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Re: [ox] link zu: Copyright und Copyleft (EXIT! 1



Hi zusammen!

3 weeks (26 days) ago Karl Dietz wrote:
http://www.exit-online.org
/html/link.php?tab=aktuelles&kat=
Petra Haarmann: Copyright und Copyleft (EXIT! 1)
&ktext=Copyright und Copyleft

Der obige Artikel scheint auch unter

	http://www.trend.infopartisan.net/trd0904/t050904.html

verfügbar zu sein. Keine Ahnung ob Raubkopie oder autorisiert / gegen
Gegenleistung.

der obige artikel hat einige formale fehler, die bei einem artikel zu
diesem thema nicht sehr für die qualität des artikels sprechen.

Vielleicht sollte zur allgemeinen Kenntnis gebracht werden, dass Petra
ziemlich lange auch auf dieser Liste war. Mir ist nicht ganz
erklärlich, wie vor diesem Hintergrund dieser Artikel entstehen kann -
mal Gutwilligkeit und Interesse an theoretischer Tätigkeit seitens
Petra vorausgesetzt. Na, vielleicht stimmt ja auch einfach die
Voraussetzung nicht.

Aber Petra ist im `Cc:' und kann sicher korrigieren, erläutern, etc.

in der liste wertkritik hat auch s.mz. kurze anm. zum artikel
gemacht. sind im netz zu lesen. die liste hat offene archive.

Link?

Ich bin endlich dazu gekommen, den Artikel ganz zu lesen - genau
genommen die HTML-Version oben, bei der drunter steht, dass sie den
Exit!-Artikel spiegelt.

Hier ein paar Bemerkungen dazu.

Petra Haarmann wrote:
In jüngster Zeit dringt frohe Kunde an das Ohr des
Zirkulationssubjekts: Sich selbst entfaltende Menschen produzieren
Reichtum, den sich jede und jeder ohne Gegenleistung ganz einfach
aneignen darf.

An*eign*ung würde ich das nicht nennen. Wenn ich Eigentum als
Institution zur Sicherung der Knappheit betrachte, dann geht das bei
der Nutzung von Informationsgütern - von denen hier die Rede ist - gar
nicht. "Nehmen" finde ich als Begriff da wesentlich treffender.

?/Copyleft bedeutet Reichtum zu produzieren, der
keine Wertform annehmen muß"/, schreibt Stefan Meretz, im*
*deutschsprachigen Raum einer der prononciertesten Vertreter der
Copyleft-Lehre*,

StefanMz Vertreter einer Lehre? Das würde ich ja als eine persönliche
Beleidigung auffassen ;-( .

*in der jüngsten Ausgabe der Streifzüge (Streifzüge
1/2004, S. 11)

Gibt's den auch online? Ich finde es immer bezeichnend, wenn ohne
guten Grund es den LeserInnen erschwert wird, sich selbst ein Bild zu
machen.

und fährt gleich damit fort, die schöne Neue Welt
hinter dem durch Copyleft aufgestoßenen "/Türchen/" in den
schillerndsten Farben zu beschreiben: Das freigegebene Wissen, von
sich selbst entfaltenden Menschen (Selbstentfaltung) begierig
aufgenommen, treibt die Produktivkraftentwicklung in nie zuvor
gekannten Maße an;

Nun, ich bin nicht sicher, was StefanMz da geschrieben / gemeint hat.
Ich würde aber nicht denken, dass die Produktivkraftentwicklung
besonders beschleunigt bzw. die Produktivkraft gesteigert wird. Das
Tempo ist schließlich auch in anderen Bereichen hoch und gesteigert
wird an allen möglichen Ecken.

Ich würde allerdings meinen, dass die Produktivkraftentwicklung einen
qualitativen Umschlag erfährt. Das ist die Stelle wo die Keimform
eines neuen Produktivkraftmodells nicht nur Platz hat, sondern sogar
gefordert ist.

