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Re: Antw: Re: [ox] Potsdamer Denkschrift 2005



Hallo Wolfgang,

Wolfgang Gaiswinkler wrote:
Kommunikation über soziale Beziehungen, Kommunikation über
Kommunikation (Metakommunikation) und Kommunikation über Organisation
war in Organistionen aber auch in anderen sozialen Beziehungen lange
Zeit tabuisiert (zu Recht weil Reflexion und Metakommunikation
bestehnde Verhältnisse gefährden kann) Ich will sagen produzieren,
durften die Produzenten immer schon aber darüber anchdenken wie sie
sich beim produzieren organisieren durften sie nicht. Mit Deiner
Konzentration auf Mathematik, Naturwissenschaft und Technik verfehlst
genau diesen wesentlichen Aspekt.

Sehr gute Frage, zu der Marx in seinen jungen Jahren (in der "Deutschen
Ideologie" - wo er mit Engels übrigens gerade Ideologiekritik treibt!)
übrigens schon eine Antwort hatte: Wenn eine Gesellschaft sich in der
Produktion von Gütern vervollkommnet hat, dann steht als Nächstes die
"Produktion der Verkehrsformen der Gesellschaft" auf der Tagesordnung.
Für eine solche Gesellschaft hat er auch schon einen Namen parat:
Kommunismus.

Und da möchte ich eine frage an die liste stellen: Wird es in einer 
Gesellschaft die hier diskutiert wird wo vieles über freiwillige 
zusammenschlüsse und maintainer läuft - wird es da so soziale Gebilde
wie organisationen weiter geben oder nicht? Die Frage klingt ein
bißchen seltsam. Aber die Antwort(en würden mich wirklich
interessieren)

Genau in der Frage gibt es hier deutlich auseinanderlaufende Positionen.
Common sense herrscht in der Frage, dass Selbstbestimmung,
Selbstentfaltung und Emanzipation einen deutlich größeren Stellenwert
einnehmen werden als heuer. Wie weit diese in Organisationsmodelle
münden und wie diese strukturiert sein müssen, und insbesondere die
Frage, wie weit sie in der kuturellen Tradition heutiger
Organisationsformen stehen werden - das ist sehr kontrovers.
Insbesondere meine These, dass diese Gesellschaft "die pubertäre Form
der Freien Gesellschaft" ist. Genauer ausgeführt in (graebe-mawi), dort
insbesondere im Lichte des Korngrößen-Dilemmas.

Übrigens - um mal auf den Ausgangspunkt des Threads zurückzukommen -
wird diese Frage auch in der Potsdamer Denkschrift sehr ausführlich
adressiert.

Zwei Zitate daraus:
Kooperative Integration im gemeinsamen ‚Spiel’
Unter dem Einfluss eines wirklich neu verbundenen, dezentral-kooperativen Denkens werden sich
unsere ökologischen, ökonomischen, kulturellen, sozialen und auch persönlichen Beziehungen
miteinander und mit der komplexen Geobiosphäre verwandeln und in neuem Handeln äußern,
welches dann den bisher stetig steigenden Krisen- und Gefährdungsstrategien unserer modernen
Geschichte wirkungsvoll begegnen kann.
Die in Wechselwirkung zum bewegten Lebenskomplex Erde gewachsenen, über Jahrmilliarden
dynamisch angepassten und ‚geprüften’ Organisationsmuster und -formen lebendiger Strukturen
und Biokomplexe zeigen uns Zugänge und Umgangsformen, um ein dezentral-dynamisches,
vielzelliges, nämlich organismisches Zusammenwirken lebendiger Gesamtheit auf der Erde zu
organisieren. Das komplementäre und organismische Zusammenwirken des vielfältigen, sich im
stetigen Wandel bewegenden Differenzierten bietet eine immer wiederkehrende, strategisch
erfolgreiche Grundlage eines kooperativ-aufbauenden Wetteiferns – einer Com-petition (zusammen
nach Lösungen suchend) im Sinne eines Plus-Summen-Spiels.
Wir setzen bewusst den offenen, die Bedingungen und Möglichkeiten in wechselseitigen Schritten
ausgleichenden Begriff ‚Spiel’ an die Stelle von ‚System’, das bei aller kybernetischen Raffinesse
doch weiterhin faktisch starre Strukturen statt fließende Gleichgewichte, eben Lebendigkeit,
voraussetzt. Deshalb muss sich die Heterogenität der Bedürfnisse der Menschen und Kulturen, die
Unterschiedlichkeit ihrer Traditionen und historischen Übereinkünfte, ihrer Rituale und
Spielformen, aber auch ihrer Hierarchien und Machtvorstellungen in unseren Austauschsystemen,
Produktionsmitteln und Strategien wie auch den Regeln von Com-petition und Anerkennung
spiegeln. Denn, sekundär als eine lebensdienliche Konsequenz, je größer der Pool, desto größer die
Anpassungsfähigkeit. Je vielfältiger das Spektrum kultureller Erscheinungen, desto vielfältiger das
Potenzial sich an verändernde Bedingungen anzupassen – desto weiter das Spektrum an
Lösungsperspektiven und Anpassungsmodi.

