Message 06016 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT05345 Message: 38/91 L8 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

[ox] Re: Repraesentation



Hi Matthias und Liste!

Last week (7 days ago) Matthias Schulz wrote:
Ich schreibe jetzt auch mal was,

Welcome :-) .

und das gleich zu so einem schwierigen
Thema.

Ja, ein großes Rad, das wir hier drehen.

Ob das mal gut geht? ;-)

Klar :-) .

Am Sonntag, 1. Dezember 2002 15:20 schrieb Stefan Merten:
Last week (11 days ago) Olf Kaus wrote:
On Sun, Nov 17, 2002 at 02:52:51PM [PHONE NUMBER REMOVED], Stefan Merten wrote:
2 months (70 days) ago Stefan Meretz wrote:

[...]

Da es unmöglich für eine einzelne Gruppe
ist, für einen Menschen oder sogar viele Menschen zu sprechen...und
das ist keine Umdeutung, sondern Fakt.

Nun ist "für einen oder sogar viele Menschen" zu sprechen natürlich
ein dicker Hammer. Aber es geht ja gar nicht um diese Totalität
(jedenfalls nicht, wenn wir Staat / Gesellschaft / Multitude erstmal
außen vor lassen - was ich hiermit mal tue - auch weil ich da ja auch
meine Probleme habe).

Vielmehr geht es um *bestimmte* Interessen eines Menschen. Und du
wirst mir kaum widersprechen, dass du Interessen hast, die andere
problemlos für dich vertreten können. Und auch, dass du dich zu diesem
Zweck mit Gleichgesinnten zu einer Gruppe zusammenschließt.

Zu welchem Zweck?

Na, du gibst ihn doch selbst an:

Ich kooperiere mit Menschen um meine _eigenen_ Bedürfnisse zu erfüllen.

Im Modus der gegenseitigen Selbstentfaltung kann ich mir allerdings
auch indirekte Varianten vorstellen - d.h. du erfüllst andererleute
Bedürfnisse, um deren Selbstentfaltung zu steigern - und damit
indirekt deine eigene.

Nehmen wir
ein einfaches Beispiel und denken mal, dass du gerne Fußball spielst.
Wenn du das gerne tust, brauchst du ein paar MitspielerInnen - alleine
ist das wohl ein wenig fade. Außerdem brauchst du ein paar Utensilien,
zumindest aber einen Ball. Außerdem ein Gelände wo Fußballspielen
möglich ist.

Ok, ich suche Menschen, denen _je eigenes_ Bedürfnis es ist, Fussball zu
spielen. Und wir suchen uns dann die Mittel dazu, aber aus je eigenem
Interesse.

Ja, so meinte ich das.

D.h. aus deinem Bedürfnis nach Fußballspielen wächst eine bestimmte
Interessenlage. Diese Interessen kann doch problemlos jemensch anders
für dich vertreten - oder?

Ich denke, jemensch kann nur die eigenen Interessen vertreten.

Warum? Damit ist mensch sicherlich quasi auf der sicheren Seite - die
eigenen Interessen kennt mensch am besten. Aber es gibt 1000
Situationen, wo Menschen ganz legitimerweise andere als je eigene
Interessen vertreten.

Was ist daran "böse Herrschaft", wenn sich
jemensch aus der FußballerInnengruppe aufmacht und einen Fußballplatz
besorgt?

Wenn dieser Mensch es zur Erfüllung eines eigenen Bedürfnisses tut, ist es
nicht "böse".

DieseR Jemensch vertritt in diesem Moment aber gerade das
Interesse der Gruppe.

Nein, nur sein eigenes. Es stimmt zwar mit den Interessen der anderen
überein, aber er vertritt nur sich selbst.

Na, das ist in der Praxis aber ein bisschen blöd. Die RepräsentantIn
kann ja eigene Interessen haben, die mit der Absprache nicht 100%
übereinstimmen. Wenn sie dann tatsächlich nur sich selbst vertritt,
wird sie von den anderen aber - zu Recht - was zu hören kriegen.
Tatsächlich repräsentiert sie dann nämlich nicht mehr das Interesse
der Gruppe.

