Re: [ox] Oekonux zu Tauschringen
- From: Stefan Matteikat <smatteikat web.de>
- Date: Sun, 9 Jan 2005 00:25:59 +0100
Hallo,
Am Samstag, 8. Januar 2005 21:17 schrieb Stefan Merten:
2 hours ago alfred morhammer wrote:
From: "Stefan Merten" <smerten oekonux.de>
M.a.W.: Tauschringe zeigen sehr schön, in wie weit auf Tausch basierte
Systeme mit geringem Entfremdungsgrad funktionieren können - und dass
sie eine bestimmte immanente Grenze nicht überschreiten können. Damit
ist eine Vergesellschaftungstiefe, wie sie in modernen Gesellschaften
an der Tagesordnung ist - Stichwort Arbeitsteilung -, nicht möglich.
stefan sagst du damit nicht, dass ohne hochgradige entfremdung,
hochgradig arbeitsteilige produktionsprozesse unmöglich sind?
Nein.
Ich würde es so ausdrücken: auf einer ganz bestimmten Entwicklungsstufe der
industriellen (?) Entwicklung sind hochgradig arbeitsteilige
Produktionsprozesse ohne Entfremdung in der Tat unmöglich (siehe realer
Sozialismus).
oder meinst du, dass sobald der tausch ins spiel kommt
es ohne hochgradige entfremdung nicht mehr geht?
Ja.
Auch hier würde ich präzisieren: die Verallgemeinerung von Tauschbeziehungen
zum Äquivalententausch bedingt Entfremdung wegen (1), wenn ich den
Äquivalententausch aus folgenden Axiomen herleite:
(1) Dem Eigentum an der eigenen Arbeitskraft als allgemeinem Tauschäquivalent
und
(2) Der Allgemeingültigkeit der Institution Eigentum.
Die "immanente" Grenze ergibt sich möglicherweise daraus, daß ab einer
bestimmten Größe in einer Gesellschaft, welche auf Tausch basiert, diese
Axiome nicht umgangen werden können. Soviel ich weiß, führt bei manchen
Tauschringen die Überschreitung einer Obergrenze von ca. 300 Teilnehmern zum
"Fork". Das scheint die kritische Masse "nicht entfremdeter"
Tauschbeziehungen zu sein.
Ferner scheint es mir wichtig zu sein, daß Voraussetzung (1) des
Äquivalententauschs bei Tauschringen von vornherein nicht gegeben sein dürfte
(was im Übrigen aus den Beispielen von Uli Frank sehr schön hervorgeht:), der
allgemeine Zwang zum Verkauf der Ware Arbeitskraft: getauscht wird, was
entbehrt werden kann oder wenn man etwas ganz dringend braucht und es anders
nicht erlangen kann. Darum haut das mit den Zeitäquivalenten auch nicht hin
oder wird geradezu lästig. Daraus folgt ein anderes Moment; soll
Voraussetzung (1) erfüllt werden können, bedarf es bereits eines allgemeinen,
abstrakten Tauschmittels - Geld. An dieser Stelle könnte man mutmaßen, daß
ein "Fork" von Tauschringen unter Umständen der Vermeidung der Verwendung von
Geld dienen soll, damit Bedingung (1) nicht erfüllt werden muß - denn dann
brauchts ja auch keine eigenen, "nicht entfremdeten" Tauschringe mehr.
Es käme also darauf an, eine Vergesellschaftungstiefe auf dem Stand
der Zeit zu erreichen, die ohne Entfremdung auskommt.
Es käme darauf an, Mittel und Wege zu schaffen, auf gegebener
Vergesellschaftungstiefe oder darüber hinaus den Äquivalententausch zu
überwinden (was für mich äquivalent ist mit der Aufhebung der Entfremdung).
Freie Software schafft diese Vergesellschaftungstiefe jenseits der
Entfremdung jedenfalls heute schon :-) .
Freier Software gelingt das offenbar bereits irgendwie:-)
Viele Grüße
Stefan
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