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Kooperation (was Re: [ox] Date: Wed, 25 Apr 2001 13:36:22 +0200)



Hi Thomas,

schon was her, aber etwas wollte ich noch antworten. Die Frage war,
ob man Kooperation unter Vorbehalt stellen solle, um dann sozusagen
"Kooperationen zu tauschen".

thomas co-buero.de schrieb:

StefanMeretz schrieb:

Wenn sich gesamtgesellschaftlich andere Vermittlungformen etabliert
  haben, dann wird es eben auf dieser Ebene das nicht geben.
  Gesamtgesellschaftliche Kooperation unter Vorbehalt ist ein
  Widerspruch in sich. Wenn ich das obige Zitat jetzt bloss interaktiv
  denke, dann mag's das geben (so wie irgendwelche interaktiven
  Tausche) - aber der Witz doch, dass ich mir mit einer Kooperation
  unter Vorbehalt selbst schade! Unter Bedingungen, wo die Entfaltung
  aller die Vorausetzung für meine Entfaltung ist, wäre ich schön
  doof, Kooperation unter Vorbehalte zu stellen. Das ist ein Denken in
  "Knappheiten": Ich verknappe Kooperation, um sie - ja was? - besser
  tauschen zu können. Das macht nur "Sinn" in einer Gesellschaft, die
  grundsätzlich über Tausch und Knappheit und den ganzen Scheiss
  funktioniert. Wo je ich mich auf Kosten anderer durchsetze. Das ist
  die alte Logik!

Das verstehe ich nicht. Vielleicht weis ich aber auch nicht, was Du unter
Kooperation verstehst.
Deb Befriff gesamtgesellschaftliche_Kooperation bitte ich zu erläutern.
Verstehe ich als "blos interaktive_Kooperation" das individuelle MitTun oder
SichEinsetzen richtig ?

Richtig, ich unterscheide "interaktive/unmittelbare Kooperation" und
"gesamtgesellschaftliche Kooperation". Bei der unmittelbaren
Kooperation geht es um das unmittelbare miteinander tun - also all
das, was Christoph Spehr beschreibt. Unmittelbare Kooperation ist
immer personale Kooperation.

Anders bei der gesamtgesellschaflichen Kooperation - die Ebene, die
bei Spehr völlig fehlt bzw. die er versucht, nach dem Muster
unmittelbarer Kooperation zu denken, was ich für inadäquat halte.
Während unmittelbare Kooperation personal ist, ist die
gesamtgesellschaftliche Koop (unter unseren Bedingungen) genau das
nicht: sie ist abstrakt und wird vermittelt über die
nicht-personalen Beziehungen (in der Regel "Marktbeziehungen"), die
wir eingehen, um unser Leben zu re/produzieren. Die
Vermittlungsinstanz ist der Wert.

Mehr dazu findest du im Glossar zum "Gegenbilderbuch"
http://www.opentheory.org/proj/gegenbilder_5-2/v0001.phtml z.B.
unter den Stichworten Kooperation, Gesellschaft und
Vergesellschaftung.

Wenn ich unter Kooperation mein_mich_einsetzen verstehe, so ist dies durch
die Beschränktheit meiner Lebenszeit notwendigerweise knapp. Wenn ich nun
bei einem Projekt michEinsetze (kooperiere), so tue ich daß mit einer
bestimmten Absicht.

Ich stimme dir zu. Genau deswegen ist es aber notwendig, zwischen
unmittelbarer und gesamtgesellschaftlicher Kooperation zu
unterscheiden: Die gesamtgesellschaftliche Kooperation ist "an-sich"
(sui generis) _nicht_ knapp, sondern sie wird in bestimmten Formen
knapp gemacht. So schlägt sich Knappheit als Verwertungsvorausetzung
auch auf die gesamtgesellschaftliche Kooperation nieder. Teile der
Bevölkerung werden schlicht ausgeschlossen (etwa in Formen von
Arbeitslosigkeit etc.). Die Freie Software hat hier dem
"Knappheitsmodell" keimförmig:-) ein "Reichtumsmodell"
entgegengesetzt. Das "Reichtumsmodell" funktioniert, wenn alle
einbezogen sind, das "Knappheitsmodell" funktioniert, wenn die
"drinnen" sich auf Kosten von anderen "draußen" behaupten.

Ist jetzt mein obiger Absatz (das Zitat) verständlicher?

Noch mal mit anderen Worten: In einer Reichtumsgesellschaft - und
als solche denken wir die GPL-Gesellschaft ja immer - macht es
keinen Sinn, meine unmittelbare Kooperationsbereitschaft unter
Vorbehalt zu stellen und sie damit quasi als "Tauschgut" zu
etablieren, denn grundsätzlich hängt die Überlebensfähigkeit der
anderen aufgrund der Einbettung in die nichtknappe
gesamtgesellschaftliche Kooperation nicht von meinem individuellem
Beitrag ab. Na klar, wenn jemand aus einer Gruppe rausgeht, kann das
"schade" oder "ein Verlust" sein - genaugenommen ist es das nämlich
_immer_ - aber na und? Es kann auch eine Gruppe auseinanderfallen -
na und?

Solch ein Szenario ist immer nur bedrohlich, wo die Einbettung des
Einzelnen (zu denken als: aller Einzelnen) grundsätzlich nicht
stabil gegeben ist - eben unter den Knappheitsbedingungen wie wir
sie im Kapitalismus notwendig haben. Deswegen: verknappte
Kooperation macht nur "Sinn" in einer Tauschgesellschaft, und die
will ich loswerden.

Wenn ich Christoph_Speer richtig  verstehe, so ist
die Möglichkeit zum  Vorbehalt "ich mache nur so lange mit, wie ich auch
meine Ziele im gemeinsamen tun repräsentiert fühle" das Element, was meine
Freiheit beschreibt.

Ja.

Ich denke, es wäre gut zwischen Knappheit im Sinne begrenzter Resourcen
und Verknappung, im Sinne von DurchKonventionNichtNutzbareResourcen zu
unterscheiden.

Entscheidungen, Ressourcen nicht zu nutzen, sind ein weiterer
Aspekt. Ich denke, dass eine GPL-Gesellschaft solche Entscheidungen
treffen wird, einfach weil "Reichtum" völlig anders definiert ist
(Lebensqualität, Reichtum der Beziehungen etc.) - dies aber nicht
als Voraussetzung, sondern als Resultat einer anderen
"Wirtschaftsweise".

Die Einsicht in erstere ist notwendig, das Abbauen der zweiten ebenfalls.

Einsicht, ja, aber nicht im Sinne "jede/r muss Einsicht in Alles
haben" - in einer Gesellschaft mit struktureller Einbettung Aller
ist das nicht notwendig (es gibt keine Not zu wenden, ich kann mich
tendenziell auf die anderen verlassen).

Ciao,
Stefan

-- 
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  HA II, Abteilung Datenverarbeitung
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  stefan.meretz hbv.org
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