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Re: [ox-de] Re: Entfaltung von Kooperationen und individuell



Hallo Hans-Gert,

unsere inhaltlichen unvereinbaren Differenzen werden immer deutlicher. 
Darum bin ich dankbar. Deine Aussagen werden kenntlich. Das steht einer 
weiteren Zusammenarbeit nicht im Weg. Jedoch ist die inhaltliche Basis 
geringer als bisher von mir angenommen.

Am Monday 07 August 2006 11:16 schrieb Hans-Gert Gräbe:
Ja, das ist eine wichtige Bemerkung. Ein solcher Zugang hat die
Beförderung der EIGENEN Entfaltung im Auge und geht davon aus,
damit auch die "je eigene Entfaltung" zu befördern. Es ist aber
m.E. kein "versteckter absolut diktatorischer Anspruch", sondern
schlicht ein ausbeuterischer dahinter, wenn es in einem solchen
Diskurs primär um die eigene Bereicherung ("weil ich mich
entfalten will - und da brauche ich die Anderen") geht. Ein m.E.
SEHR subtiles Moment, das tief im Grund meines Frusts über Hütten
liegt.

Ich kann nur schwer nachvollziehen, wie Jac und auch du zu diesem
Schluss kommen. Wie kann ich das Verhältnis so ausdrücken, dass es
mir nicht als "instrumentell" ausgelegt wird? Grundsätzlich als
Referenz zum Verhältnis von "intersubjektiv" und "instrumentell":

Der Vollständigkeit halber dein Verweis hier im Wortlaut
<zitat>
Es reicht nicht aus, die Herrschaft hinwegzufegen - etwas Neues, noch
dazu Besseres, setzt sich nicht automatisch an dessen Stelle; eher
andere, vielleicht noch brutalere Formen der Herrschaft. Parallel zum
Kampf gegen die Herrschaft muß das angestrebte Neue im Verhalten der
Menschen und ihrem gesellschaftlichem Zusammenwirken mitentwickelt
werden. </zitat>

Was du weiter schreibst, ist eine Utopie (ich meine das nicht im
abwertenden Sinne, der dem Wort manchmal beigelegt wird). Sie geht
von einer konstruierten Welt aus, deren grundlegenden
Konstruktionspfeiler ich nicht teile. Etwa "je meine
Selbstentfaltung" - weil du dabei die Entfaltungen getrennt denkst.

Gerade nicht - wie kommst du darauf? Das "je" zeigt das 
verallgemeinerte "ich" an.

In dieser gedanklichen Konstruktion kann ich in keiner Weise
erkennen, *dass* und erst recht nicht *wie* sich diese "je
Selbstentfaltungen" aufeinander beziehen. Die "positiven
Rückkopplungen" stehen irgendwie im Raum. (Holzkamp 1980) kann für
sich in Anspruch nehmen, so was überhaupt erstmals (?) gedacht zu
haben, aber auch er bleibt bei der phänomenologischen Beschreibung
einer solchen Utopie stehen.

Also, ich weiss nicht, warum dir das so schwer fällt zu denken. Ich 
finde es liegt auf der Hand, guck doch einfach in die Freie Software. 
Diesen "Mechanismus" habe ich anderenorts "Inklusionslogik" genannt 
(zum Beispiel in Chemnitz, wenn du dich erinnerst): Es gibt keinen 
anderen Weg, als über die progressive Integration Anderer 
voranzukommen. Um diese "Anderen" wird gewissermaßen "konkurriert", 
einfach weil es die "Werthebel" nicht gibt (den du unbedingt retten 
willst). Das ist genau das Gegenteil der allgegenwärtigen 
Exklusionslogik sonst, die ich wohl nicht weiter beschreiben muss. 

Ist es aber nicht so, dass es eben keine Selbstentfaltung ist, also
ein intrinsisches Etwas sich entfaltet, sondern wie in der ganzen
Erziehungsdebatte, dass sich jede(r) in den Möglichkeitsraum hinein
entfaltet, den er vorfindet und der von den anderen (und deren
Entfaltung) konstituiert wird?

