Re: [ox] Verteilungsproblem, Geld
- From: <thomas co-buero.de>
- Date: Fri, 13 Jul 2001 07:58:22 +0200
Petra schrieb:
P.>
In Deiner Argumentation gehst Du davon aus, daß Geld
eine Sache (nur eben allgemeines Äquivalent/Spiegel)
wie jede andere ist an der man/frau Eigentumsrechte
hat. Geld ist aber nur dann Sache, wenn es sich um
eine Geldsortenschuld handelt, also nicht der Wert
gemeint ist, sondern das verkörperte Ding (z.B.
Sammelmünzen, also das 10-er Kiki-Stück der Republik
Ichweißnichtwo von Anno-irgendwann).
Nein. Davon ging ich nicht aus. Ich bezeichnete Geld als
Spiegel der Eigentumsverhältnisse. Leider kann ich mich
nicht besser ausdrücken, aber ich meinte damit:
Die Eigentumsverhältnisse (die nur Dank gesellschaftlicher
Sanktionierung da sind) ermöglichen Zwang bzw Herrschafft.
Geld sehe ich als handlichen Zwangvermittler.
Mit der Erfindung von Geld ist das sich gegenseitig
Zwingen viel einfacher (als Transaktion, Mensch braucht
nicht einen neuen Vertrag für jeden Tausch) geworden,
gleichzeitig aber auch umfassender.
P.>
Geld ist "rechtswissenschaftlich" korrekt und damit
gut metaphysisch: "die unbeschränkte Schuld dem
Gläubiger die Verfügungsmöglichkeit über den durch den
Nennbetrag der Schuld ausgedrückten unkörperlichen
Vermögenswert zu beschaffen." Richtig ist, daß in
unserer Vergesellschaftungsform alle Sachen
irgendwelchen natürlichen oder juristischen Personen
zugeordnet sind. Dies gilt selbst für sogenannte
"herrenlose" Sachen, für die es dann Aneignungsrechte
gibt (oft nur für bestimmte Personenkreise). Die Sache
in diesem Sinne zeichnet sich aber gerade dadurch aus,
daß sie konkret bestimmt und/oder zahlen- bzw.
mengenmäßig hinreichend bestimmbar ist. Echte Sachen
sind damit rechtstechnisch konkret und endlich
(knapp). Geld oder besser Wert (siehe oben), ist von
vornherein "unbeschränkt", wird also als nicht knapp
postuliert.
Nein, ich sehe das anders. Geld als Zwangvermittler ist
knapp und nicht unbegrenzt. Statt Geld müßte mensch aber
eigentlich "Wert" sagen, denn Geld ist nur eine Form
von Eigentumsrechtzuschreibung. Andere Formen wären
Vertäge, Aktien, ...(BitteErgänzen). Aber sagen wir
mal der Einfachheit halber dies ließe sich alles in
Geld(Wert) umrechnen. Führe nun ein Relativgeld ein,
dies soll sein : die in deinem Besitz befindliche Geldmenge
geteilt durch die Summe allen Geldes multipliziert mit der
Anzahl der Menschen auf der Erde.
Dieses Relativgeld kennzeichnet deinen Eigentumsanteil
an Sachen, die wie du oben beschreibst, beschränkt sind.
Falls alle gleichviel Eigentumsrechte haben, hat genau
jeder und immer eine Einheit Relativgeld.
Welchen Anteil ein jeder tatsächlich am Relativgeld hat,
ist gesellschaftlich sanktioniert. Auch wenn Du einen
Haufen DM hast, aber kein Mensch glaubt mehr daran,
dass Du damit irgendjemensch zu etwas zwingen kannst,
dann ist dein Anteil am Relativgeld klein (so würde
ich Inflation beschreiben).
P.>
Wie Stefan es so schön ausdrückt, kann ich mich
nämlich selbst verdingen (also meine Arbeitskraft,
mich selbst, zur Sache machen) und mir - jetzt wieder
als Rechtsperson - Verfügungsgewalt über
unkörperlichen Wert verschaffen. Meiner
Wertbeschaffung sind hier lediglich biologische
Grenzen gesetzt.
Nein. Gesellschaftliche Grenzen. Wenn Du zuviel an
Zwangsquanta akumulierst, wirst Du von den anderen
Menschen abgesetzt, weil sie dann den kollektiven
Traum des sich in die herrschenden Zwangsstrukturen
Eingliederns verlassen (ab und zu passiert das mal
einem Diktator).
