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Re: [ox] Suche "allgemeine" Argumentation



Hi Ole et al!

Ich hoffe, es ist nicht zu spät.

7 days ago Ole Streicher wrote:
Irgendwie ist mein letztes Posting nicht im Archiv angekommen, da aber
eine Antwort kam (Danke, Benni) gehe ich mal davon aus, dass alles OK
ist.

Weil die Automaten bei mir laufen, wird das Archiv erst bestückt, wenn
ich meine Mail abrufe. Kann also schon mal ein, zwei Tage, selten auch
länger dauern.

Ich habe jetzt mal soweit einen Text zusammengestellt, der das ganze
den Besitzern-Ingenieuren meiner Firma verstaendlich machen soll.

Super :-) .

Ich
wuerde mich freuen, wenn ich dazu noch Hinweise über Fehler oder
wichtiges Fehlende bekommen wuerde.

Ich gebe einfach mal meinen Senf dazu. Ob es Fehler sind, mußt du
selbst beurteilen :-) .

Der Text ist - wie gesagt - gedacht fuer eine interne Diskussion zum
Thema "Welche gesellschaftlichen Themen können für unsere Firma in den
nächsten Jahren relevant werden?", und die Firma hat nur einen kleinen
(15% der Mitarbeiter) Softwarebereich.

In welchem Sektor arbeitet die Firma denn?

Dazu wollte ich als "Anfass-Beispiel" eine Knoppix-CD legen.

Gute Idee :-) .

Was mir (ausser der Korrektur) noch fehlt, sind gute Quellen
(Literatur und Internet), auf denen die Themen allgemeinverständlich
und kurz ausgeführt sind. Insbesondere wäre das
- Literatur zum Engagement mittelständischer Firmen,

Na ja, bei denen ist der Zuspruch tendenziell eher verhalten. Die
scheinen da im Schnitt recht konservativ zu sein.

Es gab aber mal irgendwo einen Text, der speziell auf diese Zielgruppe
zugeschnitten war - oder war der von M$?

--------------------8<----------------------------------------------
In den letzten 10 Jahren hat sich in auf dem Gebiet der
Software-Entwicklung ein neues Entwicklungsmodell etabliert,

Stallman hat Anfang der 80er mit GNU angefangen. Also eher 20 Jahre.
Linux (d.h. der GNU/Linux-Kernel) wurde 1991 geboren.

das auch
auswirkungen auf andere Bereiche des Ingenieurwesens und der
Gesellschaft haben kann: "Open Source".

Mir wäre es lieber, wenn du Freie Software verwendest. Open Source ist
zwar recht bekannt, aus einigen Gründen aber nicht so gut geeignet -
gerade für eine inhaltliche Diskussion.

Dieser Begriff beschreibt
Software, die -- im Gegensatz zu konventionell lizensierter Software --
dem Anwender umfassende Rechte an einem Programm zusichert. Er darf
das Programm beispielsweise ohne Einschränkungen weiterverbreiten und
darf beliebige Änderungen an dem Programm vornehmen.

Hier *mußt* du erwähnen, daß die Quellen (Konstruktionspläne)
mitgeliefert werden. *Da* steckt m.E. gerade für Firmen auch der
Zündstoff, da diese gewöhnlich genau mit der Geheimhaltung dieser
Information (aka Betriebsgeheimnis) Geld verdienen.

Der Schutz dieser
Rechte wird durch spezielle Lizenzen gesichert.

Der promineteste Vertreter dieser Software-Entwicklung ist sicher das
Betriebssystem "Linux", das seit zehn Jahren von einer engagierten
Gruppe von überall auf der Welt verteilten Programmierern entwickelt
wird.

Genaue Sprachregelung wäre "GNU/Linux". "Linux" bezeichnet nur den
Kernel.

Zur Zeit werden Open-Source-Programme vorrangig "unsichtbar" im
Serverbereich eingesetzt. In diesem Bereich sind sie z.T. führend vor
konventionell vertriebener Software.

Warum das so ist, könntest du noch erwähnen: Weil sie besser sind.

Es gibt aber auch Bestrebungen,
auch für den Laien problemlos nutzbare Systeme zu entwickeln.

Hier gefällt mir die Entgegensetzung nicht, die impliziert: Freie
Software == kompliziert. Du könntest vielleicht sagen, daß
mittlerweile Software existiert, bei der die NutzerInnen bestehende
Windows-Kenntnisse weiterverwenden können.

Auch bei
unserer Firma kommt Open-Source-Software bereits zum Einsatz: Die Firewall
basiert z.B. auf Linux. in unserer Abteilung werden verschiedene
Open-Source-Entwicklungswerkzeuge eingesetzt sowie das Programm "Gimp"
(ein Bildbearbeitungsprogramm, ähnlich Photoshop) benutzt. Vorteile
aus der Anwendersicht ist der Preis (OpenSource-Software ist meist
kostenlos), die gute Unterstützung durch den Entwickler sowie die
Möglichkeit, selbst Änderungen und Fehlerbeseitigungen vornehmen zu
können bzw. eine kompetente Firma damit zu beauftragen.