Wenn dieseR Jemensch selbst nicht zu der
FußballerInnengruppe gehört - was ja denkbar ist -, dann vertritt
dieseR Jemensch bzgl. dem Fußballplatz nicht mal mehr ihr eigenes
Interesse.

Wieso sollte dieseR Jemensch es dann überhaupt tun?

Weil sie den FußballerInnen einen Gefallen tun will? Die entfremdete
Variante: Weil sie dafür bezahlt wird?

Ein paar Gedanken:

In einer Gruppe schliessen sich Menschen mit ähnlichen Bedürfnissen (in einem
Bereich) zusammen.

Ja.

Vertritt ein Mensch seine eigenen Interessen, sieht es von
außen so aus, als vertritt er die ganze Gruppe.

Hier gibt es unterschiedliche Rollen: Tritt der Mensch als
(ungebundenes) Individuum auf oder ist der Mensch Gruppenmitglied.
Wenn sie als Individuum auftritt - was ggf. explizit kenntlich gemacht
werden kann - dann ist die Vertretung in keinem Fall gegeben.

Wenn er wirklich die ganze
Gruppe vertritt (d.h. er empfindet es so), ist es tranzendent, ihm
äusserlich.

Das ist eine interessante und legitime Frage die du da ansprichst.
Allerdings würde ich hier eher von Entfremdung sprechen. Ist das
wirklich so, dass nur meine je eigenen, bauchnabelorientierten
Handlungen nicht entfremdet sind? Kann ich nicht auch - bewusst und
gewollt - Rollen einnehmen, in denen ich nicht immer nur meinen
Bauchnabel vertrete? Ich denke, dass das ohne Entfremdung geht. Aber
ich würde dir recht geben, dass die Entfremdung da eine stete Gefahr
ist. Das kann beim Bauchnabel in der Tat per Definition nicht sein.

Damit bekommt die Gruppe ein eigenes Interesse und eine
Identität.

Sagen wir: Eine Gruppe kann eine eigenständige Entität werden. Sie ist
von allen Individuen - auch ihren Mitgliedern - und von anderen
Gruppen und auch von der Gesellschaft unterschieden. Ersteres und
letzteres sind andere Kategorien.

Es wäre aber m.E. zu kurz gedacht, diese Entitätsbildung erst im
Moment der Repräsentation anzunehmen. Eine Gruppe kann als
eigenständige Entität auch lange existieren, bevor eine Repräsentation
existiert. Vielleicht sogar ganz ohne.

Das Gruppeninteresse überformt dann die je eigenen Interessen der
Mitglieder.

Es formt sie zumindest mit - wenn die Individuen als Gruppenmitglieder
auftreten.

In einer Gruppe ohne tranzendente Bezüge, kooperieren die Menschen nur über
ihre Praxis miteineinader. Es gibt kein dem Individuum äusseres Interesse,
das die Gruppe zusammenhalten müsste oder gar eine Richtung vorgibt.

Ja.

IMHO heisst das auch, das die Gruppe gar nicht existiert (im Sinne von keine
Identität besitzt, nicht das "Wesen" ist), sondern nur eine Erscheinung ist,
die aus der Praxis der Menschen entsteht.

Ich verstehe nicht ganz, wo da der Widerspruch ist. Eine Erscheinung
existiert ja auch - oder? Dass eine Gruppe die Folge von irgendetwas
ist, widerspricht dem ja nicht.

Meinst du, dass Gruppe als Begriff dann nicht zu diskutiert werden
braucht, weil es reicht die Praxis der Menschen zu diskutieren? Das
wäre für mich analog dazu, nicht vom Kapitalismus zu reden, weil es ja
genügt anzuschauen, wie die Menschen mit Geld umgehen.

Oje, oje, ziemlich wirr, bin nicht so gut im schreiben :-(

Ich fand es gar nicht wirr :-) .


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


[English translation]
Thread: oxdeT05345 Message: 38/91 L8 [In index]
Message 06016 [Homepage] [Navigation]