Wo das Produktivkraftmodell nicht mehr zum Stand der
Produktivkraftentwicklung passt, sind Katastrophen nahe. IIRC haben
Krisis-Leute in lichteren Tagen den Niedergang des Ostblocks z.B. so
dechiffriert: Das Produktivkraftmodell real-existierender Sozialismus
verhinderte die Entfaltung der produktiven Potenzen - die allerdings
im globalisierten Umfeld den Kapitalismus auch nicht mehr interessiert
haben.

Dass aus emanzipatorischer Perspektive das Produktivkraftmodell zum
Stand der Produktivkraftentwicklung passen sollte, würde ich
jedenfalls mal als gegeben annehmen.

diese sprengt die ihr durch das Kapitalverhältnis
auferlegten Fesseln, entsorgt kurzerhand die Wertform und schafft
Mengen stofflichen Reichtums, die sich die Produzenten dann nach
ihren Bedürfnissen aneignen können.

Nur um es nochmal fest zu halten: Das "jeder nach ihren Bedürfnissen"
scheint mir in allen emanzipatorischen Theorien irgendwie Basis zu
sein.

Dabei bildet Copyleft des
Bürgers neuen /?Schutzraum, vergleichbar den von Mauern umgebenen
Städten im dominanten Feudalismus des späten Mittelalters/?.

Nettes Bild das mit den Stadtmauern.

Dieser mit Pathos vorgetragene Entwurf greift jedem Kleinbürger an
Herz.

Wem ein Entwurf ans Herz greift ist mir jedenfalls erstmal egal.
Wichtiger ist mir seine Stichhaltigkeit.

Davon abgesehen sehen gerade Kleinbürger auch gerne und schnell die
negative Seite Freier Software: Freie Software zerstört nämlich immer
auch Arbeitsplätze, da zumindest deren Herstellung tauschfrei erfolgt
und damit eben Arbeitsplätze zerstört. Ich habe genau solche
Befürchtungen von KollegInnen jedenfalls schon gehört. Von daher bin
ich wegen der Ergriffenheit nicht so sicher wie Petra.

Vom Mantel der Geschichte gestreift, muß er auf dem Weg ins
Schlaraffenland nur noch zugreifen und das tun, womit er sein Leben
bisher auch zugebracht hat: Konsumieren,

Nun wie jede menschliche Regung beruht auch Selbstentfaltung auf
Konsumtion. Aber sie ist sicher nicht ihr Wesen.

ohne zu fragen wie, wann,
warum und mit welchen Folgen etwas hergestellt wurde und
verbrauchen, ohne viele Gedanken darauf zu verschwenden, was denn
die besondere Qualität dessen ausmacht, was er fürderhin nicht mehr
entbehren zu können meint.

Das muss ich genauer auseinander nehmen.

Es ist ja gerade ein Wesensmerkmal Freier Projekte, dass gefragt
werden *kann* - notfalls eben das zu Grunde liegende
Informationsprodukt / die Quelle. Es ist also in jedem Fall möglich zu
fragen. (Na gut, ob jede EntwicklerIn über ihre persönlichen
Verhältnisse Auskunft geben will, steht auf einem anderen Blatt.)

So gesehen, kritisiert Petra also dann noch bestenfalls, dass die
KleinbürgerIn es eben nicht tut. Nun, was wäre denn dazu die
Alternative? Soll ich mir eine nach-kapitalistische Gesellschaft so
vorstellen, dass ich für jedes Detail der Produktion irgendeines
Produkts selbst verantwortlich bin, mindestens aber so gut informiert,
dass ich da eine moralische Entscheidung treffen kann? Dann sollte
Petra das vielleicht nur mal mit den ersten zehn Dingen tun, die sie
morgens nach dem Aufstehen anfasst. M.a.W.: Bei der Komplexität
moderner Gesellschaften völlig unpraktikabel.

Es kann also nur so gehen, dass Verantwortung hier verteilt wird. Hier
sind wir dann im weiten Bereich des OHA-Systems. Wie Petra vielleicht
noch verfolgt hat, ist dies ein in diesem Projekt diskutierter
Bereich.

Sicher, er /darf/ nur nehmen, wenn er
/sich selbst entfaltet/ und damit die Produktivkraftentwicklung
weiter antreibt.

Genau das ist bei Freier Software zumindest nicht der Fall.