Auch hier: Das sie gut sind, ist auch ein Vorteil - gerade Gimp :-) .

Viele große und kleine Firmen unterstützen heutzutage personell und
finanziell die Entwicklung von Open-Source-Software. IBM engagiert
sich beispielsweise in die Entwicklung von Linux mit einem Betrag von
einer Milliarde Dollar in verschiedensteOpen-Source-Entwicklungsprojekte.

1 Mrd. in einem Jahr (2001) IIRC.

Das Lizenzmodell von Open-Source-Software erfordert eine
unkonventionelle Finanzierung. Da die Programme frei verfügbar sind,
können die Projekte nicht über den vielfachen Verkauf der Programme
finanziert werden. Finanzierungsquellen sind heute vor allem Spenden
bzw. die Freistellung von Mitarbeitern für Open-Source-Projekte,
Wartungsverträge und kundenspezifische Erweiterungen sowie der Verkauf
von kompatibler Hardware.

Stop! Die Finanzierung von Freier Software gibt es in diesem Sinne
weitgehend gar nicht. D.h. die wenigsten kriegen Geld dafür, *um*
Freie Software zu entwickeln. Vielmehr wird die meiste Freie Software
in der Freizeit entwickelt - oft von ExpertInnen.

Benni ist da übrigens anderer Meinung, aber mangels Beweisen beharre
ich erstmal auf meiner, dem Augenschein und anderen Hinweisen
entspringenden Wahrnehmung.

Aus dem Ansatz von "Open Source" ergeben sich langfristig viele
Konsequenzen für unsere Gesellschaft. Eine wichtige Folge ist, das die
heute z.T. noch vorhandene feudalistische Konzentration von Wissen
("Know-How als Ware") aufgehoben wird. Das in den Programmen
enthaltene Wissen steht jedermann frei zur Verfügung. Damit steht
beispielsweise auch Entwicklungsländern der ungehinderte Zugang zu
wichtigem Detailwissen in der Informatik offen. Bei der Entwicklung von
Linux kooperieren Entwickler aus Europa, den USA, Südamerika und Asien
miteinander. Das Wissen wird transparent, Firmen werden nicht längen
nach dem akkumulierten Wissen bewertet, sondern direkt nach den
Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter.

Weiterhin verändert sich durch den großen Anteil von Freiwilligkeit
der Charakter der Arbeit: ein sehr wichtiger Aspekt ist jetzt auch die
persönliche Befriedigung des Entwicklers durch die Aufgabe. Die
Tatsache, dass ein bedeutender Teil des Ergebnisses menschlicher
Anstrengungen nicht mehr direkt als "Ware" in klassischen
Austauschbeziehungen zur Verfügung steht, erfordert und ermöglicht die
Entwicklung neuer ökonomischer ("Aufmerksamkeitsökonomie") und
Kooperationsmodelle.

Na ja, Aufmerksamkeitsökonomie habe ich natürlich gefressen.
Aufmerksamkeit spielt in der Freien Software sicher eine Rolle, von
Ökonomie kann aber aus verschiedenen Gründen nicht gesprochen werden.
Der einfachste: Aufmerksamkeit ist nicht transitiv wie Geld.

Damit reicht die Bedeutung von "Open Source" weit über den Bereich der
Software-Entwicklung hinaus. Sie wird in jedem Bereich aktuell, in dem
Standardlösungen unter erheblichem Einsatz von geistiger Arbeit
geschaffen werden oder spezifische Probleme durch Anpassung solcher
Standardlösungen behoben werden können.

Ich würde nicht unbedingt auf Standardlösungen fokussieren. Auch
Speziallösungen machen als Freie Software Sinn. Irgendwo im Internet
gibt es vielleicht jemensch, die das auch braucht.

Erste Lizensierungsmodelle für
andere Bereiche gibt es bereits, so gibt es eine "Open Documentation
License", die den Bereich der technischen Dokumentation abdeckt. Auch
in der Kunst gibt es entsprechende Bestrebungen ("Open Music").

Aus dem Dargelegten ergeben sich für unsere Firma Fragen der stratgischen
Ausrichtung. Die Zukunft wird zeigen, ob sich der gegenwärtige Trend
in Richtung "Open Source" fortsetzt. Es sollte für uns geklärt werden,
inwieweit wir diese Entwicklung begrüßen und ob und wie sie durch
unsere Firma mitgetragen werden sollte.

Literatur:
[1] ...
[2] ...

Im Großen und Ganzen finde ich deinen Text aber vorbildlich :-) .
Kriegen wir auch eine evt. korrigierte Fassung?


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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