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Re: [ox] Re: Was ist Medienfeudalismus?



Verschuldung bringt m.E. das Ende des Gemeinwesens und den Aufstieg
der Privatimperien.

Da geht es um makroökonomische Stabilisierung und um Investitionen,
krampfhaftes Schuldenvermeiden kann Krisen massiv verschärfen und
hinterher sind alle ärmer, als es mit Verschuldung gewesen wäre.
Solange die öffentliche Verschuldung gewisse Grenzen nicht
überschreitet, ist sie eigentlich nur verteilungspolitisch
problematisch, d.h die bessere Alternative wäre oft, v.a. bei
struktureller und nicht nur konjunktureller Verschuldung, denjenigen,
die das Geld übrig haben, öffentliche Schuldpapiere zu kaufen, dieses
Geld gleich per höhere Steuern ohne Zins- und
Rückzahlungsverpflichtung aus der Tasche und in sinnvolle öffentliche
Verwendungen zu ziehen. Es kommt natürlich bei der Beurteilung sehr
auf diese Verwendung an, da gibt es sicher vieles, was zu kritisieren
wäre.

Wenn wirklich verantwortungsbewusst in das Gemeinwesen investiert würde,
könnte man in der Tat jede noch so hohe Verschuldung rechtfertigen.

Das Problem liegt wohl darin, dass dies nicht der Fall ist und kaum sein
kann.  Man lernt die Ursachen schon als Schuljunge kennen:  sobald sich
eine Gruppe zusammenrottet, tobt und schreit sie ohne Rücksicht auf
Verluste, oder quält vielleicht in schlimmen Fällen sogar Kameraden auf
brutale Weise.  In der Gruppe lässt sich trefflich Verantwortung
abstreifen, und Verantwortung ist erfahrungsgemäß nicht etwas, wonach der
Mensch von sich aus strebt.  Nicht einmal das Idealbild von Mensch,
welches in dieser Runde für die "GPL-Gesellschaft" entworfen wird ist an
Verantwortungsübernahme orientiert.

Deshalb ist es eigentlich normal, dass Staatsgefüge in den Dreck gefahren
werden. Bei Privatimperien tragen ein paar Leute schwere Verantwortung,
und wenn sie ihre Aufgabe nicht erledigen, geht das Imperium eben mal
ziemlich unauffällig unter, ohne dass gleich das ganze Gemeinwesen
hineingerissen wird.

Ich sehe im Moment nicht, welchen Gegenentwurf es für diesen Zyklus
zwischen Staaten und Privatimperien geben soll.  Das GPL-Paradies kommt
nicht als notwendiges Endstadium irgendeiner Wirtschaftsentwicklung
sondern muss vermutlich durch kollektive Willensbildung (= staatliche
Gewalt) durchgesetzt werden.  Anstelle der wildwüchsigen Anreizstruktur
(Markt) wird eine von Menschen beschlossene bessere Anreizstruktur
durchgesetzt.  Manche reden davon, dass Prinzipien der Verwertung
abgeschafft werden sollen, aber ich glaube eher an die Umlenkung als an
die Abschaffung der Schwerkraft. Vielleicht entsteht nach einigen Zyklen
des Auf- und Abbaus von Gemeinwesen bald einmal ein Gemeinwesen, welches
in der Lage sein wird, die Mechanismen der Verwertung selber zu
beherrschen, statt nur zu ihrem Spielball zu werden.  Das erfordert aber
eher Verantwortungsbereitschaft als Selbstentfaltung, und man beschleunigt
nicht dadurch den Fortschritt, dass man für die Menschen allerlei nicht
durch Leistungen gerechtfertigte Wohltaten aus gemeinsamen Töpfen
finanziert. Öffentliches Geld sollte verwendet werden, um Interesse
sinnvoller öffentlicher Infrastrukturen benögtigte Arbeitsleistungen zum
günstigsten Preis einzukaufen.  Das könnte dan eine Investition sein, um
deretwillen sich auch mal Verschuldung lohnt.  Wenn der Plan aufgeht,
steht das Gemeinwesen hinterher stärker da als vorher.  Aber allzu viel
Vertrauen verdienen Regierungen nicht, die von sich behaupten, sie hätten
einen Plan für die Zukunft, der nennenswerte Verschuldung rechtfertigt.
Wer hat schon den Überblick, und wer soll berechtigt sein, im Namen der
nächsten Generation Geld auszugeben?  Wenn jemand mit dem Rezept antritt,
die Bedürfnisse der Menschen durch Steuergelder befriedigen zu wollen,
dann weiß ich schon im voraus, dass er ein Scharlatan ist, der letztlich
nur der nächsten Privatisierungswelle Vorschub leistet.

--
Hartmut Pilch                                      http://phm.ffii.org/
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