Aber wen will das schrecken, wenn nach dem
buchstäblichen Inhalt der Lizenz jedes im Wege der Selbstentfaltung
produzierte Immaterialgut (was logisch-begrifflich dann auch die
Bauanleitung für den häuslichen Gartenatommeiler, den Aufruf zum
Ausländerknüppeln oder die Werbeschrift für genveränderte Organismen
und andere Gemeingefährlichkeiten beinhaltet) geeignet ist, den
Anforderungen des neuen gesellschaftlichen Prinzips Genüge zu tun?

Zu der Klammer kann ich wieder nur sagen: Das weite Feld des
OHA-Systems. Ich bin jedenfalls relativ zuversichtlich, dass eine
nach-kapitalistische Gesellschaft solche Problem wird lösen können.
Heute können wir es schließlich auch irgendwie - wenn auch immer
schlechter, was aber m.E. am Zusammenbruch selbst liegt.

Geht mensch davon nicht aus, dann kann ich mir nur eine zentrale
Zensurbehörde vorstellen, die tendenziell jede Lebensäußerung
zensieren kann. Das male ich mir lieber nicht aus...

?Ich kann so bleiben wie ich bin? und trotzdem - oder gerade
deswegen -

Ich habe nicht das Gefühl, dass die BürgerInnen so bleiben können wie
sie sind. Jedenfalls reagieren sie auf das Phänomen Freie Software -
auch heute noch - tendenziell verstört. Denn was nicht sein darf kann
auch nicht sein und ein nützliches (hier: technisches) Produkt darf es
nicht praktisch kostenfrei geben.

Teil der heroischen Gemeinschaft sein, die im
Gleichschritt mit ihren bürgerlichen Ahnen die Entwicklung der
Produktivkraft vorantreibt und sich ganz nebenbei der Widrigkeiten
des vermittelnden Tauschs entledigt.

Das mit dem Heldentum wird vor allem in dieser Variante sicher von den
allerwenigsten geteilt - weder von den NutzerInnen noch von den
ProduzentInnen. Zwar ist Freie Software mittlerweile ein wenig in Mode
gekommen, aber für die meisten NutzerInnen dürfte das der einzige
emotionale Bezug zu Freier Software sein.

Es kommt nicht von ungefähr, daß es wieder einmal Mittelalter und
Feudalismus sind, die dazu bemüht werden, eine Utopie schmackhaft zu
machen, die das Glück aller durch die Befreiung der ?natürlichen
Anlagen? des Menschen verspricht.

Sollten wir uns wirklich so mißverständlich ausgedrückt haben?

Verwiesen wird in Oekonux vielmehr auf den letzten fundamentalen
historischen Schritt, den vor allem Marx sehr treffend analysiert hat.
Es geht also nicht um Feudalismus an sich, sondern gerade um die
Voraussetzungen und den Verlauf dessen, was zu einem Umschlag aus ihm
heraus geführt hat.

Zu den "natürlichen Anlagen" ist zu sagen, dass u.a. StefanMz gerne
betont, dass die Möglichkeit zur Selbstentfaltung ein Wesensmerkmal
des Menschen ist. Von Biologismus - worauf Petra hier wohl anzuspielen
versucht - sehe ich hier keine Spur. Und auch mit der Ontologisierung
sehe ich in dieser Abstraktheit kein Problem.

Ich fände es anders herum gespenstisch, eine neue
Gesellschaftsformation zu postulieren, die einen neuen Menschen
erfordert und dementsprechend das vorhandene erstmal zerstört werden
muss, jedenfalls aber nicht als Grundlage dienen kann. Das hatten wir
allerdings schon öfter...

Freie Gesellschaft =
Selbstentfaltung + Produktivkraftsteigerung paßt nur zu gut zu einem
ideologisierten Begriff des Feudalismus, der sich an der Vorstellung
einer vom Staat getrennten, wirtschaftlich verstandenen Gesellschaft
orientiert.

