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Hallo Franz,

ich versuch mal zu antworten, während unten Fussball verspielt wird
(jedenfalls aus Schland-Sicht)

Mir scheint das aber wieder zu bestätigen dass in diesem Dialog mit
kurzen Mails nicht geht, weil mal man zu vieles doch immer implizit
lassen muss, weils sonst zu lang wird. ausserdem hab ich noch das
Problem mit meinem Mailer, der nicht den Konventionen entspricht, ich
versuch deutlich zu machen welche Texte von wem stammen. 

Also:    


1) wir befinden uns in einer besonderen historischen Situation: es
ist
zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit so, dass die Deckung
des privaten Konsums nicht mehr zur gesellschaftlichen
Vollzeitbeschäftigung gemacht werden kann. Die private Nachfrage
wird
nie mehr so angestachelt und ausgeweitet werden können, dass
alle angebotenen Produktionsmöglichkeiten bei Vollbeschäftigung auch
genutzt und ausgelastet werden können. D. h.: diese kürzlich durch
die
Presse geisternden 115 Bilionen Dollar Kapital auf der Welt können
sich nur noch dadurch verzinsen, dass irgendwo anders in der
Gesellschaft Werte vermindert werden, also Menschen etwas
weggenommen
wird, sie also relativ verarmen, und nicht mehr durch eine
Ausweitung
der gesamten Wirtschaftstätigkeit, wodurch Wohlstandserweiterung für
alle möglich wäre, und bis in die 1970er Jahre ja auch möglich war.
<>Also: Wohlstandserweiterung oder zumindest -erhalt der einen nur
noch
auf Kosten der anderen.

Das ist aber kein Naturgesetz, sondern hat was mit den Methoden der
Reichtumsproduktion zu tun: Lohnsenkung und Arbeitseinsparung auf der
vollen Linie

Also: da muss man ja nun tief in die Ökonomie einsteigen,
was schwer ist hier mit wenigen Sätzen zu machen.

Reichtumsproduktion: Das ist kein gängiger ökonomischer Terminus, aber
wenn man mal unterstellt das ist zunächst einmal Wohlstandserzeugung
in der gewöhnlichen Definition der Steigerung der Verfügbarkeit von
Gütern, woher kommt dann die? Der - kritische - Ökonom Norbert Reuter
z. B. sieht die Produktivitätssteigerung als wesentliche und
wichtigste Quelle von Wohlstandserzeugung; es kann zwar hier und da
geschichtlich andere besondere Quellen geben, auch welche die einen
grossen Aufschwung erzeugen, neue Verfahren, Erfindungen, Entdeckungen
von Rohstoffen oder Energiequellen, auch Entdeckungen oder
Innovationen auf der Konsumseite, wie zuletzt z B das mobile Telefon,
oder mal das Automobil, aber die immer gleich wichtig bleibende und
sozusagen innere Quelle sind arbeitssparende
Produktivitätssteigerungen, also Prozessinnovationen. D. h. dass der
Arbeitsertrag pro Arbeitseinheit oder -stunde gesteigert wird, womit
dann eben auch Lohnsteigerungen möglich wären, waren und eigentlich
auch sind. Geschichtlich neu ist aber diese Situation, dass diese
möglichen Lohnsteigerungen nicht mehr realisiert werden können von den
Beschäftigten, sie können die Unternehmen dazu nicht mehr zwingen,
weil die - infolge der sog. Globalisierung - zu viele Möglichkeiten
haben diesem Druck, auch ggfls. politischem Druck, auszuweichen. Die
verlagern dann eben einfach die Produktion. Insgesamt kann man
weltweit die Konsumnachfrage niemals mehr so ausweiten, dass
tatsächlich weltweit alle Produktionsmöglichkeiten so weit ausgelastet
werden, dass die Nachfrage nach Arbeitskraft in der Breite (auch der
Qualifikationen) wieder nennenswerte Lohnsteigerungen möglich machen
würde. Ich habe in der IT selber mit der Offshore-Konkurrenz zu tun -
 ich muss das ja hier nicht weiter ausbreiten. Wir haben
dieses historische Problem der Nachfragelücke, von vielen Ökonomen
schon seit ziemlich langer Zeit ziemlich ausführlich beschrieben. Das
würde sich zwar eine Zeit lang aufschieben lassen, wenn die
Entwicklung der Löhne und der Arbeitsproduktivität nicht so weit
auseinanderklaffen würde (die Löhne stagnieren seit ca. 20 Jahren,
während die Produktivität in der Zeit stark (waren es 70 Prozent?)
zugenommen hat; wobei wiederum die groteske Entwicklung in den USA
seit Reagan mit den absoluten Niedriglöhnen und den working poor
mögliche Produktivitätssteigerungen ja noch gebremst hat, man hatte da
also lieber Menschen an den Supermarktkassen die anderen ihr Zeug in
die Tüten packen für einen Hungerlohn, als vollautomatisierte Läden,
in denen wenige, aber gut bezahlte Menschen arbeiten.

