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Re: [ox-de] Re: Nochmal: gesellschaftliche Natur



Hallo Stefan,

ich wundere mich.

Stefan Meretz wrote:
hgg: Hältst du es für unerheblich, die Differenz zwischen ...
aufzumachen?

s.mz: Was meinst du mit Differenz? ... Ich halte es für notwendig
... die Einheit der Differenz zu betonen.

hgg: Bei mir ist es genau umgekehrt, mir ist die Differenz in der
Einheit wichtiger.

Na schön. Aber der Punkt ist: Es ist eine Einheit. Das hast du vorher 
nicht geschrieben. Du hast es wie Jac getrennt - also nur Differenz.

Kannst du mir mal erklären, was du mir sagen willst? Ich frage, ob du
nicht *ein* gewisses Element in einem Diskurs unterbelichtest und
bekomme an den Kopf geworfen, dass ich *nur* dieses Element sehen würde.

Der körperliche Mensch _ist_ ein gesellschaftlicher Mensch. Aber wie ich 
anderenorts (http://www.opentheory.org/ko-kurrenz/text.phtml#2.1.2) 
lesen musste, bist du gar nicht dieser Meinung. 

Wie bitte? Was liest du da raus?

Dann sag das doch gleich. Damit fällst du aber noch hinter Jac
zurück, der das nur für die erste Lebenszeit so sieht.

Ah und knall-bumm, noch eine Wertung nachgeschoben, nicht des
unverstandenen Arguments sondern der Person selbst.  Jac ist schon doof,
aber hgg ist ja noch viel döfer.  Wo laufen denn diese ganzen Bahnen
aufsteigender Erkenntnis zusammen? Ahh, ich seh's ...

Sorry Stefan, mit mir bitte nicht. Ich kenne dieses Alphatier-Gebeiße
zur Genüge und weiß, wo's hinführt. So dass ich ihm *überhaupt nix*
abgewinnen kann. Sag ich dir einmal und in aller Freundschaft.

So, und nun wieder sachlich.

... weil der Übergang in Richtung einer FG - wie ich ihn derzeit
verstehe - eine (tiefenpsychologisch angelegte) Psychotherapie für
einen ausreichenden Anteil von *Akteuren in dieser* Gesellschaft 
einschließt. Was ja auch nicht anders sein kann, denn "diese 
Gesellschaft macht krank" (W. Reich).

Zunächst zum Zitat: Metaphorisch genommen wird dir niemand 
widersprechen, ernsthaft genommen ist so eine Aussage leer. Diese 
Gesellschaft "macht" gar nichts. Sie stellt für uns alle 
Handlungsbedingung dar, zu der wir uns verhalten - jede und jeder 
Einzelne. Was da raus kommt, ist nicht vorgegeben. Manche werden
krank, andere nicht.

Du scheinst mit diesem Gedanken so gar nichts anfangen zu können. Obwohl
du sicher derjenige hier auf der Liste bist, der psychologische Aspekte
am intensivsten studiert hat.  Deine Quelle ist Holzkamp und ich
verstehe bis heute nicht dessen Verhältnis zur Psychoanalyse. D.h., ich
verstehe eigentlich immer besser, dass es sich um ein Nicht-Verhältnis -
insbesondere zu der mit dem Namen Wilhelm Reich verbundenen
Fortschreibung in marxistischer Tradition - gehandelt haben muss, denn
weder Annette Schlemm noch Tom Pappritz konnten mir zu der Frage
irgendwas Plausibles sagen. Am Pointer "diese Gesellschaft macht krank"
hängt ja ein ganzes Theoriegebäude, das auf dem Boden einer
marxistischen Psychoanalyse entstanden ist und genau die
Entfremdungsproblematik von *dieser* Seite aus in den Blick nimmt. Mit
"primärem Krnakheitsgewinn" und insbesondere "sekundärem
Krankheitsgewinn" als Phänomenen. Ich hatte in dem Zusammenhang schon
mehrfach auf Hoevels verwiesen, so dass ich mir an dieser Stelle weitere
Ausführungen dazu spare.  Hoevels ist demnächst in Leipzig, mal sehen,
ob er mir Näheres dazu sagen kann.

Diese Ansätze, erstmal die Leute (und sich selbst) zu therapieren,
hatten wir doch schon 68ff, in allen Inkarnationen. Oh nee, bitte
nicht noch mal.