Hier haben wir mal ein "schönes" Beispiel für die Argumentationsweise
der Antideutschen (auch anderer, aber die haben es hier zur
Meisterschaft getrieben): Wir nehmen einen falsch zitierten Halbsatz -
um die Steigerung geht es ja gerade nicht - assoziieren munter drauf
los und dreschen auf das Assoziat ein. Nun, inwiefern das einer
theoretischen Debatte zuträglich ist, habe ich weder bei den
Antideutschen noch bei ihren KritikerInnen verstanden. Ich werde auch
hier höchstens noch auf solche Strohmänner hinweisen.

Hinzu kommt die enge Verknüpfung des
Feudalismus-Begriffs mit der Auffassung von der exogenen Entstehung
aller Herrschaftsverhältnisse (Herrschaftsbildung durch Eroberung
und Unterdrückung), was im Traditionsmarxismus bekanntermaßen zu der
Vorstellung führte, daß jedes Gesellschaftssystem feudalistisch sei,
in welchem es Großgrundbesitz mit abhängigen Bauern gibt.

Und gleich noch ein Strohmann.

Davon abgesehen verfechte ich ja zumindest mit dem OHA-Begriff, dass
OHA eben nichts exogenes ist, sondern in einem komplexen Sinne
menschliche Gesellschaft nicht ohne zu denken ist.

Durch
Anwendung des Klassenbegriffs wird diese Periode dann zur
notwendigen geschichtlichen Stufe zwischen Sklavenwirtschaft und
Kapitalismus. Wurde im 19. und 20. Jh., im Banne der gängigen
Feudalismus-Vorstellung, das Feudalregime nur unter dem negativen
Aspekt der Zersetzung der staatlichen Souveränität zu begreifen
vermocht, so geht es den dem ?Fortschritt? verpflichteten
Copyleft-Theoretikern nun, umgekehrt, darum, die als
Produktionsgemeinschaft verstandene Gesellschaftlichkeit endgültig
zu verwirklichen, nämlich indem die ?Produktivkraftentwicklung durch
Selbstentfaltung? gesellschaftlich unmittelbar wird.

Stefan Meretz präzisiert dies selbst wie folgt:

/?Selbstentfaltung bedeutet die Entfaltung JeMeiner individuellen
Möglichkeiten, in dem Sinne, dass die Selbstentfaltung aller die
unmittelbare Bedingung JeMeiner Selbstentfaltung ist./ ....?

und weiter unten:

?/Die Unmittelbarkeit ist dabei besonders wichtig, da dies mittelbar
(also durch Geld, Markt, Staat, etc. vermittelt) auch schon im
Liberalismus_ _angedacht und im Kapitalismu_s_ partiell verwirklicht
wurde/.?1 <#_edn1>  (Hervorhebung und Unterstreichungen im
Originaltext).

Das Un/mittelbarkeitsding verstehe ich nicht richtig. Ich verstehe
auch seine Bedeutung nicht. Wozu ist das noch mal wichtig?

Auch wenn die gute alte ?Arbeit? hier durch ein herzerwärmendes
?Selbstentfaltung? ersetzt ist, mutet das Ganze doch stark wie die
hergebrachte Rede vom gesellschaftlich unmittelbaren Charakter
produktiver Tätigkeit an, die einzig im Kapitalismus ?verschleiert?
sei.

Mir mutet das mal wieder wie ein Strohmann an... Ich lasse mal die
Schlussfolgerungen aus dem Strohmännern weg.

[...]

Diesen ?pathologischen? Zustand abzuschaffen, hat Copyleft sich auf
die Fahnen geschrieben.

Nach diesem Satz kann ich Petra nur wünschen, niemals Richard Stallman
zu begegnen, der sie dafür verbal nieder machen würde ;-) .

Doch wo die Not am größten, ist Hilfe jetzt zur Hand. Nach
Gebrauchsanleitung von Copyleft nehmen sich alle nun
utopisch-kommunitaristisch an die Hand,

Welchem Kinderglauben hängt Petra denn hier an??

pfeifen auf die
gesellschaftliche Vermittlung und springen todesmutig aus ihrem
Dasein als isolierte Individuen in das einer gesellschaftlich
unmittelbaren Kollektivität.

