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Re: [ox] p/p . blue eyed



Hi Franz,

Franz Nahrada wrote:
Terrence McKenna hat irgendwann in einem seiner Vorträge vom "Paradigma
der Pflanze" und vom "Paradigma des Raubtiers" gesprochen. Das könnte
durchaus so interpretiert werden, daß es grundsätzlich sehr wohl eine p/p
Dichotomie gibt, daß sie uns in den evolutionären Strukturen der Natur
bereits als Disposition von Organismen und als Entwicklungsschema
gegenübertritt. 

Ich weiß nicht, ob dieser Ansatz für unsere Frage (Anwendung auf die
menschliche Gemeinschaft) wirklich relevant ist, denn dann müsstest du
den Gleichheitsgrundsatz aufgeben.

Mit der Erkenntnis, daß der Mensch nicht außerhalb der Natur steht sondern
in vielem erst mühsam nachbaut was sie schon längst an Formenreichtum
erfunden hat, liegt es auch nahe daß die Überlebensstrategien die sich
Individuen innerhalb von Gesellschaften zulegen, divergieren können.

Geht es uns nicht gerade darum zu verstehen, wie eine Gesellschaft
aussehen muss, in der sich Individuen *nicht* über das "Überleben"
definieren?

Natürlich ist es verkehrt, solche Überlebensstrategien Individuen als ihre
quasi naturgegebenen Dispositionen zuzuschreiben. Es kann aber in
kritischer Absicht richtig sein, darauf zu verweisen, daß
Gesellschaftsformen solche "überlebensfähigen Dispositionen" beinhalten,
benutzen und fördern.

Da sind wir bei Hoevels Analyse: "Diese Gesellschaft macht krank", weil
Überlebensstrategie bedeutet, sich *nicht* in Harmonie mit der
umgebenden Natur zu entwickeln, sondern im Kampf mit ihr. Und seinem
primären und sekundären Krankheitsgewinn, mit dem die Gesellschaft
Individuen psychisch "belohnt", die so gegen ihre eigene Natur handeln.
  Erst wenn wir da durch sind "wird er bei ihnen wohnen, und sie werden
sein Volk sein." (Offenbarung 21,3)

In diesem Sinn ist die bürgerliche Gesellschaft durchaus von einmaliger
historischer Aggressivität. In ihr hat nur Erfolg, wer an die ressourcen
anderer (Geld) kommt. Sie ist daher auf einem Grundverhältnis der
"sanften" wechselseitigen Schädigung aufgebaut.  Es ist nicht zu erwarten
daß die in ihr herausgebildeten charakterlichen Dispositionen über Nacht
verschwinden.

Ist das wirklich schon die ganze Story?
(1) Gibt es nicht auch Elemente einer kooperativen Produktionsweise
(insbesondere im Bereich der industriellen Produktion)?
(2) Ist das "Grundverhältnis der 'sanften' wechselseitigen Schädigung"
ein typisch kapitalistisches oder eines der modernen
Industriegesellschaft überhaupt? Auch all die sozialistischen Versuche
haben sich ja nie aus dieser Klammer befreien können.
(3) Sind die "herausgebildeten charakterlichen Dispositionen" nur solche
der bürgerlichen Gesellschaft oder haben insbesondere
Autoritätshörigkeit und Kommandostil deutlich weiter zurückreichende
Wurzeln.

Alles Fragen, die du in meinen Chemnitzer Thesen deutlich anders
beleuchtet findest als du es hier versuchst.

Viele Grüße, HGG

-- 

  Prof. Dr. Hans-Gert Graebe, Inst. Informatik, Univ. Leipzig
  Augustusplatz, D-04109 Leipzig, Raum 5-53	
  tel. : +49 341 97 32248
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