Also: Automation (an welcher Stelle auch immer) ist offenbar durchaus
ein Mittel der arbeitssparenden Produktivitätssteigerung,
problematisch wird das dann, wenn die Menschen nicht mehr gerecht an
den Steigerungen ihrer Arbeitserträge beteiligt werden. Und da ist das
Problem, dass die politischen Einwirkungsmöglichkeiten, daran was zu
ändern, begrenzt sind, solange so etwas nicht dann gleich welt. oder
mindenstens europaweit durchgesetzt werden können. Und selbst wenn man
das könnte - wo ich persönlich sehr dafür wäre - wäre das nur
eine Übergangslösung. Und das wiederum nicht nur wegen der
ökologischen Grenzen, eine in diesem Sinne materielle
Wohlstandssteigerung durch Ausweitung der Konsumnachfrage
voranzutreiben, ad infinitum.     

Neu ist aber auch, dass in der gesamtem Gesellschaft SÄTTIGUNGSBEDINGT
die Nachfrage stagniert, das heisst es gibt im Bereich der hohen
Einkommen einen grossen Teil möglicher Nachfrage, der eben nicht in
die Konsumnachfrage nach industriell vermehrbaren (und damit
Arbeitsplätze nachfragenden) Gütern wandert, sondern entweder in
nicht-vermehrbare Prestigegüter (schau Dir mal die erzielten Preise
auf Kunstauktionen an), Sammlerstücke, Antiquitäten, Immobilien in
besonderen Lagen etc., oder eben in diese Finanzinvestitionen, und die
sind volkswirtschaftlich eigentlich das schlimmste, weil die die
Unternehmen noch mehr zu radikalen kurzfristigen Profitsteigerungen
zwingen, um bessere kurzfristige Rendite zu erzielen. - Insgeamt kommt
so dieser verhängnisvolle Prozess in Gang, im Laufe dessen der
Reichtum Armut schafft - das Drama des sterbenden, überreifen
Kapitalismus-                      

Das sieht man auch daran, dass inzwischen
eigentlich alle Industriestaaten Exportüberschüsse erzielen wollen
bzw. müssen: offensichtlich kann das nicht lange funktionieren. Und
Wohlstandserweiterung der einen auf Kosten der anderen kann auch
nicht
lange funktionieren: irgendwann ist da dann eben nix mehr zu holen.
Lange hat man versucht, durch diese geradezu verzweifelte Ausweitung
der Verschuldung (Subprime-Krise) die Konsumnachfrage auf einem
hohen
Niveau zu halten: wie das geendet hat ist ja bekannt inzwischen.
Also:
wie so schön beschrieben bei Konicz, ist der Kapitalismus in diesem
Sinne an einem Ende, das ZWINGEND nach einem Nachfolger, also nach
einer wirtschaftlichen Organisation oder nach Prinzipien der
Wirtschaftsorganisation verlangt, die diese Eigenschaft aufweisen,
die
z B Karl-Georg Zinn Stagnationsstabilität genannt hat: wir brauchen
eine System, das (unter anderem) auch diese Fähigkeit aufweist, auch
bei einer stagnierenden, also konstanten oder sogar schrumpfenden
Nachfrage nach Konsumgütern stabil zu bleiben und eine stabile
Versorgung ALLER Menschen zu gewährleisten.