Mir entzieht sich hier, mit was die Worte aufgeladen sind, die Petra
hier so schwingt. Das Problem der unmittelbaren Vermittlung in einer
GPL-Gesellschaft würde ich auch teilweise dem OHA-Komplex zurechnen.

Mag hier zur Zeit auch noch öde Wüste
herrschen, so gilt doch immerhin das Versprechen, daß die
stofflichen Reichtümer über kurz oder lang den Mutigen wie die
Trauben einfach in den Mund wachsen werden. Und zunächst fühlt es
sich doch auch einfach nur gut an, wenn man den Schlagwettern von
Geld, Markt und Staat entkommen zu sein scheint. La, la ...

Na, na. Nur wegen einer GNU/Linux-Installation ist noch keiner den
genannten Schlagwettern entkommen...

Man möchte den praktizierenden Utopisten wünschen, daß sie nicht
allzu schnell an ihre Vergangenheit als bürgerliches Subjekt
erinnert werden, beispielsweise durch ein ?erzwungenes?
Anwendenmüssen der Grenznutzentheorie zwecks Habhaftwerdung des
berühmten Glases Wasser in der Wüste. Die Chancen stehen allerdings
nicht gut.

 ...eben. Aber darf mensch sich nicht ein paar Gedanken über ein neues
Modell machen, nur weil das alte gerade zusammen bricht? Ich würde
sogar denken: *Gerade* deswegen. Das Dämme bauen ist deswegen ja -
leider - nicht obsolet.

Der oben skizzierte Entwurf stellt sich nämlich auf einen Standpunkt
der Unmittelbarkeit (Ontologie der gesellschaftlichen
Produktivkraftsteigerung durch Selbstentfaltung ihrer
Gesellschaftsglieder), von dem aus die Vermitteltheit
inter-individueller Beziehungen im Kapitalismus kritisiert wird. Die
einmal gewonnene ontologische ?Wahrheit? ist dabei Grundlage und
Möglichkeit, die ?Falschheit? gesellschaftlicher Verhältnisse zu
bestimmen und zu denunzieren3 <#_ftn1>. Abgesehen davon, daß solche
Theorie vor dem Hintergrund ?wahrer Gesetzmäßigkeiten?
Handlungsanweisungen für eine Praxis aufzustellen vermag, bietet sie
weiterhin die Möglichkeit, das sozusagen ?schon Richtige im
Falschen? zu erkennen, als ?Keimform? zu identifizieren, und dazu
aufzurufen, durch Adaption und Nacheifern den Gang der durch die
Widersprüche angetriebenen Entwicklung zu beschleunigen.

Nun, zumindest ich habe auf dieser Liste schon ausführlich gegen jeden
Wahrheitsbegriff gefochten, wie ihn Petra hier formuliert. Es riecht
schon wieder nach einem Strohmann...

Obwohl die (zukünftige) Lebenswirklichkeit der Individuen, wegen der
nur abstrakten Bestimmung der ?Wahrheit?, von solchen Ansätzen
nicht, oder eben nur abstrakt, beschrieben werden kann, liegt das
ausgelobte Glücksversprechen paradoxerweise gerade in dem geltend
gemachten Anspruch auf universelle Gültigkeit. Kannten die
Individuen das bisher aber nur als Zwang zur Einsicht in universelle
Notwendigkeiten, so wird ihnen hier in Aussicht gestellt, daß die
Ersetzung der ?pathologischen? Vermittlung durch ein dem Wesen des
Menschen entsprechendes Prinzip die universelle Freiheit von Zwängen
mit sich bringt.

Universelle Freiheit von Zwängen? Petras Kinderglaube geht wieder mit
ihr durch ;-) .

Mitten drin und voll im Leben kann ?JeMensch? das
Konkrete, ganz unbehindert vom Abstrakten, vor sich hin entfalten, -
der Rest ergibt sich ?wie von selbst?.

Das angestrebte Ziel scheint damit erreicht zu sein: ?JeMensch?
produziert für ?JeSich? und doch damit gleichzeitig unmittelbar für
alle anderen. Das ?gesellschaftliche Individuum? (Marx) wirkt zum
Greifen nah. Was stutzig macht, ist allerdings, daß es so einfach
war.

