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Herrschaftsfreiheit (was: [ox] Freie Bauplaene oder Freie Produktion)



Hallo!

Von mir nur Anmerkungen zu Stefans Anmerkungen zu "herrschaftsfrei":

On Sat, May 18, 2002 at 11:59:07AM [PHONE NUMBER REMOVED], Stefan Merten wrote:
nehmen wir an, jemensch entscheidet sich für die position 1
(produktivkraftentwicklung), dann bleiben noch immer einige fragen offen: die frage danach,
wie die produktion herrschaftsfrei vonstatten gehen kann. oder die frage
danach, wie der austausch bzw. die verteilung der produkte herrschaftsfrei
vonstatten gehen kann.

Ach ja "herrschaftsfrei". Mehrere Punkte zu diesem Begriff von meiner
Seite:

* Solange wir nicht wenigstens einigermaßen klar haben, was Macht /
  Herrschaft eigentlich bedeutet / bedeuten soll, lasse ich die
  Begriffe mal lieber weg. Andernthreads ist die Diskussion ja
  immerhin scheinbar wieder in Gang gekommen.

Also erstmal denke ich, dass die Hauptdifferenzen sich ja eigentlich
um den Machtbegriff drehten und der Herrschaftsbegriff bisher nicht so
problematisch war, oder? 

Und dann ist es natürlich auch so, dass - wenn wir alle Begriffe, über
die wir uns nicht einig werden, nicht mehr verwenden - dann das große
Schweigen anhebt.

* Rückfallposition für mich wäre hier die Gewaltfreiheit, was
  strukturelle Gewaltfreiheit einschließt. Ist auch schon haarig
  genug.

Vor allem reicht es nicht aus. Diskriminierung, Kontrolle der
Öffentlichkeit, Abhängigkeit sind die von Christoph Spehr in "Gleicher
als Andere" ja ganz richtig genannten anderen Herrschaftsmechanismen
außer direkter und struktureller Gewalt.

Die von Thomas B. mir und anderen aufgeführten Herrschaftsmechanismen
bei Freier Software sind dann wohl auch hauptsächlich in diesen
Bereichen zu finden und nicht in den Bereichen strukturelle und
direkte Gewalt. Wenn Du Dich also auf diese "Rückfallposition"
zurückziehst, machst Du es Dir zumindestens etwas einfach in den
strittigen Fragen.

* All diese Kategorien sind ziemlich moralisch. Zumindest mir geht es
  aber bei dieser ganzen Diskussion hier zumindest nicht nur um
  moralische Kategorien. Mir geht es zunächst mal darum, eine
  Entwicklung zu analysieren, weiterzudenken und dabei auch auf ihren
  emanzipativen Gehalt abzuklopfen.

An der Forderung nach Herrschaftsfreiheit ist doch nichts moralisch.
Das ist doch zunächst mal eine Forderung, die ich selbst für mich
stelle. Oder wie schon andernorts gesagt: Befreien kann man sich immer
nur selber. Moralisch wird das höchstens dann, wenn ich von anderen
fordere, das auch zu fordern, aus welchen höheren Gründen auch immer.
Siehe dazu auch mal wieder:
http://co-forum.de/index.php4?Einige%20Thesen%20%DCber%20Befreiung

* Na ja, wenn ich nicht an ihr emanzipatives Potential glauben würde,
  wäre ich nicht hier ;-) . Aber was Emanzipation genau wann für wen
  bedeutet, finde ich alles andere als klar. Nationalstaaten waren
  auch mal emanzipativ - um ein historisches Beispiel zu bemühen.

Genau. Wir hatten dazu ja auch schon einen recht aufschlussreichen
Thread kürzlich. Dort kamen ja mindestens zwei
Emanzipationsvorstellungen vor, nämlich einmal die einer aufholenden
bürgerlichen Subjektivierung und dann eben eine, die mehr einer
weitergehenden Vorstellung von Befreiung aus obigem Text entspricht.

Worauf ich hinauswill: Wenn Du "herrschaftsfrei" durch "emanzipativ"
ersetzt, gewinnst Du nicht gerade an Klarheit und die Moral, die
vorher schon nicht wirklich da war, die führst Du zumindestens nach
der bürgerlichen Emanzipationsvorstellung wieder ein.

Grüße, Benni

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Organisation: projekt oekonux.de


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