P.>
("Irgendwie schade", aber die Gentechnologie arbeitet
dran) Noch interessanter wird es, wenn ich diesen Wert
(Geld) nicht irgendjemand für irgendeine Sache gebe,
sondern ihn als Kapital (Wert) dafür einsetze unter
Verwendung von mir dann rechtlich zugeordneten Sachen
(Sachkapital) und sich verdinglichenden Menschen
(neudeutsch: Humankapital, vulgo verding(lich)te
Arbeitskraft) Waren in die Welt setze, und, wenn alles
gut geht, realisiert sich deren Wert auf dem Markt,
wird also wieder Wert (Geld). Was mach ich mit dem
Geld? Ich fange wieder von vorne an, und mache aus
Wert über das Vehikel Sachen (Waren) wieder Mehrwert
(also mehr Geld). Diese Prozedur ist gesellschaftlich
so vorgesehen, also gesellschaftlich, obwohl ich dem
hehren Privatunternehmertum fröne; - auch der sich
verdingende Arbeitnehmer ist übrigens in diesem Sinne
Privatunternehmer. Das heilige Eigentum aber, ist hier
nur noch systemlogisch notwendiges Funktionselement.
Als Rechtsinstitut hat es sicherzustellen, daß, in der
heiklen Phase der leider notwendigen, wenn auch nur
vorübergehenden (Zeitdauer unterschiedlich lang, je
nach Gut), Transformation von Wert in konkrete Gestalt
der Zugriff Dritter, notfalls mit staatlicher Gewalt,
verhindert wird.
Tatsächlich scheint dies so zu sein, denkt mensch nicht
in Relativgeld. Im Relativgeldbild aber erscheint die
Produktion von Mehrwert als Versuch die den einzelnen
zustehenden Zwangsquanta (Relativgeldanteile) zu
verändern. Mehr oder weniger ist jeder (zumeist
unbewußt) damit beschäfftigt zu versuchen, die Ihm
zustehenden Herrschaftsmittel bzw. seinen Zwangsanspruch
zu erhöhen. Dieser ist nicht unbegrenzt, denn im
schlimmsten Fall sagt ein Mensch allen anderen, was sie
zu tun haben.
ich>
Der Zwang wird also bedingt durch das
nichtverhandelbarsein einer bestimmten Verteilung (von
Eigentumsrechten). Freie_Kooperation (nach Spehr)
würde genau diese hinterfragen.
P.>
Was aber, wie bei allen Vertragstheoretikern seit
Rousseau (ihn selbst mal ausgenommen, weil er
zumindest noch versucht hat, die Rechtsform
theoretisch zu begründen), wieder nur eine Diskussion
des Inhalts (dafür/dagegen; so nicht!, nie wieder
xyz!; wir fordern das Recht auf xyz usw. usf.) ist und
das Apriori der RechtsForm völlig außer Acht läßt. Die
Rechtsform wird ontologisiert, was dann hieße: Es
liegt in der Natur des Menschen, daß es ein abstraktes
Sollen (der Inhalt kann diskutierbar sein) gibt und
die Menschen nur vermittels dieses abstrakten Sollens
miteinander in Beziehung treten. Hier folgen dann die
Gewährleister- und Vermittlungsinstitutionen wie Staat
und Justiz auf dem Fuße - oder gehen voran, je nachdem
wie man/frau das sehen will. Zu fragen ist dann auch
nach dem sogenannten "Willen" des Individuums, der in
den Verhandlungen unter Geltung des - wiederum vom
Inhalt her verhandelbaren - abstrakten Sollens
wirksam wird. Der ist notwendig bereits durch
innerliches Insverhältnissetzen zum jeweiligen Sollen
"kontaminiert". Freies Verhandeln hört sich toll an,
wer aber von der abstrakten Rechtsform nicht lassen
will, der hat schon immer seinen Willen beim
Rousseauschen "Allgemeinwillen" oder beim Hegelschen
"Geist" abgegeben. Die andere Denkform wäre die einer
"konkreten Universalität" - hierüber hat Stefan schon
verschiedentlich hier geschrieben.
Ich verstehe noch nicht so genau, was Du damit sagen willst.
Ich glaube, wir sollten unterscheiden zwischen
a) _relatives System_ : konkretem Recht bzw Vertrag : Absprachen innerhalb einer
Gruppe von Menschen
b) _absolutes System_ : abstrakten Recht : Durch Staat und Rechtswesen für alle
verbindliches Recht, Zwangsmöglichkeiten, Verträge.
Wir leben im System b) , dafür scheinen mir Deine obigen
Ausführungen zuzutreffen. Ich habe mit meiner Aussage über
freie Verhandelbarkeit, so glaube ich, System a) vorausgesetzt.
In einer frei verhandelbaren Welt gibt es kein Recht a priori.
--ToKa
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