Message 11954 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT11764 Message: 5/25 L4 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Re: [ox] Gibt es ein Macht-Vakuum?



[Converted from multipart/alternative]

[1 text/plain]
Hallo Hans-Gert,

Am 03.07.06 schrieb Hans-Gert Gr=E4be <graebe informatik.uni-leipzig.de>:

Hallo Ingo,

Ingo Heer wrote:
>> Was ist "richtig"? "Richtig" kann ich nur als subjektive Kategorie
>> denken.
>
> Das sehe ich anders. Prozesse, die au=DFerhalb meines K=F6rpers ablaufe=
n,
> k=F6nnen intersubjektiv beurteilt werden und von daher kann ihre
> Richtigkeit auch objektiv festgestellt werden.

Genau: "intersubjektiv" - was ja erst mal eine subjektive Beurteilung
voraussetzt,


Da bin ich mit dir v=F6llig einer Meinung. Ich habe mich an dem "nur" in
deinem obigen Satz gest=F6rt, da ich dies so aufgefasst habe, als ob es kei=
ne
intersubjektive Feststellung von Sachverhalten als richtig geben k=F6nnte.

ehe das in einen intersubjektiven Kommunikationsprozess
kommt, der auch gewisse Koh=E4renz von Auffassungen herstellen kann etc.


Hier meine ich, dass bei objektiven (das hei=DFt intersubjektiv
feststellbaren) Sachverhalten "Auffassungen" keine Rolle spielen. Ich will
das am Beispiel der Quantenmechanik deutlich machen. Bei allen mir bekannten
reproduzierbaren Experimenten gibt es innerhalb der Physikergemeinschaft
keinen Dissenz. Solange der Fokus der Betrachtung eines (=E4u=DFeren)
Sachverhaltes der gleiche ist, wird dieser von allen als richtig oder als
falsch festgestellt, obwohl nat=FCrlich jedes Individuum diese Feststellung
als Subjekt vornimmt, und damit die Feststellung zuerst einmal "subjektiv"
ist. Aber erst in der Interpretation der Ergebnisse entstehen die
Differenzen. Und die Interpretation wird jedenfalls in der Physik mittels
eines mathematischen Modells vorgenommen. Und obwohl dieses mathematische
Modell von fast allen geteilt wird (Prigogine hat hier ein alternatives
mathematische Modell vorgeschlagen, und es gibt sicherlich noch andere),
gibt es dennoch eine ganze Anzahl unterschiedlicher Interpretationen.

Aber der ist von Menschen gemacht. Mehr wollte ich an der Stelle gar
nicht sagen.


Auch hier gibt es keinen Dissens, dass der "intersubjektive
Kommunikationsprozess" von Menschen gemacht ist. Aber in der Quantenmechanik
gibt es bisher dennoch keinen Konsens. Ich f=FChre dies auch garnicht darauf
zur=FCck, dass es hier einerseits gutwillige und andererseits b=F6swillige =
gibt.
Fazit: in Wissenschaften, welche das =E4u=DFere des Menschen erforschen, ist
"richtig" bei isolierten Sachverhalten (Versuche, welche eine eindeutige
Fokussierung der Aufmerksamkeit zulassen) intersubjektiv, ich bezeichne dies
als objektiv, m=F6glich.
Wissenschaften, welche das innere des Menschen erforschen, k=F6nnen objektiv
sein. Solange es sich um physiologische Vorg=E4nge (oder analoge) handelt,
sind auch diese objektiv erforschbar.
Wenn es aber um Empfindugen geht, trifft dies nicht mehr zu. Die
gegenw=E4rtige Debatte um die Erforschung des Bewu=DFtseins zeigt, welche
Scheingefechte entstehen, wenn Neurologen das Bewu=DFtsein auf der Ebene von
Nervenimpulsen erkl=E4ren wollen. Da haben sich Roth, Singer und andere ganz
sch=F6n in die Nesseln gesetzt.
Hier m=F6chte ich auf eine Literaturstelle verweisen, in welcher sich der
Autor meiner Meinung nach sehr gut mit dieser Problematik auseinandersetzt.
(Gerald M. Edelman, Das Licht des Geistes, Wie Bewu=DFtsein entsteht, 2004
Patmos Verlag GmbH &Co. KG Walter Verlag, D=FCsseldorf und Z=FCrich).

Ob "richtig" =FCberhaupt eine Kategorie ist, die an dieser Stelle (zur
Benennung der Ergebnisse des Kommunikationsprozesses) ins Spiel gebracht
werden sollte, sei dahingestellt; ich habe verschiedene Einw=E4nde dagegen
und du hast in deinem folgenden Beispiel deutlich gemacht, dass die
Qualit=E4t des Kommunikationsprozesses wahrscheinlich auch gar nicht im
"Einschlagen von K=F6pfen" ob eines Richtig oder Falsch liegt, sondern
eher in der Aufweitung der Sicht durch ein "vier Augen sehen mehr als
zwei". Nicht jede Kooperation muss in einem Konflikt enden.


Ob "richtig" als Kategorie oder nicht gef=FChrt wird, ist jetzt gerade nicht
mein Problem. Insofern haben wir denke ich auch hier keine  Differenzen.
Anders ist es mit dem Problem, vier Augen sehen mehr als zwei. Das ist
richtig, wenn es um die Integration des Erkannten geht. Mir ging es in
meiner Argumentation darum zu zeigen, dass wenn auf denselben Sachverhalt
fokusiert  wird,  nur in  besonderen F=E4llen  Dissens besteht.  (Es gibt
Patienten, denen  z. B.  ein Arm abgetrennt werden  musste und die das
nicht  zur Kenntnis nehmen  und leugnen, dass ihnen ein Arm fehlt.  Oder ein
anderes Beispiel, ein mir pers=F6nlich bekannter diplomierter Physiker hat =
es
geleugnet, dass unser Wahrnehmmungsapparat sich t=E4uschen l=E4sst. Kurzer
Hinweis: Theweleit - M=E4nnerphantasien.)
Wenn es aber darum geht, dass vier Augen mehr sehen als zwei, wird es
problematisch. Wenn es nur ums sehen geht, leistet unser Wahrnehmungsapparat
eine Integration, die wir nur schwer subjektiv beeinflussen k=F6nnen. Als
Beispiel: Vexierbilder: wir k=F6nnen zwar zwischen den Bildern voluntaristi=
sch
wechseln, aber welche Bilder wir sehen, k=F6nnen wir nicht beeinflussen.
Wenn wir die Integration rational vornehmen wollen, brauchen wir eine
Modellbildung, das hei=DFt eine Theorie. Und hier f=E4ngt dann der Dissens =
an.
Hier muss sich jetzt eine Debatte =FCber Modellbildung und Theoriebildung
anschlie=DFen.


Viele Gr=FC=DFe, HGG


Viele Gr=FC=DFe, Ingo


[2 text/html]
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de



[English translation]
Thread: oxdeT11764 Message: 5/25 L4 [In index]
Message 11954 [Homepage] [Navigation]