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Re: [ox] Text- versus Software-Lizensierung



liste oekonux.de on Montag, 21. November 2005 at 3:19 Uhr [PHONE NUMBER REMOVED] wrote:
Darueber hinaus wird bei der proprietaeren Veroeffentlichung von
Software aber i.A. das zur Produktion und Weiterentwicklung notwendige
Wissen zurueckgehalten, waehrend es diese Exklusionsmoeglichkeit bei der
proprietaeren Veroeffentlichung von Text nicht gibt, weil der
Gebrauchswert des Produkts hier eben das Wissen selbst ist.


Lieber Holger, ich fühl mich versucht zu sagen: Aber auf den Gebrauchswert
kommt es nicht an!

Das ist vielleicht ein wenig zu kryptisch, deswegen sag ichs anders. Durch
die *grundsätzliche nahezu kostenlose Kopierbarkeit* aller geistigen
Produkte (und da gehören Texte dazu, wie die google-initiative ganz
praktisch beweist) ist eine neue Situation eingetreten, in der die
Monopolisierung aller möglichen Muster das Geschäftsinteresse der einen
Seite wird, während die kreative und produktive Aneignung dieser Muster
das Interesse der anderen Seite (sagen wir der P2P Produktion) wird.

Nimm einfach die Wikipedia, wo alles und jedes neu gestrickt werden muß,
obwohl es vielleicht hervorragende Texte gäbe.
Da wird ein Muster der Verbreitung von Wissen arg behindert. Es ist auch
klar daß die Hüter des sogenannten "geistigen Eigentums" immer mehr über
ihre Wortmarken und Muster zu wachen beginnen werden, die
Auseinandersetzung ist also auch auf diesem Gebiet einfach durch das
Nebeneinander von freier und geistiger Produktion unvermeidbar und hat im
professionellen Bereich bereits Schlachtfelddimensionen angenommen. Du
kannst einfach nicht mehr sicher sein ein Buch über einen Zauberlehrling
zu schreiben und nicht wegen geistigem Diebstahls verklagt zu werden. Im
Filmbereich zitiert Lawrence Lessig soweit ich mich erinnern kann den Film
"12 Monkeys", in dem ein bestimmter Stuhl vorkam, der das geistige
Eigentum eines Designers war - was anlaß zu gerichtlichen
Auseinandersezungen war.

Freie Software ist nur ein Spezialfall, in dem die freie Produktion schon
früh begonnen hat und zu einem spektakulären Resultat geführt hat. Das
Muster ist ein viel allgemeineres.

Mein Problem mit Texten liegt freilich woanders, nämlich in der Frage ob
nicht jede Lizensierung die kreative und produktive Aneignung behindert,
also auch die GFDL. das Problem (du nimmst beim Textschreiben oftmals
nicht ein Werk, sondern nur Teile davon, und zwar viele mikroskopische
Teile aus vielen Werken)  hatten wir bei der Wiki-Lizensierung und Thomas
ist auch drauf eingegangen (Sinn der Public Domain). Aber eine praktische
Lösung haben wir m.E. noch nicht. Daß die Debatte darüber unnötig wäre
finde ich aber deswegen ganz und gar nicht.

In gewisser Weise zeigt Dein Gebrauchswert-Argument aber noch in einer
anderen Hinsicht die Problematik der Idee auf, aus freier Software
unmittelbar die gesellschaftliche Produktion insgesamt ableiten zu wollen.
Bei Software hat das Produkt unmittelbar auch Gebrauchswert für mich, weil
ich in meiner je eigenen Produktion darauf angewisen bin, daß meine
Werkzeuge besser funktionieren. Beim Verfassen eines Textes kommt es sehr
viel stärker auf den Gebrauchswert für andere an, weil ich eben sehr
selten für mich selber schreibe. Da ist vielleicht auch einiges von dem
drinnen, was noch differenzierter betrachtet werden muß. Z.B. die ganze
Robert-Kurz Kontroverse könnte so aufgelöst werden, wenn klar ist daß die
Ausgangslage für Autoren und Programmierer eine ziemlich verschiedene ist.

Dennoch ist es vernünftig alle  Produktion als freien Modus zu
organisieren; wie das geht, können wir aber keinesfalls ausschließlich von
der Freien Software lernen. (Übrigens auch nicht von der bisherigen
Organisationsweise von Wissenschaft)

Franz


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