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Re: [ox] Bildet NutzerInnengemeinschaften!




Hallo Schmendrik,

On Mon, Nov 18, 2002 at 10:33:48PM [PHONE NUMBER REMOVED], Schmendrik Zauberer wrote:
Hallo! 

Im folgenden möchte ich die realutopisch-konkrete Idee der 
NutzerInnengemeinschaft (Arbeitstitel) vorstellen, für deren Umsetzung 
computer-technisch versierte Leute gesucht sind bzw. deren (vielfache) 
Realisierung derzeit an der Technik scheitert. Ich möchte deshalb mal alle 
fragen, ob es sowas schon irgendwo gibt oder ob es jemensch realisieren 
kann. Die NutzerInnengemeinschaft dient dazu, mit dem Aufbau einer anderen 
Gesellschaft jenseits von Tauschwert und Herrschaft zu beginnen - als ein 
erster Schritt, der mir sehr vielversprechend erscheint. Aber lest selbst 
und leitet diese Mail bitte an möglicherweise interessierte 
Leute/Kreise/Listen/Webforen etc. weiter. Vielen Dank für Rückmeldungen, 
Vorschläge und Kritik! (Diskutiert oder plant gleich in Euren 
Zusammenhängen weiter oder meldet Euch bei einfreunddesmaquis gmx.de .) 

auf der Oekonux-Konferenz wurde im Workshop "Revolutionäre
Bildungsarbeit (Vernetzung)" ein ähnliches Projekt vorgestellt.
Leute, Projekte, Gruppen sollten ein Forum haben, wo Informationen
über Dinge, Wissen und sonstige Sachen die verschenkt/verliehen oder
anderweitig weitergegeben werden sollen, verteilt werden.

Zusaetzlich zu Deinen Vorstellung sollte hier aber insbesondere auch
Wissen angeboten werden. Interessenten können sich anmelden und
gemeinsame Wissensweitergabe vereinbaren.

So soll die NutzerInnengemenschaft laufen: 

Alle Mitglieder der Gemeinschaft stellen Dinge, die sie nicht permanent 
brauchen ins Internet. Alle anderen, die etwas davon brauchen, können es 
sich bei der Person ausleihen. Die Ausleihe ist dann jeweils eine 
individuell getroffene Vereinbarung zwischen Ent- und VerleiherIn (mit 
Absprachen über Risikoverteilung, Rückgabetermin etc.). Man könnte also 
z.B. auch vereinbaren, daß jemand eine Sache dauerhaft behalten kann, wenn 
er/sie sie selbst wieder zur Ausleihe anbietet. Etwas ohne 
Rückgabeforderung anbieten können sollte man natürlich sowieso auch 
können. Auch die Möglichkeit, nach etwas nicht Angebotenem zu suchen, 
müßte gegeben sein. Oder man könnte sogar aufgrund eines kollektiven 
Nutzungsinteresses etwas kaufen, daß dann über eine anfängliche Leihgebühr 
abgezahlt wird oder, oder.... Die Gesamtheit der TeilnehmerInnen des 
Systems ist zwar theoretisch nicht begrenzt, aber damit es funktionieren 
kann, sollten alle untereinander bekannt sein und möglichst nahe zusammen 
wohnen. Neben der Lis te mit den Gegenständen/Fertigkeiten/Strukturen und 
TeilnehmerInnen müßte es auch so ein Bewertungs- oder Berichtsforum geben, 
wo über die Verleih- und sonstige Kooperationsformen berichtet wird, falls 
sich Leute nicht an Absprachen halten, Geld verlangen oder sowas. 
Letztlich also alles nicht viel anders als es in Einzelfällen unter 
FreundInnen von Mund-zu-Mund läuft. Nur wäre eine solche internetbasierte 
NutzerInnengemeinschaft viel praktischer, umfangreicher, mit mehr 
politischer Ausstrahlung und der Möglichkeit einer kollektiven, 
planerischen Gestaltung des Warenpools ausgestattet, ohne daß die Leute 
gleich in Groß-WGs oder Kommunen wohnen müssen. Mit der 
NutzerInnengemeinschaft wären einige Probleme von Umsonstläden entschärft 
(s.u.). 



