Begriff Objektivierung (was: Re: AW: AW: [ox] effiziente wirtschaft)
- From: Stefan Meretz <stefan.meretz hbv.org>
- Date: Sat, 10 Jan 2004 13:04:35 +0100
On Wednesday 07 January 2004 09:12, Stefan Seefeld wrote:
Ja, auch ok. klingt aber mir ein wenig nach einem Subjekt, einem
Uniformisierer, der dahinter steht. IMHO handelt es sich aber um
einen subjektlosen, objektiven und eben objektivierenden Prozess, der
"alles gleich macht". Da kommen natürlich auch die Gedanken wie
Gleichheit und Freiheit her - was ja nix schlechtes ist.
nenne es wie Du willst, ich sehe nur eben nicht wie Du von 'objektiv'
auf 'alles gleich' kommst. Das ist (hoffe ich) alles andere als
sprachliche Haarspalterei. Ich vermute vielmehr, dahinter versteckt
sich noch mehr...
Ja, könnte sein;-)
Es versuch's nochmal: Ein ("bloß") objektiver Prozess ist einer, der sich
unabhängig von unserem Wollen vollzieht. Ein objektivierender Prozess ist
ein objektiver Prozess, der seine Logik aufzwingt, der gleich macht, nach
seinem Bilde formt, der unterordnet.
Klassisches Beispiel: In der Manufaktur des Frühkapitalismus wurden
Handwerker unter einem Dach versammelt, die aber im wesentlichen das
gleiche machten wie vorher. Sie waren aber nicht mehr "frei", sondern
standen unter der Gewalt des Manufakturbesitzers und waren in diesem
Sinne "Objekte". Marx nannte das "formale Subsumtion" (formale
Unterordnung). Die Manufaktur hatte in dieser Zeit noch keine
"objektivierende" Qualität. Diese Wirkung kam erst mit dem entfalteten
Kapitalismus. Die flächendeckende Warenproduktion wurde das bestimmende
Prinzip, die Verwertungslogik universeller Maßstab. Arbeiter mussten ihre
Arbeitskraft verkaufen und Kapitalbesitzer den Verwertungsprozess
organisieren. Das nannte Marx "reelle Subsumtion". Im Prinzip geht nun
nichts anderes mehr, kann man nicht anders sein Leben reproduzieren als
in dieser Form - obwohl die individuelle Freiheit gar nicht suspendiert
ist, im Gegenteil: sie wurde ja erst geschaffen.
was hat Determinismus mit (Nicht-)kritisierbarkeit zu tun ?
Ich schrieb, dass der objektive gesellschaftlche Prozess (mit der
gleichmachenden, abstraktifizierenden Verwertungslogik im Zentrum)
solche Gedankenformen, wie wir sie als Wissenschaftsmodell der
Naturwissenschaften kennen, erzeugt. Gäbe es einen deterministischen
Zusammenhang: objektiver Gesellschaftsprozess => Gedankenformen, dann
wären wir alle in der Tat verloren. Da dem offensichtlich nicht so
ist (hier also btw. Naturwissenschaft nicht funktioniert), ist eine
kritische Distanz möglich.
na dann sollten wir mal untersuchen, was 'innen' und was 'aussen' da
nun bedeuten. Ich betrachte mich als Teil des Ganzen, und meine
kritische Distanz (zu Teilen, nicht zu dem Ganzen !) damit auch.
Ich bin mir nicht sicher, was du mit "innen/außen" meinst. Meine Argumente
sind immanent, also von innen und nicht von einem Außen gedacht. Die
Möglichkeit der kritischen Distanz zu einem Prozeß, dessen Teil ich bin,
ergibt sich, weil es keinen determinierten Zusammenhang zwischen mir und
dem Gesamtprozeß gibt, zu dem ich gehöre. Voraussetzung ist natürlich das
Denken, was mir ermöglich, mich gedanklich "neben" den Prozess zu
stellen.
Um's noch mal ein bischen klarer zu machen: ich denke (objektive)
Erkenntnis muss nicht von Aussen kommen. Sonst w"aren wir in der Tat
verloren ;-)
Völlig einverstanden, sie kann nur von innen kommen.
Die Kritik ihrerseits kann wiederum "nur" aus dem gesellschaftlichen
Vorrat der Gedankenformen schöpfen. Insofern sind die
Oekonux-Gedanken objektiv Teil des gesellschaftlich Denk-Möglichen.
Damit sei angedeutet,
genau. Hoch lebe die Dialektik ! :-)
:-)
dass es wissenschaftliche Begriffe gibt, die anders konstituiert
werden (müssen) als durch Messbarkeit, Determinierbarkeit,
Wiederholbarkeit etc.
Hier hast Du mich abgeh"angt.
Wo genau?
Die Aussage ist: Wenn ein Zusammenhang nicht deterministisch ist, dann
kannst du nicht naturwissenschaftlich vorgehen.
Das ist in der Tat schwer zu verstehen, warum etwas nicht eindeutig
festgelegt ist und trotzdem auch nicht einfach (z.B. durch Politik)
wesentlich veränderbar ist. Da kann man in zwei Pole im Denken kippen:
"Das ist so wie in der Naturwissenschaft: letztlich ist alles
determiniert, nur die Variablenzahl ist sehr groß" oder: "Da der
Zusammenhang nicht determiniert ist, sind wir frei, beliebig zu handeln -
man muss nur wollen..." Beides ist, hm, sagen wir: "undialektisch":-)
Ciao,
Stefan
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