Einfach. So, so.

@Petra: Wenn es so einfach ist, dann reiche doch eben das Rezept rüber
;-) .

Man ersetze ein Prinzip, ?Arbeit?, durch ein anderes,
?Selbstentfaltung?, und die ganze Malaise löst sich in Wohlgefallen auf.

Von einem einfachen Ersatz kann wohl kaum die Rede sein. Hier hat
Petra ein tiefes Mißverständnis. Aber vielleicht kann sie auch Arbeit
von Selbstentfaltung nicht unterscheiden?

Ob es nun aber ?Arbeit? oder ?Selbstentfaltung? ist, sowohl zum
Produzieren als erst recht zur ?Steigerung der Produktivkräfte?
bedarf es eines gesellschaftlichen Verhältnisses. Der ?Stoffwechsel
mit der Natur? (Marx) ist nur als Kooperation der Individuen unter
Rückgriff auf tradiertes und akkumuliertes Wissen auch
vorangegangener Generationen vorstellbar und begreiflich. Und dieser
Komplex ist genau das, was für den Alltagsverstand unter Produktion
(gesellschaftlich) durch ?Arbeit? (individuell) firmiert: Die
Vermittlung der menschlichen Kollektivität zur Natur. Dabei ist zu
beachten, daß schon die Vorstellung von der ?Natur? und der
?Gesellschaft? als zweier getrennter Entitäten, die es zu
?vermitteln? gilt, ihrerseits der Gesellschaftlichkeit der Moderne
geschuldet ist4 <#_edn3>. Für den hier behandelten Gegenstand kann
dies aber ? wenn auch mit einigem ?Bauchgrimmen?- für den Moment
außer Acht gelassen werden, da die diskutierte Copyleft-Theorie dies
augenscheinlich nicht problematisiert, sondern, im Gegenteil, diese
historisch spezifische Dimension der gesellschaftlichen Vermittlung
zur einzig wirklichen und relevanten erklärt, wenn auch in frisch
ondulierter und damit modernisierter Form.

Den letzten Satz verstehe ich nicht. Ich möchte aber darauf hinweisen,
dass in moderner Produktion die von Petra zitierte abgtrennte Natur
nur noch marginal vorkommt.

Denn ?Arbeit? war gestern und Muskeln und Nerven gehören in Opas
ausgediente Freiheitskämpferkiste, die Oma, die ansonsten sowieso
nicht vorkommt, in liebevollem Gedenken an alte heroische Tage ab
und zu abstauben darf. Heute dagegen ist nur noch Hirn und
Information und Wissen, das von emsig sich entfaltenden Individuen
vermittels Algorithmus gewordener gesellschaftlicher Form auf
hirnlosen Maschinen zu immer ?höherer Entwicklung der
Produktivkräfte? vorangetrieben wird.

Hier versteigt sich Petra m.E. in nette Wortspielereien. Ich kann
jedenfalls nicht erkennen, worum es hier geht.

Die zentrale Idee von Copyleft erweist sich damit als mit dem
Kapitalismus völlig kompatibel. Dort wie hier ist eine bestimmte
Tätigkeit (?Arbeit?/?Selbstentfaltung?) dadurch /unmittelbar
/gesellschaftlich, daß sie als gesellschaftlich /vermittelnde
/Tätigkeit fungiert. Dort wie hier /vermittelt/ die im
Außenverhältnis Mensch-Natur erbrachte Leistung gesellschaftlich
/unmittelbar/ im Innenverhältnis die Teilhabe der Individuen an der
Gesamtproduktion.

Kann mir das jemensch erklären?

Dort wie hier entzieht sich Ziel, Zweck und Umfang
des ?Stoffwechsels mit der Natur? der Kontrolle der Akteure.

In der GPL-Gesellschaft nicht. Warum sollte?

Dort
wie hier gerinnen gesellschaftliche Verhältnisse zu ?Objektivität?,
zu Naturgesetzen, positiver Wahrheit, Fakten und soft?waren?förmigen
Algorithmen.

