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Re: [ox] Re: Geld- und Marktlogik



Hallo!

Hans-Gert Gräbe (2005-06-28 11:13 [PHONE NUMBER REMOVED]):
El Casi wrote:
Erforderlich für die Anbahnung des Umschwungs war also
einerseits die Krise der alten Verhältnisse, durch welche
Ressourcen "frei wurden", andererseits die Verlockungen bzw.
Potentiale der neuen, durch welche Ressourcen zur Not gewaltsam
aus ihrer alten Gebundenheit "freigesetzt wurden"; Und zudem das
Potential der neuen Verhältnisse, sich zu einem mehr und mehr
selbsttragenden und erweiternden Kreislauf zu entwickeln: das
heißt, a) die frei gewordenen und gesetzten Ressourcen
aufzunehmen und deren Reproduktion sicherzustellen und zu
erweitern und b) sich als einziger Kandidat für die Befriedigung
der sich insgesamt entwickelnden Bedürfnisse und für die
Durchsetzung der gesamten sich entwickelnden Interessen zu
profilieren -- bis zu dem Punkt, wo die eigenen Bedürfnisse und
Interessen denen des alten Systems im Gesamtzusammenhang der
Reproduktion den Rang ablaufen und sich also gegenüber jenen
langsam aber sicher endgültig durchsetzen konnten.

Noch ein anderes Bild: Die alten Verhältnisse wollen das Neue
eindämmen, der Staudamm muss immer höher gebaut werden und doch
tropft und leckt es an allen Stellen, bis sich schließlich das
Angestaute mächtig eine neue Bahn bricht und den Staudamm als
Ganzes bis auf wenige Grundmauern hinwegspült.

Ehrlich gesagt, gefällt mir das Bild nicht: es suggeriert, daß das
Neue von außen kommt und das Alte sich Innen davor zu schützen
versucht.  Mir kommt es aber vor allem darauf an, daß das Neue
nicht (nur) von außen kommt, und daß das Alte dieses Neue, während
es es im Griff zu behalten versucht, selbsttätig fördern muß, um
den eigenen (ebenfalls inneren) Problemen zu begegnen!

Mit anderen Worten: die Kraft, die der Zauberlehrling entfesselt,
und mit der er letztlich das Haus überschwemmt, kommt nicht vom
Fluß her, sondern steckte in der Besenkammer des Hauses selbst!

Es wechselt - meine Interpretation - die Leitsozialisation,
damals von der agrarischen, um den Boden zentrierten, hin zur
produktiven, um die Sozialisierung produktiver Arbeit - der
tätigen Komponente des Tuns, des "privaten Gebrauchs der
Vernunft" -, zentrierten. Und heute rückt die Sozialisierung des
Wissens - die konzeptionelle Komponente des Tuns, der
"öffentliche Gebrauch der Vernunft" - in diesen Mittelpunkt. Mit
"geistigem Eigentum" und Ausweitung des Patentrechts in immer
neue Gebiete wird versucht, den Damm höher zu bauen.

Als Fan der Politökonomie finde ich diese Idee erstmal interessant
und hoffe aber, sie sich noch mehr entfalten zu sehen und mich ihr
begrifflich nähern zu können, da natürlich mein Zentralbegriff
auch der der (Re-)Produktionsweise einer Gesellschaft ist, ein
Begriff, der für mich ziemlich komplex und verzweigt, und daher
nicht so leicht abzulösen ist, wie Du es in einer letzten mail
oder in mawi nahegelegt hast ;-)

nicht von vornherein für korrumpiert und verwerflich... eher im
Gegenteil, sie sind es die gesucht und entwickelt werden müssen,
sei es auch mit gerümpfter Nase ob des angeblich nicht
stinkenden Geldes

Hauptsache, der Damm "leckt" dabei ordentlich. 

Naja, das kann man ja nicht mehr in Abrede stellen... In einer der
letzten Meldungen, die Helmut dankenswerterweise immer an die
chox-Liste schickt, wird über den norwegischen Minister für
Modernisierung berichtet: »In seiner Rede kündigte Morten Andreas
Meyer auch an, dass öffentliche Informationen zukünftig entweder
ganz frei oder wesentlich billiger, als es bislang der Fall sei,
von der Regierung zur Verfügung gestellt werden. Damit erhofft
sich die Regierung, der norwegischen Wirtschaft neue
Geschäftschancen einzuräumen.« 

Quelle:	http://www.pro-linux.de/news/2005/8326.html

Aber das für mich entscheidende ist hier das Zusammenspiel von
Entscheidung und Begründung: ein Minister verkündet Unterstützung
für neuen Wind, um das Alte wieder zu beleben (-- bald wird es
wohl heißen: wiederzubeleben ;-)  Und in diesem Zusammenhang hast
Du recht: er redet nicht von Unterstützung für einen FS-Sektor
oder so (=Produktion), sondern von der neuartigen
Vergesellschaftung vorhandener (bzw. verfügbarer) Ressourcen.

Die Bedeutung von technologisch orientierten KMU's in dem
Zusammenhang ist mir im Workshop mit Krampitz in Chemnitz noch
einmal sehr deutlich geworden.

Das richtige Leben im Falschen, das zu versuchen wir gar nicht
umhin kommen.

Ack!

Gruß,
El Casi.

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Kontakt: projekt oekonux.de



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