Ist das ein Argument pro tabula rasa? Wie wäre es, auch *diese* Dinge
erst einmal aufzuarbeiten und zu *analysieren*, welche Keime da
vielleicht schon einmal sichtbar wurden? Wenn du es selbst schon nicht
machst, so wenigstens *wohlwollend* bei anderen zu tolerieren. Wobei
"wohlwollend" bereits ein solches psychisches Moment ist, der Art auf
andere zu schauen. Annette sagt dazu "New Culture". Vielleicht bedarf es
- wie stets in der Psychotherapie - auch bei dieser "kollektiven
Selbsttherapie" einiger Geduld und eines zweiten (heute) und vielleicht
auch dritten und vierten Anlaufs?

Etwa "je meine Selbstentfaltung" - weil du dabei die Entfaltungen
getrennt denkst.

Gerade nicht - wie kommst du darauf? Das "je" zeigt das 
verallgemeinerte "ich" an.

Annette und du hatten die kategoriale Ebene ja dankenswerter Weise noch
mal deutlich auseinandergepuzzelt. Es ist das konkret-allgemeine "ich",
die "ich-Schablone", aus der "je ich" und "je meine Selbstentfaltung" in
Analogie zur Objektinstanziierung entspringen. Wie schwierig
Interaktionen zwischen Objekten - besonders zwischen Instanzen derselben
Klasse - zu programmieren sind, brauche ich einem Informatiker sicher
nicht zu erläutern. Wieso meinst du, dass derartige intersubjektive
Interaktionen in deinen Überlegungen zu "je meine Selbstentfaltung" mit
den Instanzen quasi automatisch mitgedacht sind?

Diesen "Mechanismus" habe ich anderenorts "Inklusionslogik" genannt 
(zum Beispiel in Chemnitz, wenn du dich erinnerst): Es gibt keinen 
anderen Weg, als über die progressive Integration Anderer 
voranzukommen. Um diese "Anderen" wird gewissermaßen "konkurriert", 
einfach weil es die "Werthebel" nicht gibt (den du unbedingt retten 
willst). Das ist genau das Gegenteil der allgegenwärtigen 
Exklusionslogik sonst, die ich wohl nicht weiter beschreiben muss. 

In dieser Lesart machst du aber die Anderen zu Instrumenten deines
Selbst. Wo ist der Mittelpunkt dieses Systems? Im "je selbst" der sich
"je selbstentfaltenden Individuen"? Statt alle anderen von *je meinem*
Eigentum auszuschließen will ich nun alle (bzw. möglichst viele) für *je
meine* Ideen begeistern? Meinst du, ein solcher kollektiver
Egozentrismus kann je funktionieren? Ist hier nicht noch mindestens eine
weitere Denkleistung ähnlich der des Übergangs vom geozentrischen zum
heliozentrischen Weltbild nötig?

es geht um den gesellschaftlichen Menschen, der den je gegebenen 
Möglichkeitsraum nutzt und ggf. erweitert - für sich und _damit_ für 
alle Anderen.

Du scheinst hier einen gewissen Automatismus ("und _damit_ für alle
Anderen") zu sehen. Aber die "je gegebenen Möglichkeitsräume" existieren
doch con-current, in der gleichen Raum-Zeit, was zu Interessen- und
Gestaltungskonflikten führt, die bearbeitet werden müssen. Und wird
nicht "New Culture", das sinnvolle und nachhaltige Gestalten dieser
Interaktionsformen, zum Hauptfeld gesellschaftlicher Auseinandersetzung?
Geht es also weniger um die Menschen als um die Zwischenräume (genauer:
Relationen) zwischen ihnen?

Zu Hütten:
Es gab nichts im Reader, worauf ich mich hätte mit meinem Beitrag 
beziehen können. Und außerdem hatte ich nicht viel Zeit. Mehr war nicht 
drin - auch eine Rahmenbedingung.

Doch, zum Arbeitsbegriff gab es die Dokumentation der Debatte "Arbeit
als Bedeutungswirbel", zu der du und Uli sich hätten ins Verhältnis
setzen können. Aber für mich ist immer noch ein Rätsel, warum du - bei
so wenig Zeit für Vorbereitung - *überhaupt* einen Beitrag anbieten
musstest und auch noch so darum ringen. Angebote gab es ja am Freitag
genug. Bzw. - da du es ja im Vorfeld deutlich als deinen Wiedereinstieg
angekündigt hattest - hättest du dich ja auch gänzlich überraschen
lassen können. Dass genug Substanz da sein würde, war zum Zeitpunkt der
Anreise in Hütten mehr als klar.

