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Re: [ox] Potsdamer Denkschrift 2005



Hallo Liste

Die Kernaussage meiner Kritiker scheint etwa zu sein:

es sind die gesellschaftlichen zwänge, die von der realen welt
determinierten konstanten, die unsere gesllschaften prägen[,]
nicht die [Predators]
  ^^^^^
Wenn Gesellschaften nicht von den Mächtigen geprägt werden, von wem dann?
Von Ausserirdischen, von Glaskugeln und Blumen, oder gar von "Gott" ?
Hier schimmert genau der Marx'sche Pfaffen-Hintergrund durch -- man
schiebt die Verantwortung & Legitimation einfach auf "Gottgegebenheiten".

Und wenn es "von der _realen Welt_ determinierte _Konstanten_ sind",
warum sind dann die Verhältnisse auf derselben Welt so unterschiedlich
in verschiedenen Ländern?  Und wie ist bei _Konstanten_ überhaupt irgendein
Wandel im Laufe der Zeit möglich?  Aber echter Wandel wird ja von dieser
Ideologie nicht gewollt, bloss "alter Wein in neuen Schläuchen", also muss
man den immerwieder recycelten Wein eben als "Naturkonstante" darstellen!
(Obwohl doch "Naturkonstanten" hier sonst so verpönt sind... ts ts)

Ironischerweise _rechtfertigt_ die oben zitierte Einstellung die
kritisierten Entgleisungen (Hitler, Stalin etc.) -- wonach diese
lediglich den "gesellschaftlichen Zwängen, den von der realen Welt
determinierten Konstanten" nachgaben -- sie hatten sozusagen keine
andere Wahl, als sich an die totale Macht zu boxen und zu Massenmördern
zu werden! -- so hilflose Opfer der gesellschaftlichen Zwänge waren sie...

Je weiter unten in der Hierarchie (und sogar ausserhalb der Hierarchie),
umso weniger Spielraum haben die Menschen, da sie ja durch die
strukturelle Gewalt der Predators über ihnen gezwungen werden -- in
Diktaturen sogar unter permanenter Todesandrohung.  Die grossen
Predators hingegen haben die Macht, vielmehr die Verhältnisse zu prägen,
als dass die Verhältnisse sie prägen.  Die Produzenten, __solange sie
unsolidarisch zueinander sind__, müssen sich in diese Verhältnisse fügen.
Gerade Diktaturen zeichnen sich durch grosse Unsolidarität zwischen
Produzenten (nicht aber zu und zwischen Predators!) aus.

Deshalb ist es essentiell, zwischen Predators und Produzenten zu
unterscheiden.  Nur so können die Verhältnisse positiv geändert werden.

Die Gemeinsamkeit mit faschistischer Denke liegt halt darin, die Ursache
von Problemen in dem der Gemeinschaft gegenueber parasitaeren Verhalten
von _Menschen_ zu suchen, statt sich _Verhaeltnisse_ zu erklaeren.

Wenn die Verhältnisse das Verhalten der Menschen bestimmen, warum verhalten
sich dann nicht alle Menschen derselben Gesellschaft _gleich_ (sind ja alle
diesen Verhältnissen ausgesetzt), insbesondere solche die von den gleichen
Ausgangspositionen starten ?  Antwort: Weil sie unterschiedliche Werte
haben, die ihr Verhalten prägen und damit ihre unterschiedlichen
Positionen/"Laufbahnen" in den gleichen Verhältnissen.

---

Zum Motto "Wehret den Anfängen":

Demnach müsste man den Marxismus verbieten, denn Stalin & Co. gingen ja
von diesem "Anfang" aus.  Die blutigen Folgen sind in diesem Fall
historische Tatsache, wohingegen es eine haltlose Unterstellung
gegen die P/P-Theorie ist, dass sie zu solchen Folgen führen würde.

Im Gegenteil: Je länger die Predators an der Macht bleiben, und je
mächtiger sie sind, umso blutiger verläuft die Geschichte/Zukunft.
Kriege und Elend werden von Predators herbeigeführt, nicht von
"den Verhältnissen" und schon garnicht von Produzenten, die dadurch
sogar an ihrer Selbstverwirklichung gehindert werden -- wohingegen
das Töten schon immer zur Selbstverwirklichung der Jäger&Kriegsherren
gehörte.

---

Zum Antisemitismus-Strohmann / Anwälte:

Ich halte es für sehr problematisch, dass Andreas Juden (und erst noch
die konvertierten) hier pauschal zu den Predators zählt.  ;-}

Hä? Das machst du doch hier die ganze Zeit! Wer redet den immer von
Anwälten?

Andreas' Verwechslung von Anwälten mit Juden ist sehr deplaziert,
und bloss ein plumper Versuch, die P/P-Theorie zu diskreditieren.
Den Beruf des Anwaltes ergreift man willentlich, weil er zu seinen
persönlichen Werten passt, und man unterwirft sich damit freiwillig
den verbindlichen beruflichen Standesregeln (die z.B. Gratis-Rechts-
beratung verbieten).  Der Beruf besteht darin, am Streit und Leid
Anderer zu verdienen, wobei eine positive Lösung nicht erforderlich
ist für das hohe Honorar.  Das soll nicht heissen, dass alle Anwälte
genau gleich auf dem P-P-Spektrum positioniert sind, aber wenn einer
sich "zu weit" vom Predator-Ende weg bewegt, verstösst er entweder
gegen die Standesregeln/Gesetze oder geht pleite.  Dieser Berufsstand
kann nur _von aussen_ grundlegend geändert bzw. entmachtet werden.

---

Ein Rechtssystem ohne Predators?

Und Konflikte wird es dabei nie wieder geben?