Ja, klar ist das so. Aber es geht eben gerade nicht um ein 
isoliertes "intrinsisches Etwas", das sich da entfaltet, sondern es 
geht um den gesellschaftlichen Menschen, der den je gegebenen 
Möglichkeitsraum nutzt und ggf. erweitert - für sich und _damit_ für 
alle Anderen.

Um es an dem sehr subtilen Moment in Hütten noch einmal zu
verdeutlichen. Warum meintest du, diesen AK zum Arbeitsbegriff machen
zu müssen in der Form, wie du ihn gemacht hast? Warum hast du weder
die im Reader dokumentierten Vordebatten noch mein Angebot der
Beteiligung an der konzeptionellen Planung angenommen?

Es gab nichts im Reader, worauf ich mich hätte mit meinem Beitrag 
beziehen können. Und außerdem hatte ich nicht viel Zeit. Mehr war nicht 
drin - auch eine Rahmenbedingung.

Du hattest 
deine eigene Entfaltung im Auge und auch die anderen haben davon ein
Stück weit profitiert. Aber es war unbefriedigend, weil dein Blick,
der primär auf dich selbst gerichtet war, dich daran gehindert hat,
die weitergehenden Potenzen zu sehen. Ist natürlich alles *meine
Sicht*, klar.

Dieser Workshop hat immerhin mehrere Leute soweit interessiert, dass sie 
weiter an dem Thema arbeiten wollen. Mehr als ich erwarten konnte.

Es geht m.E. nicht so sehr darum, dass die Rückkopplungen der anderen
positiv sind, sondern, dass man sich in der eigenen Entfaltung
*selbst* positiv auf die Entfaltungen der anderen bezieht. Ein *aktiv
suchendes* Einlassen auf die anderen.

Ok, dann kommen wir doch mal auf meinen Eindruck deiner Beteiligung zu 
sprechen - denn es gab auf deiner Seite nichts Positives, worauf ich 
mich hätte einlassen können. Deine Beteiligung fand ich als ganz und 
gar nicht konstruktiv. In einer für dich sehr typischen Weise ("An 
dieser Weise will ich mal xy einbringen. Blah...") hast du für mich 
völlig unvermittelt irgendwie assoziativ deine eigene Sichtweise in 
einem Co-Referat dagegen gesetzt, Es hatte - nach (selbstredend) meiner 
Wahrnehmung - keinerlei inhaltlichen Bezug zu dem bisher Dargestellten, 
mehr noch, du hast eben mal ziemlich genau das Gegenteil von dem 
gesagt, was gerade diskutiert wurde ("quantitatives Wasserstandsmodell 
statt Fünfschritt qualitativer Entwicklungsschritte) - ohne 
dich "aktiv-suchend" auf das einzulassen, was gerade diskutiert wurde. 
Das fand ich dreist, aber glücklicherweise gab es einen Teilnehmer, der 
schneller als ich erkannt hatte, was du da tust und es entsprechend 
charakterisierte. Mein Umgang mit solchen Dreistigkeiten hast du dann 
auch erfahren können: Ich bin nicht darauf eingegangen und habe es 
weitgehend ignoriert. An dieser Stelle ist nun wichtig zu unterscheiden: 
Ich habe nicht _dich_ ignoriert, sondern das von dir reinpackte 
bezugslose Co-Referat.

Es geht nicht darum, was du *willst*, sondern ob und wie du in der
Lage bist, deine eigenen Vorsätze umzusetzen. Und dabei zu verstehen,
was dich, subjektiv und objektiv, daran hindert. Es geht dabei - ich
hoffe, das erkennst du an - um Psychotherapie, die kaum als

Das ist doch Quark. Mannometer, wohin driftest du ab?

