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Re: [ox] Selbstentfaltung ohne Vereinnahmung - Beispiel



Hi Stefan,

ich konnte nicht andersm, als einige - vielleicht- polemische- Anmerkungen zu 
Deiner Replik zu machen ....

Am Mo August 18 03 22:17 schrieb Stefan Merten:
Hi Heinz und Liste!

Eigentlich hatte ich den Thread schon abgelegt, aber irgendwie hat
mich das nicht los gelassen.

Tatsächlich, warum?

3 weeks (24 days) ago Heinz Weinhausen wrote:
Computergesteuerte Maschinen haben wir noch nicht angedacht.

Obwohl euch die bei eurer alterschwachen Mühle - ähm: LKW - vermutlich
sogar gute Dienste leisten könnten: Mit entsprechenden Messmaschinen
könntet ihr die defekten Bauteile vermessen um sie dann mit geeigneten
Fabbern neu herstellen zu lassen. Das Ende des Flickwerks...

Sorry, aber dieses Statement erinnert mich an einen unbestätigten/ 
kolprtierten Spruch aus der französischen Revolution angesichts des 
protestierenden "Pöbels": Was, die wollen Brot? Sollen sie doch Kuchen essen!

Knackpunkt bei uns ist, dass wir die Technik insofern beherrschen, dass
wir lernen, einfache bis mittlere Störungen selbst zu beheben,

Das ist mein Problem mit Projekten wie der SSM: Es findet auf
handwerklichem Niveau statt. Da können einfache bis mittlere Störungen
gerade noch behoben werden. Und da es alles in Subsistenz geschehen
muss - äußere Mittel stehen ja nicht zur Verfügung - reduziert sich
das auch noch auf das Wissen, das gerade zufällig ins Projekt gespült
wurde, oder ohne besondere Ausbildung autodidaktisch zu erwerben ist.
Auf diesem Niveau ist die komplexe Technik, die heute Standard ist, -
wie ihr selbst feststellt - nicht zu beherrschen geschweige denn
weiter zu entwickeln.

Aber es ist ein Schritt auf diesem Weg. Top - Down betrachtet natürlich 
"unzureichend"??. Erzähl das mal z.B. Leuten in anderen marginalisierten 
Regionen der Welt!

Da liegt m.E. ein tieferer Grund dafür, dass ein Projekt wie die SSM
keine Überwindungsperspektive haben kann (was ich vor vor Oekonux
übrigens auch mal geglaubt hatte).

Es ist aber immer gut zu hören, dass Menschen versuchen ihr Leben selbst in 
die Hand zu nehmen. Wenn Oekonux kein elitäres Projekt ist / sein soll, dann 
wäre es gut davon auszugehen, dass die kapitalistische Gesellschaft nicht 
durch den " deus ex machina" überwunden und in den "siebten Himmel" 
übergeführt wird, sondern durch vielfältige reale, bunte, widersprüchliche, 
widerständige, soziale und politische Initiativen und Vernetzungen.

Der andere tiefere Grund ist, dass ihr eben aus der Arbeit als Fron
nicht rauskommt. Legion sind die Schilderungen, wie toll es in der SSM
klappt, das Leiden zu verteilen. Ich kann - Gemeinschaft hin oder her
- an der Verteilung von Leiden nichts Tolles finden - und schon gar
keine Überwindungsperspektive erkennen. Leiden gehört abgeschafft oder
zumindest minimiert - und nicht zelebriert.

Für diese Unterstellung solltest Du konkrete Anhaltspunkte liefern. So ist es  
zu abstrakt/pauschal.

War es nicht auch das "Leiden" an den Widerwärtikeiten "proprietärer / 
kapitalistischer" Softwareproduktion und - Verwertung, die die Freie 
Softwarebewegung entstehen ließ? = Reduktion von Leiden durch Kooperation?

Mit der permanenten Peitsche des Untergangs bedroht schafft ihr es
nach eigener Schilderung eben gerade, das Leiden namens Arbeit
halbwegs gleichmäßig zu verteilen und brüstet euch noch damit, jede
Lebensäußerung in Arbeit zu verwandeln. Das soll's sein?

Lieber Stefan Merten, ich nehme an, daß Du keine Ahnung von dieser Lebenswelt 
hast.

Warum schafft ihr nicht aus eurer Selbstentfaltung heraus einen
Überfluss wie es in der Freien Software geschieht? Die Frage ist
durchaus Ernst gemeint und zielt darauf, die Unterschiede zwischen SSM
und Freier Software zu betachten.

Das ist elitärer Unsinn ! Sprachlich und faktisch!

da wir
uns sonst zu sehr vom Geldmarkt abhängig machen

Ihr macht euch nicht nur nicht vom Geldmarkt abhängig, sondern nehmt
euch auch die Chancen, die Arbeitsteilung bietet. Nur die Teilnahme an
einem arbeitsteiligen Gesamtproduktionsprozess kann heute die
materielle Lebensqualität sichern, hinter die zurück nur harsche
Verzichtsideologie führt. Und wie das - in der vergleichsweise
abgemilderten Variante - aussieht, führen uns unsere Herrn und Damen
PolitikerInnen ja mittlerweile auf täglicher Basis vor.

Die versuchen, sich von Staatsknete unabhängig zu machen, weil die Art und 
Weise wie Knete im Sozialhilfebereich "vergeben" (sic!) wird, unwürdig und 
tendenziell menschenverachtend ist.

und wir stets eher zu
wenig Geld haben (was aus antipolitischer Sicht gut und vorwärtstreibend
ist).

By the way: Was verstehst Du unter antipolitisch?

Wir haben deshalb zuwenig Geld weil das verfügbare Geld der nachträglich 
ausbezahlte "Lohn" für die schon verwertete Arbeitskraft ist.  Lohngeld 
schliesst die Teilhabe am kollektiv produtzierten Mehrwert aus.


Es ist in eurem Fall nicht vorwärtstreibend, weil es keinen Ersatz für
das gibt, was das Geld (noch) zu leisten im Stande ist. Das ist bei
Freier Software anders. Da ist in der Doppelt Freien Software die
Abwesenheit von Geld sogar *Bedingung* für die Selbstentfaltung - und
nicht der Zwang sich zu den Verhältnissen irgendwie zu verhalten.

...weil die "Doppelt Freie Software" sich gegenwärtig noch in einer relativ 
abgehobenen Sphäre (Spielwiese?) bewegt. In dem Maße, wie die Freie Software 
politisch/gesellschaftlich relevant wird, wird sich die Bewegung " zu den 
Verhältnissen irgendwie" verhalten müssen, d.h. z. B. zum politischen System.

In anderen Worten meine generelle (Hypo)These: Stofflich-produktiver
Reichtum gibt in einem Entkoppelungsprojekt nur Sinn, wenn parallel dazu
die geistige Produktivkraftentwicklung einhergeht. Lieber kleine
Brötchen backen als gar keine. Langsam steigern.

Na, ich bin da nicht so sicher. Die SSM ist sicher eine feine Sache,
aber ich würde sie heute nicht mehr als perspektivenreichen Ansatz
begreifen.

Si ta cuisses, philosophus mancisses
Frei übersetzt von einem Nicht-Lateiner: Wenn Du hier geschwiegen hättest, 
hätte ich Dich für einen Philosophen gehalten.

						Mit Freien Grüßen

						Stefan

Warum erinnert mich "Mit freien Grüßen"  an  George Orwells´s "1984"
Ich weiss es nicht.

Lass es Dir gut gehen

frieder
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de

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