooperation 
transformiert, bedeutet nicht, daß die bestehenden Eigentums- und 
Verfügungsverhältnisse als sakrosankt betrachtet werden müßten. Das tut 
selbst der existierende Realkapitalismus nicht, der kleines Eigentum 
systematisch enteignet (durch Steuern, Inflation, Wegfall von Ansprüchen), 
während er großes Eigentum systematisch beschenkt (durch Steuerausnahmen, 
Subventionen, "Staatsverschuldung", Übernahme von Kosten usw.). Eine Politik, 
die Eigentum und Verfügung umverteilt oder in andere Eigentumsformen 
überführt, bis hin zur formalen Enteignung, Aufteilung, Verstaatlichung usw., 
ist aufgrund des kollektiven und historischen Charakters von Arbeit 
grundsätzlich legitim. Nur löst sie damit noch nicht das Problem von Freiheit 
und Gleichheit. Die Politik der Abwicklung verändert den Charakter von 
Kapital und Eigentum. Sie zielt wie beschrieben darauf ab, den Charakter als 
Herrschaftsinstrument abzubauen, egal wo dieses Eigentum allokalisiert ist.
Auch für die ökonomische Kreativität der 'real life economics' oder einer 
'Wirtschaft von unten' findet sich hier das zentrale Kriterium, ob eine 
andere Logik von Arbeit als Kooperation entsteht, oder lediglich 
selbstorganisierte Verfügbarkeit. Dieses Kriterium lautet: die Verfügbarkeit 
in der Arbeit abzubauen ; allen Strukturen gegenzusteuern, wo die einen 
"liefern" und die anderen bestimmen; ökonomische Einheiten jeder Art 
grundsätzlich als Kooperationen aufzufassen und nach dem Leitbild freier 
Kooperation einzurichten.
Wenn es irgendetwas gibt, was wir uns unter "wirtschaftlicher Freiheit" 
vorstellen können, dann ist es das.<<

Für eine Utopie eine ganz schön kleinmütige Vorstellung, finde ich (Horst).


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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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