???

Dort wie hier ist Patriarchat, wo inter-individuelle
Vermittlung im ?Unterbewußtsein? (Freud) verschwindet oder sich in
der als weiblich konnotierten ?Natur? begriffslos auflöst.

???

Leider kann ich mir diese Aufreihung von Pseudo-Argumenten, die
zumindest durch den vorherigen Text nicht annähernd gestützt werden,
nicht mehr mit einem Interesse an theoretischer Auseinandersetzung
erklären. Davon abgesehen, dass ich sie auch sonst durchaus nicht für
belegt halte.

Dort wie
hier gibt es einen kategorischen Imperativ5 <#_edn4>
(/?Selbstentfaltung bedeutet die Entfaltung JeMeiner individuellen
Möglichkeiten, in dem Sinne, dass die Selbstentfaltung aller die
unmittelbare Bedingung JeMeiner Selbstentfaltung ist./ ....?), der
analog zur bürgerlichen Vernunftethik zur Verhinderung des bereits
immanent angelegten Destruktionspotentials unentbehrlich ist.

Na jetzt entschwindet Petra auch nicht die Grammatik. Wo ist in der
Klammer ein Imperativ? Es ist aber auch kein Strohmann zu billig...

Der für das Wertverhältnis historisch spezifische strukturelle
Gegensatz zwischen vereinzeltem Individuum und gesellschaftlichem
Kollektiv, der ja gerade daraus resultiert, daß die Vermittlung im
Außenverhältnis, nämlich menschliche Gesellschaft mit der Natur, und
die Vermittlung im Innenverhältnis, nämlich die zwischen den
Individuen, in einer Funktion (?Arbeit?) zusammenfällt und es daher
anders als in vor- oder nicht-wertförmigen Gesellschaften an einer
manifesten inter-individuellen Vermittlung mangelt, wird von den
Copyleft-Theoretikern nicht einmal bemerkt, sondern stattdessen
hypostasiert.

Vielleicht kann Petra ja mal ausführlicher erläutern, wovon sie hier
redet.

Aber den Theoretikern der ontologischen ?Wahrheit?
kann es schließlich nicht darum gehen, ?/das sichtbar zu machen, was
bereits sichtbar ist, das heißt das erscheinen zu lassen, was so
nahe, was so unmittelbar und so eng an uns gebunden ist, daß wir es
gerade deswegen nicht wahrnehmen6 <#_edn5>/?.

Oben war schon mal ein Foucault-Zitat. Wo kommen genau diese Bezüge
her?

Kritik ist nicht ihre
Sache.

Leider scheint mir mehr, dass eine gediegene Kritik, die auf die
kritisierte Sache auch eingeht und sie dementsprechend aus der Tiefe
heraus kritisiert, nicht Petras Sache ist. Ich bedauere das. Aber
vielleicht kann sie ja noch ausführen, was sie eigentlich meint und
dann kommen wir noch ein Stück weiter - mit oder ohne Petra.

Vielmehr wird auf der einmal gewonnenen Grundlage der
Differenz zwischen ?richtig? und ?falsch? konstatiert: Der Inhalt
ist richtig, nur die Form ist falsch. Hieß die kleinbürgerliche
Utopie bislang ?Waren ohne Warenform?, so lautet sie nunmehr
?Produktivkraftsteigerung ohne Wertvermittlung?.

Liegt ziemlich daneben. Was machen wir falsch, dass selbst Petra das
nicht schnallt?

Und so zielt die Copyleft-Gebrauchsanleitung der gesellschaftlichen
Praxis denn auch nicht auf die Veränderung des gesellschaftlichen
?Produktionsverhältnisses?, sondern auf die Abschaffung der
Zirkulationssphäre.

Ah ja. Hier trägt sie es dann endgültig aus der Kurve. Weiter daneben
könnte es kaum noch sein.

Wie bei vielen anderen Theorien, die sich auf
die Idee von der evolutionären Entwicklung gesellschaftlicher
Verhältnisse berufen, kann eigentlich alles ganz
schiedlich-friedlich abgehen, denn die inneren Widersprüche
erledigen die Sache über kurz oder lang von allein.