Das mit der zwingenden Logik ist halt so ne Sache: es gibt immer
wieder
die Phantasien von Massenkaufkraft und Grundeinkommen, die sich
diesen
Einsichten
wiudersetzen....

ja und das wären eben politische Massnahmen, zu denen man den Pudding
haben muss, um die auch durchzusetzen. Also Steigerung der
Massenkaufkraft durch angemessene (also den erreichten
Produktivitätsteigerungen angemessen, worauf die Gewerkschaften aber
jahrelang verzichtet haben, zur "Arbeitsplatzsicherung")
Lohnsteigerungen wären ja enorm wünschenswert, nicht nur wegen der
Menschen die da direkt was von haben, sondern weil das für die
Gesamtwirtschaft (wenn denn ökologisch verkraftbar!) stabilisierend
wirken würde. Das Groteske ist ja dass die Finanzinvestoren und alle
die die konkurrenzfähige niedrige Löhne fordern nicht kapieren dass
sie sich ihren eigenen Ast absägen, im Gegensatz zu Henry Ford vor
knapp hundert Jahren, der bekanntlich erkannt hat dass Autos keine
Autos kaufen, und seinen Arbeitern die Löhne erhöht hat, damit sie
sich seine Autos kaufen können. Diese Unternehmer gibt es aber eben
langsam nicht mehr, sondern nur noch kurzfristig und radikal
egoistisch denkende Kapitalknechte (siehe Auftritt von BP-Chef Hayward
gestern).   

Grundeinkommen erforderte wohl noch mehr politische Macht! wäre m. E.
aber auch nicht die Lösung, ich muss mal darauf verzichten das an
dieser Stelle ausführlich zu begründen, weil dazu einfach der Raum
fehlt.   



Es gibt also von der wirtschaftlichen Seite ein ENFORCEMENT von
Änderung.

2) dem entspricht ein ebenfalls historisch einmaliges, weil noch nie
dagewesenes ENABLING von seiten der Technik: es gibt diese neuen
technischen Möglichkeiten, die eine Art der Organisation von
Produktion ermöglichen, die es in der Geschichte der Menschheit noch
nie gegeben hat, nämlich eben diese hier beschriebenen Ökonux-
Prinzipien, also Kooperation von sonst vollkommen ungebundenen, von
anonymen und sich gänzlich unbekannten, frei sich
zusammenschliessenden Menschen, um eine bestimmte Leistung zu
erstellen.

wobei ich mit ungebunden, anonym und unbekannt so meine Probleme
habe.

na ja ich kann einen Wikipedia-Artikel erstellen ohne dass die den
kleinsten Schimmer haben wer ich bin oder? und ich stehe in überhaupt
keiner irgendwie bindenden Beziehung zu denen, also keinerlei
vertragliche oder über eine Zeitspanne hin verpflichtende Bindung, wie
das in so ziemlich allen bisherigen Produktionsverhältnissen ja der
Fall war: Arbeitsvertrag, Kernarbeitszeit,
Vorstellungsgespräch, Arbeitszeugnisse, Lohnverhandlungen,
Fortzahlungspflicht etc etc etc. Anonym, also so wie bei Linux oder
Wikipedia, ohne vorherige Anmeldung und an die Person gebundene
Identitäts- und Eignungsprüfung und anschliessende
Leistungsverpflichtung ging bisher ja wohl so gut wie nie was. 

Welche Probleme hast Du denn mit anonym und unbekannt in diesem
Zusammenhang?      

DIes ist ohne a) das Internet und die damit verbundenen
Kommunikationsmöglichkeiten, sowie b) Programmiersprachen und die
damit gegebene Möglichkeit, erzeugtes Wissen und know-how vollkommen
verlustfrei irgendwo abzulegen und verwendbar zu machen, nicht
denkbar. Ein einmal erzeugter fehlerfreier Code kann 1. verlustfrei
kopiert, und 2. jederzeit verlustfrei genutzt, also zum Laufen
gebracht werden. Die Fehlerfreiheit des erzeugten Codes kann zu
einem
gewissen Grad maschinell geprüft werden, jedenfalls ist die Prüfung
(im Sinne von Qualitätssicherung) so möglich, dass anonyme
Produzenten
und Prüfer erfolgreich zusammenarbeiten können (in gewissen Graden,
in
manchen Gebieten jedenfalls hinreichend). Bespiele sind die immer
wieder genannten Softwareprodukte.

