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.. Aus CONTRASTE Nr. 236 (Mai 2004) KURT'S SURF CENTER: MULTI-MEDIA-MEDIZIN Gescannt, gespeichert und gelenkt Die tollen Tage von Toll-Collect waren laengst nicht alles. Was dem Verkehrsministerium sein Eurograb droht unter dem Kuerzel "biT4health" (www.bit4health.de) der Gesundheitsministerin zum groessten IT-Fiasko Europas zu werden. Die Akteure sind verschieden - der Schaden und der Eingriff in persoenliche Freiheit ist jedoch immens viel groesser: es geht um die unlaengst auf der CEBIT vorgestellte "E-Gesundheitskarte". 2006 soll sie dann mit der Anwendung "E-Rezept" flaechendeckend eingefuehrt werden. So zumindest der Rahmenplan des Konsortiums um IBM... Ein Schelm, wer Boese dabei denkt. Mit der Gesundheitskarte geht ein ganzer Sack von Fragen einher, die ungeloest sind und weder von der Politik und schon gar nicht von der Industrie geklaert werden sollten. Die Gesundheitskarte ist hier nur die Spitze des Eisbergs. Denn die technische Infrastruktur dahinter, die ist auch nicht ohne. Das waeren zunaechst einmal der elektronische Arztbrief ("E-Heilberufsausweis") und spaeter dann auch die elektronische Patientenakte. Und die wiederum benoetigen genau das Technikspielzeug, vor dem wir Angst haben muessen. Zwar wird der Gesundheitskarte zum Start-Up zunaechst eine rein administrative Funktion zugewiesen und eine Speicherung von Krankheitsdaten erfolgt lediglich auf freiwilliger Basis. Das Gesundheitsnetz dahinter jedoch ist darauf angelegt, eine Kettenreaktion an "Hose-runter!"-Effekten auszuloesen: die auf der CEBIT vorgestellte Rahmenarchitektur sieht ein dezentrales Servernetz vor, das von den Arztpraxen beziehungsweise Apotheken aus ueber getunnelte Internetverbindungen im Sinne eines Virtual Private Network zugaenglich ist. Ein flaechendeckendes Erfassungssystem wird fuer mindestens 1,4 Mrd. Euro (teilweise vorfinanziert von IBM) installiert, nach dem intimste persoenliche Daten munter auf Reisen gehen sollen. Auf diese Weise entsteht ein wortwoertlicher backbone der Gesellschaft, der bis aufs Mark in die Knochen seiner Mitglieder ausgestreckt ist. Die telemetrische Einordnung der BuergerInnen waere eine Realitaet, die sich auf ihren Koerper erstreckt. Und den wollen auch noch die andere Regierenden: das Wirtschaftsministerium mit der von der Hartz-Kommission empfohlenen ."E-Jobcard" (www.job-card.teamarbeit-fuer-deutschland.de) und die Scheriffs aus der Abteilung des Innern natuerlich sowieso. Deshalb ist die entstehende Technik so bahnbrechend. Der Krake im Netz ermoeglicht sie durch die Koppelung aller denkbarer Anwendungen ein gigantisches Ueberwachungs- und Manipulationspotential. Wer wollte wuenschen, dass Lieschen Mueller gefeuert wird, weil ihr Chef eher weiss, dass sie schwanger ist, als sie selber. Die Infokanaele hierfuer gaebe es jedenfalls. Das Infosystem koennte als eine regelrechte Fernsteuerung fuers Volk missbraucht werden, etwa zum tausendjaehrigen Rassenwahn... Das Desaster um "Toll-Collect" hingegen ist so gesehen eher (um ein Modewort des letzten Jahrzehnts zu benutzen) "peanuts" und wesentlich einfacher gestrickt, denn hier geht es "nur" um gescannt, gespeichert und gelinkt. Die beschriebenen Weichenstellungen zur Totalerfassung sollten jedoch eigentlich besser scheitern. Zumindest brauchen sie wesentlich mehr Aufmerksamkeit und Kritik. ********************************************************* CONTRASTE ist die einzige ueberregionale Monatszeitung fuer Selbstorganisation. CONTRASTE dient den Bewegungen als monatliches Sprachrohr und Diskussionsforum. Entgegen dem herrschenden Zeitgeist, der sich in allen Lebensbereichen breitmacht, wird hier regelmaessig aus dem Land der gelebten Utopien berichtet: ueber Arbeiten ohne ChefIn fuer ein selbstbestimmtes Leben, alternatives Wirtschaften gegen Ausbeutung von Menschen und Natur, Neugruendungen von Projekten, Kultur von "unten" und viele andere selbstorganisierte und selbstverwaltete Zusammenhaenge. Desweiteren gibt es einen Projekte- und Stellenmarkt, nuetzliche Infos ueber Seminare, Veranstaltungen und Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt. CONTRASTE ist so buntgemischt wie die Bewegungen selbst und ein Spiegel dieser Vielfalt. Die Auswahl der monatlichen Berichte, Diskussionen und Dokumentationen erfolgt undogmatisch und unabhaengig. Die RedakteurInnen sind selbst in den unterschiedlichsten Bewegungen aktiv und arbeiten ehrenamtlich und aus Engagement. Die Printausgabe der CONTRASTE erscheint 11mal im Jahr und kostet im Abonnement 45 EUR. 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