Technische Anforderungen: 

Allerdings bräuchte jede NutzerInnengemeinschaft eine 
betreuungsunaufwendige Internetseite, die folgenden 
(Mindest-)Anforderungen genügen müßte: Persönlicher Zugang mit Paßwort zum 
Waren einstellen und Adressen, Telefonnummern anschauen; 

Adressdaten müssten aus Datenschutzgründen allerdings nicht direkt
einsehbar sein. Über ein Chiffre-Verfahren (wie bei
Zeitungsanzeigen) sollte das aber leicht lösbar sein.

die 
entsprechenden Internetseiten mit einer Datenbank, aus der hervorgeht, was 
wer anbietet und ob es bestimmte Bedingungen für die Nutzung von etwas 
gibt; die Datenbank sollte möglichst in verschiedener Weise sortierbar 
sein, insbesondere nach Art der Gegenstände (Werkzeug, Bücher...) und nach 
den Mitgliedern;

Eine Sortierung in verschiedene Gruppen existiert schon in
rudimentärer Form.

Möglichkeit nach einem konkreten 
Gegenstand/Fertigkeit/Struktur zu suchen; Möglichkeit zur Aufgabe von 
"Suche-Anzeigen"; Bewertungs- und Berichtsforum; eine ständige Buchführung 
über Ausleihen ist wohl überflüssig und unflexibel, die Möglichkeit in 
Einzelfällen zu entsprechenden Vermerken (z.B.: ausgeliehen bis ...) von 
Seiten der EigentümerInnen müßte aber dennoch da sein. Diese technische 
Plattform ist natürlich umso besser ist, wenn die verschiedenen 
Gemeinschaften möglichst viel an dem technischem System nach ihren 
Wünschen einrichten könnten (Module/Funktionen an/abschalten) und das 
alles auch noch möglichst einfach ginge.

Ähhh...entweder leicht zu benutzen oder viel konfigurieren. Beides
ist nicht leicht unter einen Hut zu kriegen. Na vieleicht mit einer
guten Dokumentation...

Außerdem müßte das System 
prinzipiell ausbaufähig sein. Gesucht wird also eine Person oder besser 
Gruppe, die entweder so eine Internetseite für verschiedene 
NutzerInnengemeinschaften anbieten kann oder die das Nötige (ein Programm 
oder was immer man dafür braucht) für die verschiedenen 
NutzerInnengemeinschaften zur Verfügung stellen kann. Wobei es vermutlich 
erstmal darum ginge, mit der Entwicklungsarbeit überhaupt anzufangen. 

Richtig.
Ich bin dabei mit der Projektwerkstatt (http://www.projektwerkstatt.de/)
ein Datenbank-Projekt zu machen. Es werden immer viele Leute gesucht
die Ideen dazuliefern und mitarbeiten.

Vorteile/Probleme: 

Das Gute wäre, daß man vermutlich tatsächlich sehr viele Dinge einfach 
teilen/verleihen könnte bzw. Zugriff bekommt auf Dinge, ohne für sie 
lohnarbeiten zu müssen: Werkzeuge und Geräte, Eiscrusher, Weingläser, 
Auto, Wochenendhaus, Bücher, CDs etc.pp. Gut wäre auch, daß man sich 
kennt, eine höhere Verbindlichkeit und mehr Vertrauen entsteht - man kann 
mit dem Angebot planen, weiß wem man was gibt und man kann sich auch mal 
treffen, um die NutzerInnengemenschaft weiterzuentwickeln, neue Leute 
aufzunehmen oder Probleme auszuräumen. Zudem kann man so auch Dinge 
teilen, die man eigentlich braucht und die man deshalb nicht endgültig 
weggeben möchte. Und es gibt anders als bei Kommunen mit 
Gemeinschaftseigentum eine sehr niedrige Ein- und Ausstiegstiegshürde. 
Gegenstände wären ja zudem nur ein Beispiel der gemeinsamen Nutzung, 
ebenso könnte man über das System Fertigkeiten zur Verfügung stellen oder 
auch Strukturen, wie etwa Partyraum- oder Werkstattzeiten, gut 
ausgestattete Küchen etc. 