Selbsttherapie funktioniert. *Nur* im Sinne einer solchen kollektiven 
Therapie ist meine These und - nehme ich an - Jacobs gemeint. Dass
wir uns - als Kinder einer ausbeuterischen Gesellschaft sozialisiert
- an vielen uns gar nicht bewussten Stellen ausbeuterisch verhalten,
ist ja trivialerweise anzunehmen.

Die Sozialisationsthese halte ich für inadäquat, um die wirklichen 
Probleme auf den Begriff zu bekommen. Aber sie ist weit verbreitet. 
Darauf kannst du in der Tat mit deiner "triviale Annahme" bauen.

Der Gedanke "weil ich mich entfalten will 
- und da brauche ich die Anderen" enthält ein solches Element.

Das kannst du nur annehmen, weil du Menschen als genuin 
ungesellschaftliche, isolierte, bös geprägte, kranke, autonom-monadisch 
interagierende Agenten ansiehst - aber nicht als gesellschaftliche 
Menschen.

Ich 
hoffe, ich konnte dir am Beispiel Hütten deutlich machen, dass er
auch in deiner Praxis eine Rolle spielt. Ist alles *überhaupt nicht*
spektakulär, nur es bemerken und uns gegenseitig darauf aufmerksam
machen müssen wir. Das gehört für mich zentral zu "New Culture".

Also wenn du eine "New Culture" herbeitherapieren willst, dann mach das 
doch bitte woanders.

das große Koordinatensystem, also globale Effekte. Konkret: Es geht
primär darum, zu anderen, leistungsfähigeren Interaktionsformen
zwischen autonomen interagierenden "Produzenten"
           ^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^Sic!
zu kommen.  Die auch 
hier weit verbreitete Illusion, dass man dazu die Wertform abschaffen
müsse, teile ich nicht.

Ok, das ist deutlich. Das war mir so klar nicht. Aber vielleicht hatte 
ich dich stets zu wohlwollend interpretiert. Oder du redest jetzt 
klarer. Kenntlich.

Im Gegenteil, sie ist in ihrer - hier auf 
der Liste absolut unverstandenen - Grundkonstruktion die Form, welche
*sich* als Interaktionsform autonomer interagierender "Produzenten"
herausgebildet hat und insoweit ein zivilisatorisches Element ersten
Ranges.

Das ist echt der Gipfel der Perversion: Die Wertform als 
zivilisatorisches Element ersten Ranges. Dazu fällt mir nix mehr ein.

Und die Sozialismusversuche des 20. Jahrhunderts, die ja alle 
angetreten waren mit dem Anspruch, diese Wertform zu überwinden,

Das stimmt doch gar nicht. Der Anspruch wurde gerade nicht vertreten. 
Stattdessen betrieb der Sozialismus eine bloße Adjektivierung der 
bürgerlichen Kategorien: sozialistisches Geld, sozialistische Waren, 
sozialistische Arbeit, sozialistischer Staat etc. Glücklicherweise habe 
ich mir ein paar ML-Bände aus der Evangelischen Akademie (West) 
gesichert, sonst glaubt mir das ja bald keiner mehr.

sind 
kläglich gescheitert. Arbeitsteilung und Tauschwert sind einfach zwei
Seiten derselben Medaille, das hat Peter Ruben in (ruben-98) so gut
begründet, ich kann es nicht besser. Verweis auf meine Kommentare zur
WaK-Debatte in http://de.wiki.oekonux.org/HGG/WAK-Debatte.

Das hat Annette passend eingeschätzt: Ruben denkt Gesellschaft als durch 
Tausch konstituiert. Ein quasi-natürliches Verhältnis. In der Tat ist 
dann Tauschwert ebenso "natürlich". Folgerichtig setzt Ruben die 
Untersuchung der Ökonomie den Naturwissenschaften gleich. - Das ist 
eine komplett affirmative, dem schönen Schein verhaftete Illusion. Jede 
Kritik ist nun passe´. Tröste dich, damit kehrst du in den Schoß des 
Mainstreams zurück.

Ciao,
Stefan

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