Message 07360 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT07349 Message: 3/4 L1 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Re: [ox] Zacks Kernel News: Neue Lizenz in der Diskussion



Hallo,

On Fri, 10 Oct 2003, Stefan Merten quoted Linux-Magazin 10/03:
Es gibt auf der Kernel-Mailingliste erste Bestrebungen, die GPL fallen
zu lassen und dafür die Open Source Licence
[http://www.opensource.org/licenses/osl.php] einzusetzen.

Zur Erläutung falls es nicht allen bekannt ist: die OSL kopiert die GPL in
ihrem "viralen Effekt": GPL verlangt dass alle abgeleiteten Werke unter
GPL gestellt bleiben, OSL verlangt OSL für alle abgeleiteten Werke. Der
Effekt ist also eine Spaltung der freien Software: GPL- und
OSL-lizenzierte Software können unmöglich in einem abgeleiteten Werk
kombiniert werden, weil man nicht beide Klauseln gleichzeitig erfüllen
kann.

In dem zitierten Kernel-Diskussion wird deshalb nicht ernsthaft "nur OSL"
für neuen Code erwogen, sondern erstmal Dual-Licensierung, also Code unter
sowohl GPL + OSL zu stellen -- solange es Kernel-Teile gibt, die nur unter
GPL stehen (und dabei wird es wohl bleiben, siehe Sisyphusarbeit), ist das
der einzige Weg dort eine alternative Lizenz einzubringen.

Laut einiger Abonnenten der Kernel-Mailingliste ist die OSL aus
juristischer Sicht überlegen.

Bin kein Jurist, habe da aber meine Zweifel. Zum Beispiel beim
Gewährleistungsausschluss: Die GPL enthält die wichtige Einschränkung:
"THERE IS NO WARRANTY FOR THE PROGRAM, ***TO THE EXTENT PERMITTED BY
APPLICABLE LAW***". In der OSL scheint dieser Bezug auf geltendes Recht zu
fehlen. Das kann meines Wissens z.B. nach deutschem Recht dazu führen,
dass der gesamte Gewährleistungsausschluss als nichtig, weil unzulässig
weitgehend, betrachtet wird. Zumindest hierzulande könnte also die
Verwendung der OSL zu unliebsamen Überraschungen führen...

Aber ungeachtet der Frage welche Lizenz in einzelnen Punkten (oder auch
insgesamt) besser oder schlechter ist: durch Dual-Licensing kann man die
eigene juristische Position ja in keinem Fall verbessern, man handelt sich
nur das Schlechteste beider "Welten" ein. Jedes Schlupfloch und jeder
Angriffspunkt, den die GPL womöglich bietet, kann genutzt werden, und
ebenso jede Schwäche der OSL...

Dual-Licensing kann also zu rechtlichen Risiken führen;  Single-Licensing
spaltet die freie Software. Ein hoher Preis, um ein bischen
Stallman-Bashing betreiben können -- und darum scheint es ja doch primär
zu gehen, denn (wie Benni schon schrieb) wenn es wirklich um Befürchtungen
bzgl. zukünftiger GPL-Versionen ginge, würde es ja reichen, den Zusatz "or
(at your option) any later version" wegzulassen.

Ein Versuch der Spaltung der Freien-Software-Codebasis um eine missliebige
politische Haltung abzustrafen -- "OHA" at its worst...

Ciao
	Christian

------------ Christian Siefkes -----------------------------------------
|     Email: christian siefkes.net    |     Web: http://www.siefkes.net/
| Berlin-Brandenburg Graduate School in Distributed Information Systems:
------------------------------------- http://www.wiwi.hu-berlin.de/gkvi/
"I don't want *any* boss," Mr Propter went on. "The more bosses, the less
democracy."
          -- Aldous Huxley, After Many a Summer


________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



[English translation]
Thread: oxdeT07349 Message: 3/4 L1 [In index]
Message 07360 [Homepage] [Navigation]