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Re: [ox] Artikel: Anmerkungen zu Produktivkraftentwicklung und Aufhebung



Hi, Christian!

Mir fällt an deiner Stellungnahme etwas auf:

On Saturday, 6. October 2001 14:11, Christian Fuchs wrote:

Eine Gefahr, die ich in der Diskussion um "Freie" Software
sehe, ist nun, wie ich beobachtet habe, dass von aktuellen
technischen und organisatorischen Entwicklungen haeufig auf
einen Automatismus der emanzipatorischen gesellschaftlichen
Veraenderung geschlossen wird.

Das hab ich noch nicht beobachtet.

1. Zum Begriff "freie Software"

Software ist erstmal unabhängig davon "freie Software", welche 
technischen oder organisatorischen Besonderheiten bei ihrer 
Entwicklung eingesetzt wurden. Ebenso sagt der Begriff nichts 
darüber aus, ob die Entwickler dabei freiwillig 
zusammengearbeitet haben oder ob sie in einem Sweatshop 
ausgebeutet wurden. Der Begriff der "freien Software" ist rein 
darüber definiert¹, welche Rechte der Anwender hat.

Genau diese Rechte aber ermöglichen jedermann, wenn auch nur auf 
geistigem Gebiet, freiwillig zusammenzuarbeiten und dabei legal 
auf dem bereits Erreichten anderer uneingeschränkt aufbauen zu 
können, d.h. nicht von Punkt null anfangen zu müssen. Diese 
Rechte führen aber nicht automatisch diese Form der 
Zusammenarbeit herbei, sondern ermöglichen sie nur.

2. Internet

Ebenso sieht es mit den technischen und organisatorischen 
Möglichkeiten des Internets aus: Auch diese führen nicht 
automatisch zu freiwilliger Zusammenarbeit, sondern schaffen 
lediglich wichtige Voraussetzungen.

Durch das Internet ist es möglich, daß Leute, die ein 
gemeinsames Anliegen haben, trotz großer Entfernungen sich 
kennenlernen und gemeinsame Vorhaben planen und (auf geistigem 
Gebiet sogar ausführen) können.

Eine internetbasierte freiwillige Zusammenarbeit hat aber nicht 
in jedem Fall freie Software zum Gegenstand. Es kann genausogut 
dabei z.B. gemeinsam eine Pamela-Anderson-Fan-Page gestaltet 
oder ein unterirdischer Campingurlaub organisiert werden. 

3. Beides

Die rechtlichen Eigenschaften freier Software und die 
technischen Möglichkeiten des Internet ergänzen sich 
hervorragend und schaffen zusammen zusammen eine gute 
Ausgangsbasis für freiwillige Zusammenarbeit.

Eine Wirtschaftsordnung der freiwilligen Zusammenarbeit ergibt 
sich dadurch aber nicht automatisch, sondern höchstens eine 
Wirtschaftsordnung mit der durchgängig anzutreffenden 
Möglichkeit der freiwilligen Zusammenarbeit. Aber auch eine 
solche Wirtschaftsordnung entwickelt sich sicher nicht ohne die 
aktive Ausweitung oben genannter Prinzipien auf andere Bereiche 
als nur Computerprogramme.

Tschüß,
Thomas
 }:o{#

¹) o The Free Software Definition 
     http://www.gnu.org/philosophy/free-sw.html
   o Die Debian-Richtlinien für freie Software (DFSG)
     http://www.debian.org/social_contract#guidelines


PS:
Gesellschaft, in der "Jeder nicht einen ausschliesslichen
Kreis der Taetigkeit hat, sondern sich in jedem beliebigen
Zweige ausbilden kann, die Gesellschaft die allgemeine
Produktion regelt und mir eben dadurch moeglich macht, heute
dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu
fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu
kritisieren, wie ich gerade Lust habe, ohne je Jaeger,
Fischer, Hirt oder Kritiker zu werden." (Marx/Engels 1845/46,

Das Zitat hab ich gesucht. Echt super! :o)

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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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