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Konkurrenz (was: [ox] Re: Soziopathen-Diskurs / war Boden(un)recht)



Hallo Franz und ihr so!

On Wed, Aug 28, 2002 at 01:26:40PM [PHONE NUMBER REMOVED], Franz J. Nahrada wrote:
Hartmut schreibt schreibt:
Dieser Satz gaukelt vor, es gäbe eine nicht auf Konkurrenz aufbauende
Gesellschaft.  

Es gibt übrigens umgekehrt keine auf Konkurrenz aufbauende Gesellschaft.

Du enttäuschst mich etwas. Ich schreib ja hier immer
gebetsmühlenartig, dass Konkurrenz und Kooperation sich gegenseitig
bedingende Prinzipien sind und keine (undialektisch verstandenen)
Gegensätze. Ich dachte eigentlich Du wärst auch dieser Meinung ;-)

Insofern habt ihr IMHO einfach beide Recht (und beide Unrecht). Man
kommt nicht sehr viel weiter, wenn man sich darüber streitet ob jetzt
Gesellschaft "auf Konkurrenz aufbaut" oder ob sie das nicht tut. Man
muss schon im Einzelnen gucken, in welchen "Ebenen" (nenn ich das
jetzt mal) der Gesellschaft Konkurrenz angwendet wird und in welchen
Kooperation und was das für den jeweiligen Gegenpart bedeutet.

Dann haben wir hier und heute folgendes Bild:

Ebene 1: 
Gesamtgesellschaftlich überwiegt Kooperation, da bestimmte
Grundannahmen nicht hinterfragbar sind und einfach gelten (Wert,
Gewaltmonopol und an guten Tagen etwas ähnliches wie Demokratie).
Diese Kooperation ist Bedingung der Konkurenz auf Ebene 2.

Ebene 2:
Hier findet sich die Konkurrenz am Markt, aber auch Hartmuts
Parkbeispiel, oder wildgewordene Autofetischisten (muss mich grad mit
einem rumschlagen). Diese Konkurrenz ist insofern Bedingung der
Kooperation auf Ebene 3, da diese meist wesentlich konstituiert wird
dadurch sich nach aussen, dem wilden Dschungel abzuschotten.

Ebene 3:
Im Kleinen überwiegt ebenso Kooperation. Mit Partnern, in der Familie
im Freundeskreis manchmal auch innerhalb einer Firma. ...

Natürlich ist das Bild wohl etwas komplizierter in Wirklichkeit.
Zwischenstaatliche Konkurrenz kommt darin nicht vor, etc... aber das
Prinzip, das ich meine, dürfte klar sein, oder?

Worauf es mir ankommt, ist das in jeder dieser Ebenen der jeweils
"andere" Anteil auf andere Ebenen "abgewältzt" wird und darin liegt
IMHO ein grosses Problem. Also: Die Probleme liegen nicht nur in einem
"zuviel an Konkurrenz" sondern darin, dass Konkurrenz in bestimmten
Bereichen Kooperation in anderen Bereichen erzwingt (und umgekehrt).
Wir errinnern uns an die "erzwungene Kooperation" von C. Spehr. Diese
findet sich im grossen ganzen ebenso wie auch z.B. innerfamilliär, wo
einfach bestimmte Bedürfnisse nicht ausgetragen werden können, weil
man ja zusammenghört. Und umgekehrt kann sich Konkurrenz im Markt
nicht austoben solange es Patente etc. gibt und solange die
Mitarbeiter unter den Bedingungen erzwungener Kooperation operieren
müssen (und deshalb nicht forken können).

Der grosse Clou an Freier Software ist nun, dass die Dialektik von
Kooperation und Konkurrenz nicht abgewälzt wird, sondern sozusagen
intern verhandelt wird. Kooperation wird gestärkt durch die gemeinsame
Verfügbarkeit von Produktionsmitteln (im weiteren Sinne ist ja
Sourcecode sowas) und Konkurrenz wird gestärkt durch die Möglichkeit
des Forks. Beide sind aber jeweils nur durch die andere Seite möglich.
Ich kann nur forken, weil ich die Produktionsmittel habe und ich kann
nur gemeinsam arbeiten, weil ich jederzeit forken kann.

Alle Probleme, die es mit Freier Software gibt und die auf dieser
Liste ja auch schon oft verhandelt wurden (externe Finanzierung,
patriachale Verhältnisse, ...) kann man mit diesem Raster auch so
verstehen, dass dort eben immer noch Kooperation und Konkurrenz
abgewälzt werden.

Das ganze kann man dann vielleicht eine etwas andere Spieltheorie
nennen, da die herkömmliche Spieltheorie auch keinen Begriff hat von
dieser gegenseitigen Bedingtheit von Kooperation und Konkurrenz, sie
aber dennoch Aussagen über die Angemessenheit des einen oder des
anderen in konkreten Situationen machen will.

Ich würde vielleicht zu dem Thema was auf der Konferenz machen wollen.
Gibt es Interesse oder ist das zu spinnert?

Grüße, Benni

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