Ok, dann kommen wir doch mal auf meinen Eindruck deiner Beteiligung zu 
sprechen - denn es gab auf deiner Seite nichts Positives, worauf ich 
mich hätte einlassen können. Deine Beteiligung fand ich als ganz und 
gar nicht konstruktiv. ...

Irgendwie bin ich gar nicht überrascht von dieser *deiner* Einschätzung.
Zum Glück gibt es im Wiki eine recht gute Aufzeichnung dessen, was dort
*wirklich* gesagt wurde. Zweck-Mittel-Umkehr habe ich in Frage gestellt,
dass es bei "Handlungsfähigkeit" nicht nur um die soziale Dimension
innerhalb der menschlichen Gattung geht, sondern auch innerhalb der
Gesamtnatur (Bemerkung der Tipperin: wurde nicht weiter diskutiert).
Insofern kann ich deine Einschätzung nicht nachvollziehen - allerdings
habe ich in der Tat nicht affirmativ auf dich Bezug genommen, das gebe
ich gern zu. Für jemanden, der stärker an der "Differenz in der Einheit"
interessiert ist, vielleicht nicht ungewöhnlich. Anyway ...

In einer für dich sehr typischen Weise ("An dieser Weise will ich mal
xy einbringen. Blah...") hast du für mich völlig unvermittelt
irgendwie assoziativ deine eigene Sichtweise in einem Co-Referat
dagegen gesetzt, Es hatte - nach (selbstredend) meiner Wahrnehmung -
keinerlei inhaltlichen Bezug zu dem bisher Dargestellten, mehr noch,
du hast eben mal ziemlich genau das Gegenteil von dem gesagt, was
gerade diskutiert wurde ("quantitatives Wasserstandsmodell statt
Fünfschritt qualitativer Entwicklungsschritte) - ohne dich
"aktiv-suchend" auf das einzulassen, was gerade diskutiert wurde.

Den Kontext des Ganzen hatte ich in der letzten Mail dargestellt,
brauche ich also hier nicht zu wiederholen.  Dass ich mich _nach diesem
Vorspiel_ *erdreistet* habe, an dieser Stelle in dieser Form und in
gebotener Kürze (und damit natürlich nicht anders als assoziativ) einen
Teil dessen einzubringen, was mir wichtig war ... ja, ich hätte auch die
Schnauze halten können oder woanders hingehen. Wie sagte Zidane in
ähnlicher Situation? "Ich entschuldige mich, aber ich bedauere nichts".

Das fand ich dreist, aber glücklicherweise gab es einen Teilnehmer, der 
schneller als ich erkannt hatte, was du da tust und es entsprechend 
charakterisierte. Mein Umgang mit solchen Dreistigkeiten hast du dann 
auch erfahren können: Ich bin nicht darauf eingegangen und habe es 
weitgehend ignoriert. An dieser Stelle ist nun wichtig zu unterscheiden: 
Ich habe nicht _dich_ ignoriert, sondern das von dir reinpackte 
bezugslose Co-Referat.

Ja klar ist es dreist, dass jemand, der sich den Arsch aufgerissen hat
für diesen Workshop und in *dieser* Weise dann an die Wand gespielt wird
von den hehren "Selbstentfaltern" - sorry, richtig muss es wohl heißen
"sich selbst Entfaltern" -, so produziert.  Und selbstverständlich hast
du *mich* - nicht erst, aber auch - über dieses Koreferat ignoriert.
Wozu lügst du dir hier was in die Tasche? Willst du dich vor dir selbst
rechtfertigen?

Soviel zum Thema "ausbeuterisches Verhalten" - was ja der analytische
Ausgangspunkt dieser "Empirieauswertung" war. Will ich mal explizit
nachschieben, denn es geht mir nicht um das Begleichen von Rechnungen,
sondern um die Anaylse unserer eigenen Praxis.

Und dabei zu verstehen, was dich, subjektiv und objektiv, daran
hindert. Es geht dabei - ich hoffe, das erkennst du an - um
Psychotherapie, die kaum als ...

Das ist doch Quark. Mannometer, wohin driftest du ab?

... Selbsttherapie funktioniert. 

Braucht wohl noch viel Geduld, bis du begreifst, dass ich damit nichts
anderes als die Ausbreitungsform von "New Culture" meine.