Genau letzteres ist insbesondere Fokus der Projektwerkstatt: Wissen
und moeglichkeiten der Wissensweitergabe zu organinisieren und Raum
zu geben.

Solche NutzerInnengemeinschaften sind unter den bestehenden Umständen 
natürlich auch nicht gegen alles gewappnet. Vielleicht haut doch mal 
jemand mit einem Teil ab oder es geht was kaputt und niemand bezahlt es 
oder die Inanspruchnahme von einzelnen Leuten oder Dingen wird sehr 
ungleich oder extrem hoch. Andererseits kann man in einer Gemeinschaft von 
Bekannten aber über so etwas reden und kreative Lösungen ersinnen oder man 
kann sich individuell verweigern mit manchen Leute zu kooperieren oder 
(drohen) bestimmte Waren aus dem System (zu) nehmen. 

Ähnliche Probleme wie im Umsonstladen, da gibts (glaub ich) genug
Erfahrungen, damit gescheit umzugehen.

	     [...Nützlicher als Umsonstläden...]

Wobei natürlich klar gesagt werden muß, daß die beiden Ideen nicht 
gegeneinander stehen und mit dem obigen auch nichts darüber ausgesagt ist, 
wie es in einzelnen existierenden Umsonstläden tatsächlich läuft - es 
handelt sich eher um einen von der Praxis inspirierten Vergleich auf der 
theoretischen Ebene. 

Ich denke beides ist nötig. Die physikalische Anwesenheit von Leuten
und der direkte Komunikative Austausch ist unersetzbar. 

Bei unserem Projekt war auch angedacht eine Möglichkeit zu bieten
Listen bestimmter Kriterien (z. B. Ort) ausdrucken zu können, um sie
dann z. B. in Umsonstläden aushängen zu können (falls der Laden
nicht über einen Internetanschluss verfügt).

Hinzugefügt werden muß noch, daß sich - bleibt man 
dabei stehen - auch NutzerInnengemeinschaften gemäß der Sozialstruktur 
organisieren dürften. Die eine NutzerInnengemeinschaft verfügt dann halt 
über Privatjets, temperierte Weinkeller und Wochenendhäuser auf Ibiza, die 
andere nur über übertragbare ÖPNV-Karten, Digitalkameras und Bücher. Eine 
NutzerInnengemeinschaft ersetzt also ebensowenig wie ein Umsonstladen den 
Kampf um die gleiche Verteilung der Güter, aber sie macht m.E. besser 
deutlich, in welche Richtung eine nicht-altruistische Utopie entwickelt 
werden könnte. 

Das käme auf den Versuch an ;-)

Nochmal die Fragen: 

Wer kann sowas programmieren, für NutzerInnengemeinschaften zur Verfügung 
stellen und dann auch noch Leute schulen, damit die es betreuen können? 

Ich kann und werde so etwas programmieren. Ich bin gerade am planen
und brauche noch jede Menge Vorschlaege und Mithelfer.

Wer kennt so ein System aus der Praxis? Wer hat Lust so ein Programm (oder 
was man da internetmäßig für braucht) herzustellen? Wer kennt Leute, die 
ebenfalls über sowas nachdenken bzw. schon an der Umsetzung basteln? Wer 
hat Lust so etwas mitzuorganisieren?

Die Projektwerkstatt (in Giessen?), ein Umsonstladen in Berlin und
bestimmt noch viele andere, die ich nicht nennen kann, da ich sie
nicht kenne.

Gruesze,
	Olf

-- 
# olf from europe
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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