Damit eine Gesellschaft sich auf diese Weise mit Gütern versorgen
kann
(und in dem Sinne dann autark ist, also nicht auf Hilfslieferung von
anderen Wirtschaftsgemeinschaften angewiesen ist), muss es möglich
sein, auf die gleiche Weise Konsumgüter zu erzeugen. Auch das ist in
Ansätzen technisch möglich geworden. Dazu ist m. E. das generative
Fertigungsverfahren nicht unbedingt der einzige Schlüssel, Schlüssel
ist m. E. die vollkommene Digitalisierbarkeit der Produktion, die
zwar
mit additiven Verfahren ganz offensichtlich gegeben ist, aber auch
mit
anderen maschinellen Fertigungsverfahren theoretisch (auch
praktisch)
erreicht werden, ich erinnere da an ein theoretisches Modell einer
individualisierbaren vollautomatischen Automobilfabrik von
Jungclaussen, das dieser einfach nur als ein weiteres Modell eines
vollkommen church-turing-berechenbaren Prozesses aufgefasst hat.

Es gilt nicht nur den Produktionsprozess zu betrachten, sondern den
gesamten
Stoff- und Energiekreislauf.

Klar, sag ich ja dass das so eben viel besser geht, also so hat man
erst die Kontrolle über den ganzen Kreislauf.  



Der Os-Car wäre m. E. dann möglich und produzierbar, wenn es
irgendwo
ein Produktionsmittel gäbe, das das fertig entwickelte Modell
tatsächlich komplett bis zum ersten Anlassen des Motors maschinell
herstellen würde. Es müssten dann keine Bauteile von irgendwem
gekauft
und gelagert werden, es müssten nicht irgendwo Menschen sich für
bestimmte Tätigkeiten bereithalten und dafür Zeit aufwenden und
einplanen, etc etc.

und die Logistik, Wartung etc. - Wie kann man nur so abstrakt denken!
 
ja dann hast Du eben keine Logistik mit Zulieferteilen! also wenn die
Fertigung komplett digitalisiert ist, oder jedenfalls fast nicht,
ausser mit den Rohstoffen. Wartung betrifft ja nur den Oscar der beim
Verbraucher steht, da muss der sich natürlich selber drum
kümmern. Maschinenwartung - also Produktionsmaschinen - ist allerdings
ein anderes Problem: das betrifft aber diese ganze peer-production-
Idee insgesamt, ist ja auch hier und da ja schon aufgetaucht, also
etwa ausgehend von der Erkenntnis, dass z B Wikipedia ja auf Servern
läuft und Infrastruktur und Technik nutzt, die dieser Wicinomics-
Community nicht gehört, und die sich bzgl. Wartung und Pflege der
Server und Systeme auch keine Gedanken machen muss.  Also: im
einzelnen und konkreten ist da sicher noch ne Menge zu konstruieren
bis da eine lebensfähige Wirtschaftsordnung draus wird, würde ich auch
so sehen! 

Also sagen wir so: das mit der Digitalisierbarkeit wäre eine
notwendige, aber offenbar auch keine hinreichende Bedingung, einen
tauglichen OsCar nach peer-Prinzipien zu bauen, jedenfalls als
denkbarer gesellschaftlicher Regelfall, eine Gruppe von Enthusiasten
kann natürlich sich auch so zusammenfinden und ein Auto
zusammenschweissen. Das wäre ja nichts neues.     



Jedenfalls: das den wirtschaftlichen Prozess dominierende
Handlungsmodell ist dann nicht mehr der Tausch von fertig
produzierten
Waren gegen ein Tauschmittel, sondern das Beitragen von Leistung
(Programmieren, Codieren, Codifizieren von Wissen auf
maschinenlesbare
und maschinenexekutierbare Weise) in einen Thesaurus, aus dem dann
individualisierte Konsumgüter oder Leistungen abgerufen werden
werden.

Es werden zunächst nicht Güter abgerufen, sondern Modelle die
algorithmisch
umsetzbar sind.

ja stimmt genau


Dies ist eben der grosse Unterschied zu einer warenproduzierenden
Tauschgesellschaft: natürlich ist da jede Arbeit, jeder Input, jde
Arbeitsstunde auch ein Beitrag, aber nicht in diesem definierten,
systemspezifischen Sinn. In diesem Sinne - also Beitragen von z B
konstruktiven Ideen im Sinne von Produktkonstruktion,
Materialverbesserung, etc etc - wird dann auch nicht die eine
konstruktive Idee gegen die andere getauscht: im Wikipedia ist es
nicht so, das der Artikel des einen gegen einen Artikel des anderen
getauscht wird. Jeder der einen Artikel schreibt, trägt sein Wissen
bei, und alle Nutzer können dieses Wissen dann abrufen.
Problematisch
bzw. zu klären wird m. E. sein, in welchem Verhältnis dieses
Beitragen
und dieses Nutzen von Beiträgen stehen wird oder soll oder muss
eines
Tages, Christian hat das ja problematisiert und einen
Lösungsvorschlag
unterbreitet.