und

Dezentralisierung und Austausch zwischen Menschen
Die integrative Kooperation der vielfältigen wirtschaftlichen Austauschstrategien zwischen
Menschen, Gemeinschaften und ihrer natürlichen Mitwelt, sowie der Verteilungsmuster in
Produktion, Verwertung und Versorgung schafft die Möglichkeit zur Versorgung mit Lebensgütern,
und eröffnet die strukturellen und institutionellen Vorbedingungen sozialökonomischen
Austausches. Der Entwicklung neuer dezentraler und polyzentrischer Produktions- und
Versorgungsmuster kommt hier besondere Relevanz, ja, Priorität zu, besonders dort, wo die
Neuordnungen des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts Monopolstrukturen eher noch verfestigt
haben.
Regional, lokal und nachbarschaftlich muss die kreative Schaffenskraft im vertrauten Umfeld ihre
Leben erhaltenden Wirkungen entfalten können, die den Menschen und ihren Gemeinschaften
Unabhängigkeit, Stolz und angemessene Lebensformen sichern. Ökonomie muss sich an ihren
lokalen und regionalen soziokulturellen Bezügen, Strategien, Traditionen und Bedürfnissen messen,
um bedarfsgerecht und zukunftsfähig zu sein und nicht in künstliche Homogenisierungen und
Erstarrungen zu geraten, entlang derer sich steigende Gefährdungspotenziale entwickeln. Hierzu
muss ein größtmögliches Maß an dezentraler Leistungsinitiative, Versorgungssouveränität und
Subsistenz erreicht werden. Auch hier muss das kooperative Zusammenspiel marktlicher, staatlicher
und ziviler Kräfte im Sinne einer kooperativen Integration funktionieren.
Dies verlangt gleichzeitig eine globale Vernetzung und Abfederung über die Versorgung mit Gütern
globaler Relevanz – mit Gemeinschaftsgütern der gesamten Menschheit. Eine optimale wie
bewegliche Komplementarität zwischen pluralen Ökonomien von lokaler, regionaler und
kontinentaler Bedeutung in Synergie mit interkontinentalen Versorgungsinfrastrukturen für Güter
und Dienste aus globaler Arbeitsteilung bildet hierfür eine wesentlich mittragende Voraussetzung.
Hier müssen Effizienzen auch sozialökonomisch konsequent gedacht werden. Mittelbare und
unmittelbare ökologische Effizienzen müssen – um wahrhaft ‚nachhaltig’ zu sein – zeitliche und
räumliche Wandlungen und Unterschiedlichkeiten integrieren. Dabei bedarf es unbedingt einer
Entschleunigung der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Prozesse, um Regeneration,
Reflexion und Proaktion in allen Bereichen zulassen zu können und eine ausreichende dynamische
Stabilisierung zu ermöglichen.

Viele Grüße, HGG

-- 

  Prof. Dr. Hans-Gert Graebe, Inst. Informatik, Univ. Leipzig
  Augustusplatz, D-04109 Leipzig, Raum 5-53	
  tel. : +49 341 97 32248
  email: graebe informatik.uni-leipzig.de
  Home Page: http://www.informatik.uni-leipzig.de/~graebe

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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de



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