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Re: [ox] Weltliche Religion



Jac wrote:
Ich weiß nicht, ob du den *historischen* Charakter dieser Aussage in
seiner voller Tragweite siehst. Diese Verhältnisse haben sich ja SO
ENTWICKELT, also muss es irgendwann mal Bedingungen gegeben haben, wo
eine solche gesellschaftliche Strukturierung für die Menschen als
Gattung einen Entwicklungsvorteil brachte.

Möglicherweise. Nur reicht unsere Schriftkultur eben nicht weit genug
zurück, um einen solchen Überlebensvorteil aufzudecken. Die münd-
liche durch Alte und Erzähler ist ja in den meisten autoritären Schrift-
kulturen aufgegeben und vergessen.

So weit würde ich da gar nicht zurückgehen, denn wenn sich die Quellen
seitdem überlebt hätten, dann wären wohl auch die Formen ausgestorben
oder man würde sie wenigstens als Relikte wahrnehmen und nicht in dieser
Virulenz.

Kurz, ich gehe davon aus, dass es auch heute AUCH ASPEKTE GIBT, die FÜR
Verdrängungsmechanismen und all das sprechen. Die *Mechanismen* des
sekundären Krankheitsgewinns machen nicht den Eindruck, als ob es
Deformationen sind, zumal ja genau dieselben Mechanismen in der Kindheit
auch wirken und dort eine starke Stütze zur sozialen Konditionierung
(was ja keineswegs nur negativ zu werten ist) heranwachsender Menschen
sind.

Diese verdrängungsmechanismen 
sind also UNTER GEWISSEN BEDINGUNGEN funktional. 

Ja, unter den Bedingungen der Reproduktion des Prozesses der ge-
störten Kommunikation sind die Verdrängungsmechanismen real
und funktional. 

Sie sind auch als Mechanismen der Komplexitätsreduktion funktional.

Das kommt in der Rev. 
PsA - auch bei W. Reich und F.E.Hoevels - m.E. deutlich zu kurz. M.E.
müssen die MENSCHEN ALS GATTUNG über das blinde Wirken dieser
Mechanismen hinauskommen, nicht unbedingt aber als individuelle Wesen,
da sonst viel von ihrer Affektivität verloren ginge. Die ja ein
wichtiger Teil der von dir geforderten (und da bin ich d'accord)
"Existenz in Übereinstimmung mit allen Gefühlen, Bedürfnissen und
Wünschen" ist.

Moment - die dazu notwendige Reflexion bzw. Selbstreflexion setzt
eine individuelle Auseinandersetzung mit sich selbst oder zwischen
Analytiker und 'Patient' voraus. 

Genau das im Übermaß reduziert Affektivität und behindert dich
letztendlich (auch) in deiner Lebendigkeit. Insbesondere wenn es in
"Grübeln" ausartet. Ich weiß nicht, wie sehr du hier von dir selbst
normativ auf andere schließt. Meine These war, dass "notwendige
Reflexion bzw. Selbstreflexion" stärker eine Herausforderung an MENSCHEN
ALS GATTUNG und damit an die Struktur gesellschaftlicher Verhältnisse
ist als an individuelle Menschen. Obwohl der Weg dahin NUR über eine
größere Selbstreflexion individueller Menschen geht. Aber das wäre ein
Durchgangsstadium (über mglw. mehrere 100 Jahre) - eben weil Grübeln
Lebendigkeit behindert.

Kennst Du die angewendete Psychoanalyse von S. Freud in der 
Soziologie, nachzulesen bei Jürgen Habermas "Erkenntnis und
Interesse" (Suhrkamp tb wissenschaft) oder S. Freud?

Nein, habe aber derzeit auch keine Zeit, das intensiver zu verfolgen.

Viele Grüße, HGG

-- 

  Prof. Dr. Hans-Gert Graebe, Inst. Informatik, Univ. Leipzig
  Augustusplatz, D-04109 Leipzig, Raum 5-53	
  tel. : +49 341 97 32248
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