Beiträge müssen koordiniert werden und das ist auch ein Beitrag.
Was im Kapitalismus amalgamiert ist, Herrschaft und Koordination,
muss
mühsam wieder auseinandergenommen werden.

An was denkst Du da? müsste man sich genauer anschaun, welche
Koordination da wann erforderlich ist. Wenn Du Dir das mal auf einer
ganz einfachen Ebene anschaust, also z B auf thingiverse oder ponoko
und was da so produziert und abgerufen werden kann, brauchst Du keine
Koordination, Du rufst ein STL-File ab und lässt das entweder von
Deinem Fabber abfabben, oder schickst das an so einen Service, oder
gehst in einen von Bergmanns Copy-Shops. 

Herrschaft und Koordination: also wenn sich die Produktionsvorgänge
technisch nicht ändern, wenn man also nicht hochgradig digitalisierte
Verfahren hat, dann wird auch alles Auseinandernehmen nicht viel
nützen, dann bleibt es bei hoher Spezialisierung und feingliedriger
Arbeitsteilung, damit hat man viele einzelne spezielle Arbeitsgänge,
und damit einen hohen Koordinationsaufwand, und das ist nicht wegen
das Kapitalismus so, sondern weil es dann einfach nicht anders geht.
Und was die Herrschaft angeht, da habe ich mich lange mit
auseinandergesetzt, weil z B der SAP-Software gerne vorgeworfen wurde
dass sie Herrschaft verkörpert oder materialisiert und ein
kapitalistisches Marterwerkzeug ist. Also: wenn man keine Ressourcen
verschwenden will in einem Arbeitsprozess, wozu - auch aus Sicht des
Arbeitenden - auch die menschliche Arbeit gehört, dann macht es sehr
viel Sinn Arbeitsprozesse und Abläufe sehr gut durchzuplanen, mit so
viel Flexibilität wie möglich, aber so viel Bindung und Verpflichtung
wie nötig. Aus dem betrieblichen Ablauf kenne ich die Erfahrung, dass
man sich gerne ärgert wenn ein Prozessmodell einem selber bestimmte
Tätigkeiten vorschreibt, aber sich auch ärgert wenn man beispielsweise
auf Zulieferungen warten muss, weil da im Prozessmodell ein Fehler
ist, oder jemand anders sich nicht an die geplanten Abläufe
hält. Willkür und Beliebigkeit kann - solange es Koordinationsaufwand
gibt - Freiheit also offenbar nicht heissen, wobei ich Dir nicht
unterstellen will dass Du so gemeint hättest, aber durch eine
irgendwie geartete Ablösung des Kapitalismus ohne weitere technische
Änderungen der Produktionsvorgänge wird man diese Art von Zwängen und
Herrschaft nicht los werden.   



Was mir hier wichtig ist an dieser Stelle: ich denke in groben
Zügen besteht hier schon Einigkeit, dass die wesentlichen
konstrukiven
Merkmale einer zukünftigen Wirtschaftsorganisation hiermit genannt
sind. Damit ist aber eine viel grössere Steuerbarkeit von Wirtschaft
(also von allem was in dieser Wirtschaft passiert, wie viel
produziert
wird, aus welchen Materialien, wie Stoffumsatz inkl.
*Abfallverwertung* organisiert wird, wie Energie erzeugt wird etc.)
gegeben als in einer ausschliesslich preis- und
kapitalgesteuerten Wirtschaft: ich erinnere an all die Versuche von
Luhmann seit den 1970er Jahren nachzuweisen, dass es ein vollkommen
hoffnungsloses Unterfangen ist Wirtschaftsprozesse oder DIE
Wirtschaft
steuern zu wollen, damals gegen die aufkommende ökologische
Bewegung,
die sich ja darum bemühte.

Ich habe da auch meine Zweifel, ob sich der IST Zustand der
stofflichen
Verflechtung
steuern lässt bzw. ob da nicht gewaltige Entflechtungen notwendig
sind!

Was Du hier mit Entflechtung meinst ist mir nicht klar. Was ich sagen
wollte ist jedenfalls dies, dass in einer Geld- oder Kapitalgeseuerten
Wirtschaft die Möglichkeiten und Aussichten wesentlich geringer sind
da Einfluss zu nehmen, als in einer - hier ansatzweise diskutierten
Peer-Ökonomie.

