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Re: [ox-de] Re: [ox-de] keimform.de: Wie es den Kapitalismus zum Commonismus trei



Hallo Franz & alle,

Am Montag, den 07.03.2011, 22:15 [PHONE NUMBER REMOVED] schrieb Franz Nahrada: 
Ich halte den Fabber Ãbrigens fÃr ein schlechtes universelles
Produktionsparadigma. Wir sollten ihn lediglich als Metapher fÃr
dezentrale Produktzion verstehen, aber nicht ernsthaft glauben dass alles
gefabbert werden wird. 

Ich sehe es auch so, dass Fabber mehr als Metapher herhalten kÃnnen â
aber bei mir in einem ganz anderen Sinn als bei Franz. Bitte um Geduld
mit mir, beteilige mich hier erstmals aktiv an der Diskussionâ


Das Bild von Gesellschaftsentwicklung, mit dem hier generell operiert
wird (wenn ich mich nicht irre), ist ja eines, in dem Keimformen nicht
nur denkbar, sondern vielmehr notwendig sind â d.h. Neues muss im bzw.
aus dem Alten entstehen (woher sollte es schlieÃlich sonst kommen?).
Also ich hoffe ich habe aufmerksam genug mitgelesen, um davon mal
ausgehen zu kÃnnen.

1. Ich mÃchte jetzt auf die "andere Seite" des Prozesses und die Frage
nach dem Alten im Neuen stellen. Ich habe in meinem Bild also nicht eine
Produktionsweise  einen Bruch  und dann eine andere Produktionsweise,
sondern jeweils eine gesellschaftlich dominante bei gleichzeitigem
Bestehen anderer (darunter auch ehemalig und/oder zukÃnftig
"dominanter").

Daher steht fÃr mich eigentlich fest, dass die Warenproduktion nicht
einfach mit einem Fingerschnippen verschwindet, sondern (wenn auch
verÃnderter Form) als Altes im Neuen fortbesteht. Die wesentliche
VerÃnderung im Zuge eines revolutionÃren Prozesses besteht m.E. darin,
dass die ehemalig dominante Produktionsweise ihre zentrale Rolle fÃr die
Gesellschaft einbÃÃt, dass sie also lediglich in *dieser zentralen
Rolle* abgelÃst wird.

2. Das Problem der Ãbertragbarkeit der Produktionsweise Freier Software
(oder wie immer man sie nennen mag) betrifft nun meiner Ansicht nach
lediglich (zumindest ab einem bestimmten Entwicklungsstand der
Communities) jenen der Materialisierung des kollektiv Geschaffenen. Und
dieses Problem hat vor allem damit zu tun, dass in diesen Bereich viele
TÃtigkeiten fallen, die nicht selbst als Mittel der
BedÃrfnisbefriedigung in Frage kommen â TÃtigkeiten, die man eben nur
dann bereit ist auszufÃhren, wenn man dafÃr etwas bekommt, womit man
sich Zugang zu anderen Mitteln der BedÃrfnisbefriedigung verschaffen
kann; also sozusagen externe Anreize gesetzt werden.

Die Begeisterung fÃr Fabber ist so groà (wenn ich es richtig verstehe),
weil diese perspektivisch die Drecksarbeiten Ãbernehmen kÃnnen/sollen â
und damit (zumindest gedanklich) die ganz Problematik "der Arbeit" (im
Sinne von MÃhsal) vom Tisch gefegt wird.

3. Wenn ich nun diese beiden kurz skizzierten StrÃnge verbinde; also
einerseits davon ausgehe, dass im Neuen ebenso notwendig Altes besteht
wie im Alten Neues, andererseits unser wesentliches Problem die
Materialisierung ist, dann komme ich jetzt endlich zu "meiner"
Fabber-Metapher:

FÃr mich ist der Fabber ein Bild fÃr die Funktion und Rolle der
Warenproduktion im Neuen; und diese besteht lediglich in der
Materialisierung kollektiv geschaffener Dinge. Nicht dass ich ihr auch
nur irgendetwas abgewinnen kÃnnte, aber diese Rolle behÃlt die
Warenproduktion m.E. eben so lange und muss sie â schlicht aufgrund des
oben benannten Charakters bestimmter TÃtigkeiten â behalten, bis quasi
"echte Fabber" sie Ãbernehmen kÃnnen.


Mich wundert einfach, dass ich zwar immer wieder vom Neuen im Alten
lesen â aber nie etwas vom Alten im Neuen. Nachdem ich weiÃ, das
zweitere Behauptung deutlich unpopulÃrer ist, ziehe ich jetzt einfach
mal die Arschkarte ;) Ich denke aber nunmal auch, dass die erste
Behauptung (die "ganze Keimform-Sache") ohne der zweiten kaum haltbar
ist.

Vielleicht noch als ErgÃnzung (was den "AblÃsungsprozess" betrifft): Ich
sehe das VerhÃltnis von Communities & warenproduziernden Firmen als
gegenseitiges AbhÃngigkeitsverhÃltnis, das frÃher oder spÃter zugunsten
ersterer kippt â d.h. um sich die Zusammenarbeit sowie AbsatzmÃrkte zu
sichern mÃssen Firmen mit Communities kooperieren. Erste derartige
Entwicklungen zeichnen sich m.E. schon jetzt im Software-Bereich ab. Wie
es dann weiter gehtâ soweit bin ich gedanklich noch nicht ;)

WÃrde mich sehr interessieren was ihr von alldem haltet, vor allem wie
Argumente gegen Altes im Neuen bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der
Keimform-Idee aussehen kÃnnten.

Liebe GrÃÃe,
Stefan.



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