Doch, aber die lassen sich unter Produzenten vernünftiger und
kostengünstiger lösen als durch Predator-Anwälte und Richter, die
als lachende Dritte primär um ihre Honorar- und Prestige-Maximierung
besorgt sind.

Und kontroverse Konflikte? Und Kompromisse? Vielleicht nach dem Motto:
"Du hilfst mir heute, ich helf dir morgen". Aber was, wenn du morgen
sagst "Ich hab es mir anders überlegt"? Kehren wir zum guten alten
"Vertrag per Handschlag" zurück oder sind da vielleicht doch ein paar
Elemente heutigen Vertragsrechts was Bewahrenswertes?

Wer es sich "morgen anders überlegt", um sich einen Vorteil zu
verschaffen, handelt predatorisch.  Bezeichnenderweise ist es ja oft so,
dass sich Gerichtsentscheide von einer Instanz zur nächsten umkehren,
also "morgen anders überlegt" haben.  Und auch zwischen Anwälten gibt
es keine Rechtssicherheit -- "2 Anwälte, 3 Meinungen".  Zwischen
Recht haben und Recht bekommen klafft im Predator-System ein Abgrund --
gesichert ist nur, dass Juristen profitieren.  Das können Produzenten
sicher besser lösen.

---

Meta-Predators?

Aber die Nicht-Predatorik ist auch Ideologie, möglicherweise, von einer
bestimmten Perspekive aus gesehen, sogar auch Predatorik.

Aus Sicht der entmachteten Predators könnte natürlich behauptet werden,
sie seien ihrer Macht und ungerechtfertigten Privilegien "beraubt" worden.
Aber das kann doch nicht ernsthaft die Argumentation von emanzipierten
Leuten sein!?  "Der arme Diktator, nun kann er sich nicht mehr als
Massenmörder selbstverwirklichen, weil ihr bösen Produzenten ihn
entmachtet habt, *määähh*!  Die armen Millionenbauern, nun können
sie nicht mehr Millionen von Mietern um 1/3 ihres Lohnes berauben!"
(Die leidigen "Verhältnisse"?? Nee, "die waren beim Alten"(Erhardt) !)

Zwischen Predators und Produzenten gibt es keine Opfersymmetrie!
Die Selbstverwirklichung der Predators geht ungleich stärker
auf Kosten der Produzenten, als umgekehrt (falls überhaupt).

Konsequenterweise sollten sich diejenigen die so "argumentieren"
exklusiv als Opfer zur Verfügung stellen, um die "Selbstverwirklichung"
der Predators weiterhin zu gewährleisten (Alternativvorschlag: die
Predators sollen im Wald jagen gehen, so wie Honnecker und Ceaucescu
zu ihren besten Zeiten -- hätten die es doch bloss dabei belassen!).
Wer nämlich quasi im Namen der Predators _von Anderen verlangt_,
sich weiterhin ausbeuten zu lassen, nur damit die Predators weiterhin
"gleicher als andere" sein können, der macht sich zum Predator-Komplizen.

---

Zur Vergewaltiger-Analogie:

Genau -- schuld sind nie die handvoll Vergewaltiger, schuld ist auch
nicht "die falsche Art zu denken" (Sexismus etc.), sondern Schuld sind
natürlich die Leute die meinen den anderen sagen zu können dass
Vergewaltigung falsch ist und wie sie sich davor schützen könnten.

Hä? Geht es noch???
Du stellst dich hier in eine Reihe mit Vergewaltigungsopfern damit,
ähhh, ja warum eigentlich??

Die ungerechte, willkürliche Unterdrückung und Ausbeutung durch Predators
kann durchaus mit Vergewaltigung verglichen werden -- es wird (kollektiv
und zuweilen individuell) Gewalt ausgeübt, z.T. physische, und die Folgen
für die Opfer können noch traumatisierender und folgenschwerer sein, bis
hin zum Tod und lebenslanger Schädigung.  Dass diese Predators organisiert
vorgehen, während Vergewaltiger meist Einzeltäter sind, macht die Sache
für die Opfer nicht besser (das Gefühl des Ausgeliefertseins ist sogar
noch grösser), und entschuldet keineswegs den persönlichen Beitrag der
Machtausübenden.  Die Machtausübenden als "den realen Sachzwängen
Unterworfene" darzustellen, ist ein unerträglicher Hohn gegen die Opfer.
Für einen Diktator oder hohen Richter gilt das noch weniger als für
einen Vergewaltiger weit unten in der Hackordnung!

---

Freud'sche Ausrutscher:

Ich bin ein Preadtor, weil ich gegen Christoph bin!

Komisch, ich dachte man darf nicht gegen einzelne Personen sein?
Da hat sich der gute Andreas selbst verraten, merkt man ja auch am Stil.

Gruss an alle von einem besorgten

Das war übrigens meine Formulierung,

mal sehen ob du das auch "klaust" (oh, ich meinte natürlich
producermäßig verwendest): gruss von einem zunehmend entsetzten, andreas

Das letzte ist eine höchst eigenartige Bemerkung für ein FLOSS-Forum,
und zeigt wieder ein völliges Missverständnis des P/P-Gegensatzes.
Inwiefern soll denn das (ironische) wiederverwenden einer Kurzformel
eine Ausbeutung des anderen Autors darstellen?  Dürfen dann Produzenten
keine Schrauben XYZ mehr verwenden, weil je dieselbe Art von Schrauben
schon von anderen Produzenten verwendet wurde?  Nichtmal eine "falsche
Aneignung" liegt hier vor, denn aus dem Thread-Kontext war ja der erste
Autor ersichtlich.

Gruss,
Christoph




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Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de



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