Für eine preisgesteuerte Wirtschaft sind
solche Erwägungen wie Ökologie oder auch soziale Motive
(Arbeitsplatzsicherung, oder auch Chancengleichheit etc) immer
extern
und kaum bis überhaupt nicht zu internalisierende Informationen, und
infolge der mit der Globalisierung geschwundenen politischen
Machtmöglichkeiten erst recht. Habermas hat damals das sich
verselbstständigende Wuchern der Systeme (Geld, Markt) kritisiert
und
dagegen sprachlich, also vernunftgesteuerte Medien der Organisation
von Wirtschaft gefordert.

Als ob Vernunft im Mittel residieren würde und nicht im Zweck !

Na ja es gibt die funktionale, zweckorientierte oder auch prozedurale
Vernunft oder auch Rationalität, und die sogenannte politische oder
kommunikative oder sprachliche Vernunft oder Rationalität, die sich in
der Zielwahl oder Ziel- oder Zweckbestimmung konkretisiert. Das heisst
es gibt durchaus beides: einen vernünftigen Zweck setzen, und zu einem
vernünftigen Zweck das vernünftige Mittel wählen, und in der
Ausführung nach Möglichkeit Verschwendung vermeiden.     

Das alles ist m. E. prinzipiell mit diesen
Voraussetzungen gegeben, wenn also die beteiligten Akteure sich
darüber verständigen können, welche Rohstoffe sie verwenden wollen,
ob
z B so ein Kreislauf von Rohstoffen (wie ja auch von Gershenfeld
immer
wieder diskutiert) geschaffen werden kann, dass nicht mehr
verwendete
Güter und Dinge volkommen in ihre molekularen Bestandteile zerlegt
und
damit verlustfrei wieder zu Rohstoffen werden können.

Siehe früher im Thread über Braungart zu diesem absurden Wort
"vollkommen"

"Molekulares Recycling" ist Steinzeit-Recycling !!!

Also wie gesagt, da bin ich nicht so firm auf dem Gebiet, mir ist nur
das haften geblieben was ich so bei Gershenfeld z B lesen konnte über
diese Möglichkeiten von digitaler Komposition und digitaler
Dekomposition.Geht das nicht verlustfrei? das wäre ja bedauerlich.
aber vielleicht jedenfalls mit etwas weniger Verlust als mit Recyceln.
Jedenfalls muss man erstmal in die Lage kommen, überhaupt das steuern
und unter die Kontrolle zu kriegen was da passiert, und da dann eben
das vernünftigste Mittel wählen! also das was geht und die besten
Ergebnisse liefert.   

An der Stelle
bin ich persönlich relativ ahnungslos, klar ist aber dass die
Verantwortung für den gesamten Prozess an in einer Gemeinschaft von
Nutzern liegt, die sich eben über alles verständigen können, und
damit
die Zugänglchkeit zu Vernunftargumenten prinzipiell höher als in
einer
(fast) ausschliesslich kapitalgesteuerten Wirtschaft.

Zu Theorie: mir persönlich geht es so, dass ich, wenn ich über diese
Dinge nachdenke, ganz schnell immer so eine systematische Ordnung
von
all diesen Gedanken im Kopf habe, von der ich denke das sollte man
doch mal so irgendwo festhalten und dran feilen und sehen dass das
eine solide theoretische Konzeption ergibt, kaum fange ich aber
damit
an fängt diese ganze Klarheit wieder an zu verschwimmen, weil die
Materiel doch einfach ganz übel komplex ist. Aber wichtig wäre es m
E
auf jeden Fall, so etwas einmal zu haben bzw. geschafft zu haben, in
gewisser Weise ist das ja auch wie ein Programm, wie Code! wenns
einmal geschrieben ist und fehlerfrei und kompiliert, kann mans
einfach immer kopieren und laufen lassen. Das macht einfach nur
Ordnung im Denken, oder soll es jedenfalls.

Demnächst kommt OYA 3 zumThema Wirtschaft heraus, das sollte
hilfreich
sein.

ja los, raus damit.

Viele Grüsse,
ich hoffe ich bin nicht dafür verantwortlich dass Schland verloren hat
wegen meiner mangelndem Unterstützung.

Ludger
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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de



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