Das scheint mir mal wieder ein Strohmann.

Nur kein
Aufbegehren, keine Aneignung, kein Widerstand oder sonstiger, igitt,
?voluntaristischer? Kram!

Widerstand gegen Software-Patente wird hier z.B. allgemein begrüßt. Ob
eine Aneignung des europäischen Patentamts allerdings sinnvoll wäre,
wage ich doch zu bezweifeln ;-) . Und selbst bei Chip-Fabriken kann
ich nicht recht erkennen, was eine Aneignung bringen sollte.

[...]

Wie die Freigabe des Immaterialgutes ?Wissen?
die Verfügbarkeit größeren stofflichen Reichtums bewirkt, ist nicht
näher angegeben und beschrieben. Es steht aber zu vermuten, daß es
irgendetwas mit ?Selbstentfaltung? und ?Produktivkräften? zu tun
haben muß und sich ganz evolutionär-organisch einfach einstellen
wird.

Unfug. Information - Wissen finde ich hier nach wie vor unpassend -
*ist* stofflicher Reichtum. Wenn Petra anderer Meinung ist, dann soll
sie einfach mal sämtliches KnowHow aus den oben erwähnten zehn
Gegenständen abziehen. Wenn sie sich dann nicht ärmer fühlt, dann gebe
ich ihr recht. Ist bei den zehn Gegenständen eine Print-Medium dabei,
dann wird der Unfug sogar unmittelbar offensichtlich.

Die ganze Sache hat aber einen irritierenden Pferdefuß. Alle
vorstehend angegebenen /Freiheiten/ sind ohne Eingehung einer
bestimmten /Verpflichtung/ nicht zu haben: Bei Weitergabe des Gutes
?gilt die Vorgabe10 <#_edn9>?, die Lizenz unverändert zu lassen. Ein
wahrhaft genialer ?Hack?, bei dem die Rechtsform gegen die
Rechtsform gewendet wird, um sie schlußendlich aufrecht zu erhalten;
eine wahrhaft nicht-warenförmige Gesellschaft, bei der das
gesellschaftliche Verhältnis weiterhin zwingend am Produkt ?klebt?!

Dazu nur: In der GPL-Gesellschaft ist die GPL überflüssig - nun, der
Begriff GPL-Gesellschaft ist schon immer kritisiert worden ;-) . Um in
StefanMz' Bild mit den Stadtmauern zu bleiben: Das Wesen der
bürgerlichen Gesellschaft sind nicht die Stadtmauern, sondern was sich
dahinter abspielt. Ist dieses Bürgerliche aber erstmal weit gehend
verallgemeinert, so sind auch die Stadtmauern unnötig - wie täglich zu
besichtigen. Wie die GPL unnötig sein wird.

Im folgenden befasst sich der Text vor allem mit diesen Stadtmauern
und - um im Bild zu bleiben - dem Prinzip des Mauerns schlechthin, auf
denen die Stadtmauern als Mauern nun mal beruhen. Der Abschnitt ist
richtig gut - vielleicht weil es der Bereich ist, von dem Petra wohl
mehr versteht als dem, worüber sie bis hierher hergezogen ist.
Erfreulicherweise wird der Text auch verständlicher.

[...davon abgesehen dürfte mich diese große Auslassung von
Nachstellungen wegen Copyright-Verletzungen bewahren ;-) ...]

Ich finde es schade, dass die KritikerInnen an den Oekonux-Thesen sich
so wenig Mühe geben. Es ist einfach, ein paar Sätze aus dem
Zusammenhang zu reißen, noch ein bisschen zu verbiegen - hier vor
allem die Produktivkraft*steigerung* - und dann auf die so aufgebauten
Strohmänner einzudreschen. Mit theoretischer Auseinandersetzung hat
das nichts mehr zu tun.

Das Un/mittlebarkeitsding bei Petra habe ich noch nicht verstanden.
Möglicherweise steckt da noch Potential. Vielleicht kann sie das noch
ausführen und so uns allen einen kleinen Gefallen tun.


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

--
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reached my mailbox since yesterday evening.


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