Dass wir uns - als Kinder einer ausbeuterischen Gesellschaft
sozialisiert - an vielen uns gar nicht bewussten Stellen
ausbeuterisch verhalten, ist ja trivialerweise anzunehmen.

Die Sozialisationsthese halte ich für inadäquat, um die wirklichen 
Probleme auf den Begriff zu bekommen. Aber sie ist weit verbreitet. 
Darauf kannst du in der Tat mit deiner "triviale Annahme" bauen.

These? Das ist für mich ein empirisch bestens untermauerter *Fakt*.  Wie
es Wolf-Dieter Narr zur BdWi-Herbstakademie 2005 treffend formulierte:
Wir sind alles "kontaminierte Menschen" und es ist schon ein Erfolg,
*gelegentlich* mal eine Stelle auf der eigenen Oberfläche *für einen
Moment* blank geputzt zu bekommen.

Die "kollektive Psychotherapie" (er nennt das nicht so) schließt bei ihm
übrigens folgende Momente des kollektiven Selbst ein:
* Ständig Konsistenz der eigenen Argumentation hinterfragen, was
permanente Selbstreflexion einschließt;
* Annahme einer besonderen Rolle von wem auch immer ist obsolet;
* Alles steckt so voller Lüge, dass es schwer ist, zum wahren Kern
vorzudringen. Richtschnur können *konkrete* Utopien sein.
* Die Formfrage ist ein wichtiger Teilaspekt der Zielfrage;
* Bruchstellen suchen.

Und die Sozialismusversuche des 20. Jahrhunderts, die ja alle 
angetreten waren mit dem Anspruch, diese Wertform zu überwinden,

Das stimmt doch gar nicht. Der Anspruch wurde gerade nicht vertreten.
Stattdessen betrieb der Sozialismus eine bloße Adjektivierung der 
bürgerlichen Kategorien: sozialistisches Geld, sozialistische Waren, 
sozialistische Arbeit, sozialistischer Staat etc. 

Ah ja? Gibt es vielleicht einen Unterschied zwischen den Konzepten, mit
denen diese Versuche *angetreten* sind und was und wie sie sich dann im
Laufe der Entwicklung versucht haben zu "drehen"? Waren die NÖP der 20er
Jahre in Sowjetrussland oder die NÖS in der DDR der 60er Jahre die
Konzepte, mit denen die jeweiligen Sozialismusversuche *angetreten*
sind? Oder schon Ergebnis dessen, dass sie gemerkt haben, dass ihre
Visionen ohne Wertform Kappes sind. Dass sich übrigens auch Rubens
Kritik gerade aus *dieser* Erfahrung profund speist, sei nur in
Parenthese bemerkt.

Und meinst du, dass sich Uli Weiß auf seiner noch immer Suche nach einer
Vision ohne Wertform von Ungefähr im Kreis dreht? Und dass Heinz P.
(Verweis: wiki-de:/HGG/WAK-Debatte) als eine der ersten Kritiken äußert,
"dass die gesellschaftliche Funktion von Wert im Kapitalismus in einer
neuen Gesellschaft nicht ersatzlos aufgehoben werden *kann*"
(Hervorhebung - hgg)?

Wäre es nicht sinnvoll, sich mit diesen Argumenten auseinanderzusetzen
oder, wenn sich das schon jenseits deiner Vorstellungswelt abspielt, es
wenigstens als Denkansatz wohlwollend zu tolerieren? Auch innerhalb der
Oekonux-Welt?

Das hat Annette passend eingeschätzt: Ruben denkt Gesellschaft als durch 
Tausch konstituiert. Ein quasi-natürliches Verhältnis. In der Tat ist 
dann Tauschwert ebenso "natürlich". Folgerichtig setzt Ruben die 
Untersuchung der Ökonomie den Naturwissenschaften gleich. - Das ist 
eine komplett affirmative, dem schönen Schein verhaftete Illusion. Jede 
Kritik ist nun passe´. Tröste dich, damit kehrst du in den Schoß des 
Mainstreams zurück.

Na nett, dass Blödmann hgg und Blödmann Ruben so schnell "entlarvt"
sind. Meinst du nicht, dass du dich mit solchen Argumenten auf unterstem
p/p-Niveau befindest?

Trotzdem viele Grüße, hgg

-- 

  Prof. Dr. Hans-Gert Graebe, Inst. Informatik, Univ. Leipzig
  Augustusplatz, D-04109 Leipzig, Raum 5-53	
  tel. : +49 341 97 32248
  email: graebe informatik.uni-leipzig.de
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