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Re: [ox] WOS2 -- Wohlstand



Hallo!

On Fri, Nov 02, 2001 at 03:29:45PM [PHONE NUMBER REMOVED], Gregor Zeitlinger wrote:
Im obigen Bespiel koennte es ja so sein, dass das Leben fuer alle viel
angenehmer waere, wenn sie unter weniger druck arbeiten wuerden.
Natuerlich musste man doch dagegenrechnen, ob evtl. weniger produziert
worden ist, was das Leben von anderen evtl. weniger angehem macht. Erstens
koennte es aber so sein, das gar nicht weniger produziert worden ist (oder
etwas qualitativ schelchteres) und zweitens koennte der verlorene Nutzten
durch den Produktionsausfall geriger sein als der Zufriedenheitsgewinn
durch angehemeres arbeiten.

Hierin steckt glaube ich ein Grundproblem dieser Diskussion. Die Kritik, die
einige hier an "Ökonomie" generell üben, beruht genau darauf, dass solches
"Gegenrechnen" von "Gütern" oder "Werten" nicht möglich ist, oder eben nur
über ein Abstraktum ala Geld vermittelbar ist.

Das hängt direkt zusammen mit der Ethik des Utilitarismus (Das Gute ist der
größte Nutzen der größten Zahl). Diese wird aus den selben Gründen kritisiert.

Es geht hier also nicht nur um Oberflächlichkeiten oder Wortwahl, sondern
generell darum, ob man Menschen (vermittelt durch ihre Kreativität und
Produktivität) zu Zahlen machen darf oder nicht. Darin beruht für mich auch
die berechtigte Kritik am Tausch als Prinzip der gesellschaftlichen
Reproduktion.

Ich würde argumentieren, dass schon in diesem Abstraktum eine
Instrumentalisierung des Menschen steckt. Der Mensch wird nicht mehr als
individueller Mensch betrachtet sondern immer vermittelt über eine abstrakte
Welt, sei sie jetzt "Tausch", "Markt", "Nutzen" oder auch "Staat".

Das bürgerliche Individuum - einst angetreten die alte ständische Ordnung
mit ihrer Betonung des "Geimeinwohls" zu zerstören - hat also Angst vor der
eigenen Courage gekriegt und auf dem Umweg über diese Abstrakta dieses
"Gemeinwohl" wieder eingeführt. Was einige hier versuchen ist nicht weniger,
als diesen Hemmschuh abzustreifen und den Menschen via Selbstentfaltung zu
sich selbst kommen zu lassen. Das beinhaltet eine sehr fundamentale
Veränderung unserer Lebens- und Denkweisen. Und dabei ist tatsächlich jede
Form von "Ökonomie" im Weg.

Das Problem vor dem "wir" (das Wort ist hier immer recht problematisch, da
es hier mindestens doppelt so viele Meinungen wie Diskutierende gibt ;-)
stehen, ist also, wie man diesen Übergang schaffen kann: Wie also innerhalb
der alten Ordnung und des alten Denkens etwas neues anfangen kann. FS ist da
vielleicht ein Lichtblick.

Die fundamentale Kritik der alten Logik ist aber dafür unabdingbare
Vorraussetzung.

In Christoph Spehrs Alienbuch findet sich ein Kapitel über "Ökonomie", das
genau aus diesem Wissen geboren ist, aber noch im alten Denken verhaftet
bleibt (würde Stefan Mn. sagen). Trotzdem finde ich das Kapitel ziemlich
spannend, weil es versucht "ökonomische Gesetze" zu formulieren, die
jenseits der Wertlogik sind (sie aber auch erklären können). Das ist also
vielleicht genau so ein Projekt, wie es Dir auch vorschwebt. Ich hab mal vor
Urzeiten in

http://www.oekonux.de/liste/archive/msg01475.html

versucht eine Diskussion darüber anzuzetteln. Ist aber leider etwas im Sande
verlaufen.

Tatsächlich ist es aber u.a. genau sowas, was für mich die Motivation ist,
hier mitzudiskutieren. Zu versuchen eine Ökonomie jenseits der Ökonomie zu
erfinden sozusagen.

Grüße, Benni
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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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