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Re: [ox] Noch mal zur Freien Gesellschaft



Hallo Benjamin,

Benjamin Teuber wrote:
danke für deine Antwort - ich dachte schon das Thema wäre untergegangen...

Na ja, ein paar Leute müssen ja ab und zu auch mal arbeiten ...

Deine "Konstruktionen" gehen von zwei m.E. weitgehend haltlosen
Prämissen aus:

(1) Ideen können Leuten eindeutig zugeordnet werden.

Die meisten Ideen werden aber in intensiven Diskursen geboren.

Starkes Argument - die genialsten und spontansten Ideen, die Leute 
einfach in einer Diskussion entwickeln, lassen sich einfach nicht gut
in ein (Semi-)Eigentumssystem einordnen. Ich denke aber für 
Softwareentwicklung und einige andere Bereiche ginge das schon so
halbwegs.

Das halte ich für eine gewagte These. Im eXtreme Programming etwa ist es
eine der ersten Regeln, dass der Code (innerhalb des Teams natürlich)
allen gemeinsam gehört, siehe http://www.pairprogramming.com. Und auch
bei Open Source ist die Möglichkeit des freizügigen Zugangs *das* primum
mobile, was die Sache wirklich überlegen macht. Und ein Fork geht auch
nur, wenn man zwei Kopien eines Schnappschusses des aktuellen Zustands
machen und getrennt weiterentwickeln kann. All dem steht die
"Eigentümelei" entgegen. Das Schöne an Ideen ist ja gerade ihre
Kopierbarkeit, d.h. ein exklusiver Zugriff auf Ideen ist nicht nur nicht
erforderlich, sondern sogar kontraproduktiv.

Du willst die Taube auf dem Dachboden halten (um mal noch eine Metapher
ins Spiel zu bringen). Wie die Preds (würde Christoph ergänzen).

(2) Ideen entstehen nicht voraussetzungslos.

"Stehen auf den Schultern von Riesen ..."

Naja, ich würde an jede solche Veröffentlichung Meta-Informationen über
Bezüge wie in Papers üblich anhängen. Damit das gut klappt, müssten auch
Public-Domain-Ideen verzeichnet werden (wohin alles früher oder später
übergeht - wie es bei den Urheberrechten ja auch einmal gedacht war...).

Ja, und wie fein granular willst du das zerlegen? Meinst du nicht, dass
die Bookkeeping-Information das Dokument bald um Längen übersteigen wird
und wir unsere Zeit zu 90% mit Bookkeeping verbringen werden? Fände ich
nicht besonders prickelnd.

In deinem Modell würde z.B. der Feuerwehrmann nix kriegen. Erst NACHDEM
es gebrannt hat, würde sein Rating in ungeahnte Höhen schnellen.

Das Problem der Vorausfinanzierung ist da schon gravierender - einmal
davon abgesehen dass der Feuerwehrmann hier ja gar nicht vorkommt, aber
das war ja wohl eh metaphorisch gemeint. Da gehen meine Gedanken wieder
Richtung Bürgergeld...

Es gibt einen schönen Aufsatz von Hubert Laitko über "Multioptionalität
von Zukunft",
(http://www.rosalux.de/cms/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Utopie_kreativ/127/laitko127.pdf),
auf die wir uns immer intensiver vorbereiten müssen. Dann wären wir alle
Feuerwehrmänner (und -frauen) und würden unseren Beitrag leisten zur
Vorbereitung auf je andere Optionen. Und nur *eine* tritt ein und
der/die kriegt dann viele Punkte, obwohl es weniger seine Voraussicht,
als viel mehr ein gutes Stück Zufall war, dass sich seine Idee
durchgesetzt hat.

Gates hätte allein durch den Zufall, dass sich DOS auf dem Computer
durchgesetzt hat (eben diese Option realisiert wurde) bald ähnlich viele
Punkte auf deinem Konto wie er heute Dollar auf seinem hat.

Nein, mein Plädoyer geht gegen geistiges Eigentum als Konzept, auch wenn
es Lessing in "Free Culture" anders sieht. Ein paar gute Gründe habe ich
im Aufsatz http://www.hg-graebe.de/EigeneTexte/rk-05.pdf zusammengefasst.

Viele Grüße, HGG

-- 

  Prof. Dr. Hans-Gert Graebe, Inst. Informatik, Univ. Leipzig
  Augustusplatz, D-04109 Leipzig, Raum 5-53	
  tel. : +49 341 97 32248
  email: graebe informatik.uni-leipzig.de
  Home Page: http://www.informatik.uni-leipzig.de/~graebe

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de



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